schung, wenn man sie zu hoch anschlägt. Die wenigsten bekommen, was sie hoffen und anstreben, und die, welche es be- kommen, werden nicht satt, weil ihr Herz für Höheres geschaffen ist, und würden sie glücklich, so dauerte das nur einen Augenblick; denn wenn die- ses scheinbare Glück nicht vorher wie- der dahinschwindet, so wird ihm nach kurzer Zeit der Tod unfehlbar ein Ende machen. So steht es mit den ir- dischen Hoffnungen der Glücklichen. Die anderen, d. h. die große Mehrzahl der Menschen, haben nichts von ihren ir- dischen Erwartungen und Wünschen, als daß sie ihre bedrängte Lage nur um so mehr fühlen. Die irdischen Güter und Freuden gleichen so einem Gastmahle, bei welchem die einen zu- schauen und hungern, die andern essen und nicht satt werden. Es ist darum eine eitle Selbstplage, wenn man sich allzusehr in irdische Hoffnungen und Bestrebungen verliert. Oder was hat
schung, wenn man sie zu hoch anschlägt. Die wenigsten bekommen, was sie hoffen und anstreben, und die, welche es be- kommen, werden nicht satt, weil ihr Herz für Höheres geschaffen ist, und würden sie glücklich, so dauerte das nur einen Augenblick; denn wenn die- ses scheinbare Glück nicht vorher wie- der dahinschwindet, so wird ihm nach kurzer Zeit der Tod unfehlbar ein Ende machen. So steht es mit den ir- dischen Hoffnungen der Glücklichen. Die anderen, d. h. die große Mehrzahl der Menschen, haben nichts von ihren ir- dischen Erwartungen und Wünschen, als daß sie ihre bedrängte Lage nur um so mehr fühlen. Die irdischen Güter und Freuden gleichen so einem Gastmahle, bei welchem die einen zu- schauen und hungern, die andern essen und nicht satt werden. Es ist darum eine eitle Selbstplage, wenn man sich allzusehr in irdische Hoffnungen und Bestrebungen verliert. Oder was hat
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schung, wenn man sie zu hoch anschlägt.
Die wenigsten bekommen, was sie hoffen
und anstreben, und die, welche es be-
kommen, werden nicht satt, weil ihr
Herz für Höheres geschaffen ist, und
würden sie glücklich, so dauerte das
nur einen Augenblick; denn wenn die-
ses scheinbare Glück nicht vorher wie-
der dahinschwindet, so wird ihm nach
kurzer Zeit der Tod unfehlbar ein
Ende machen. So steht es mit den ir-
dischen Hoffnungen der Glücklichen. Die
anderen, d. h. die große Mehrzahl der
Menschen, haben nichts von ihren ir-
dischen Erwartungen und Wünschen,
als daß sie ihre bedrängte Lage nur
um so mehr fühlen. Die irdischen
Güter und Freuden gleichen so einem
Gastmahle, bei welchem die einen zu-
schauen und hungern, die andern essen
und nicht satt werden. Es ist darum
eine eitle Selbstplage, wenn man sich
allzusehr in irdische Hoffnungen und
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Egger, Augustin: Die christliche Mutter. Erbauungs- und Gebetbuch. - Einsiedeln u. a., [1914], S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_mutter_1914/147>, abgerufen am 24.11.2024.
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