die natürlichen Vorzüge durch allerlei Mittel zu erhöhen, nötigenfalls zu er- setzen. Hauptsächlich geschieht das durch den Kleiderluxus, welcher mit der Ge- nußsucht bei dem männlichen Geschlechte einige Aehnlichkeit hat. Dort beugt man sich unter das Joch der Trink- sitten, hier unter die nicht weniger tyrannische Herrschaft der Mode. Die weibliche Eitelkeit gleicht einem un- heimlichen Dämon, dem die Seelen, die er in Besitz nimmt, alles opfern, Geld und Gut, die Annehmlichkeiten des Lebens und die Gesundheit, selbst Anstand und gute Sitte. Wenn die Mode gewisse Unschicklichkeiten in der Kleidung verlangt, so lassen sich na- mentlich in höheren Kreisen oft auch sonst anständige Frauen bei Bällen u. s. w. zu diesem Opfer herbei. Wie oft hört man von Martyrinnen der Eitelkeit, die selbst vor dem Opfer der Gesundheit nicht zurückschrecken! Nächst der Genußsucht ist die Mode die erste
die natürlichen Vorzüge durch allerlei Mittel zu erhöhen, nötigenfalls zu er- setzen. Hauptsächlich geschieht das durch den Kleiderluxus, welcher mit der Ge- nußsucht bei dem männlichen Geschlechte einige Aehnlichkeit hat. Dort beugt man sich unter das Joch der Trink- sitten, hier unter die nicht weniger tyrannische Herrschaft der Mode. Die weibliche Eitelkeit gleicht einem un- heimlichen Dämon, dem die Seelen, die er in Besitz nimmt, alles opfern, Geld und Gut, die Annehmlichkeiten des Lebens und die Gesundheit, selbst Anstand und gute Sitte. Wenn die Mode gewisse Unschicklichkeiten in der Kleidung verlangt, so lassen sich na- mentlich in höheren Kreisen oft auch sonst anständige Frauen bei Bällen u. s. w. zu diesem Opfer herbei. Wie oft hört man von Martyrinnen der Eitelkeit, die selbst vor dem Opfer der Gesundheit nicht zurückschrecken! Nächst der Genußsucht ist die Mode die erste
<TEI><text><body><div><div><p><pbfacs="#f0054"xml:id="E29_001_1914_pb0046_0001"n="46"/>
die natürlichen Vorzüge durch allerlei<lb/>
Mittel zu erhöhen, nötigenfalls zu er-<lb/>
setzen. Hauptsächlich geschieht das durch<lb/>
den Kleiderluxus, welcher mit der Ge-<lb/>
nußsucht bei dem männlichen Geschlechte<lb/>
einige Aehnlichkeit hat. Dort beugt<lb/>
man sich unter das Joch der Trink-<lb/>
sitten, hier unter die nicht weniger<lb/>
tyrannische Herrschaft der Mode. Die<lb/>
weibliche Eitelkeit gleicht einem un-<lb/>
heimlichen Dämon, dem die Seelen,<lb/>
die er in Besitz nimmt, alles opfern,<lb/>
Geld und Gut, die Annehmlichkeiten<lb/>
des Lebens und die Gesundheit, selbst<lb/>
Anstand und gute Sitte. Wenn die<lb/>
Mode gewisse Unschicklichkeiten in der<lb/>
Kleidung verlangt, so lassen sich na-<lb/>
mentlich in höheren Kreisen oft auch<lb/>
sonst anständige Frauen bei Bällen<lb/>
u. s. w. zu diesem Opfer herbei. Wie<lb/>
oft hört man von Martyrinnen der<lb/>
Eitelkeit, die selbst vor dem Opfer der<lb/>
Gesundheit nicht zurückschrecken! Nächst<lb/>
der Genußsucht ist die Mode die erste<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[46/0054]
die natürlichen Vorzüge durch allerlei
Mittel zu erhöhen, nötigenfalls zu er-
setzen. Hauptsächlich geschieht das durch
den Kleiderluxus, welcher mit der Ge-
nußsucht bei dem männlichen Geschlechte
einige Aehnlichkeit hat. Dort beugt
man sich unter das Joch der Trink-
sitten, hier unter die nicht weniger
tyrannische Herrschaft der Mode. Die
weibliche Eitelkeit gleicht einem un-
heimlichen Dämon, dem die Seelen,
die er in Besitz nimmt, alles opfern,
Geld und Gut, die Annehmlichkeiten
des Lebens und die Gesundheit, selbst
Anstand und gute Sitte. Wenn die
Mode gewisse Unschicklichkeiten in der
Kleidung verlangt, so lassen sich na-
mentlich in höheren Kreisen oft auch
sonst anständige Frauen bei Bällen
u. s. w. zu diesem Opfer herbei. Wie
oft hört man von Martyrinnen der
Eitelkeit, die selbst vor dem Opfer der
Gesundheit nicht zurückschrecken! Nächst
der Genußsucht ist die Mode die erste
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Egger, Augustin: Die christliche Mutter. Erbauungs- und Gebetbuch. - Einsiedeln u. a., [1914], S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_mutter_1914/54>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.