Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Egger, Augustin: Die christliche Mutter. Erbauungs- und Gebetbuch. - Einsiedeln u. a., [1914].

Bild:
<< vorherige Seite

vinnen der Welt von ihr innerlich verach-
tet werden. Die Achtung ist dem Schat-
ten vergleichbar, der vor dem flieht,
der nach ihm hascht, aber dem folgt,
der nicht auf ihn achtet.

Thöricht ist die Eitelkeit, weil sie
nicht bekommt, was sie sucht, doppelt
thöricht, weil sie wirkliche Güter für
eine Einbildung opfert, nämlich das
Glück ihres Herzens und ihrer Familie
für einen trügerischen Schein von Glanz
in der Welt. Ein französischer Schrift-
steller schildert folgende Szene: "Sehet
da ein junges schönes Weib, auf sei-
nen Fauteuil hingesunken, den Kopf
in der Hand, wie eine Statue mit
dem Ausdruck des höchsten Schmerzes.
Warum weint sie? Hat der Tod ihr
Kind weggerafft, oder ist von der
Börse eine Unglücksbotschaft gekommen?
Nichts von alledem. Ihr Gatte hat
ihr einen Schmuck verweigert, und ver-
kürzt um ihren Triumph beim näch-
sten Balle, denkt sie eben an eine an-

vinnen der Welt von ihr innerlich verach-
tet werden. Die Achtung ist dem Schat-
ten vergleichbar, der vor dem flieht,
der nach ihm hascht, aber dem folgt,
der nicht auf ihn achtet.

Thöricht ist die Eitelkeit, weil sie
nicht bekommt, was sie sucht, doppelt
thöricht, weil sie wirkliche Güter für
eine Einbildung opfert, nämlich das
Glück ihres Herzens und ihrer Familie
für einen trügerischen Schein von Glanz
in der Welt. Ein französischer Schrift-
steller schildert folgende Szene: „Sehet
da ein junges schönes Weib, auf sei-
nen Fauteuil hingesunken, den Kopf
in der Hand, wie eine Statue mit
dem Ausdruck des höchsten Schmerzes.
Warum weint sie? Hat der Tod ihr
Kind weggerafft, oder ist von der
Börse eine Unglücksbotschaft gekommen?
Nichts von alledem. Ihr Gatte hat
ihr einen Schmuck verweigert, und ver-
kürzt um ihren Triumph beim näch-
sten Balle, denkt sie eben an eine an-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <p><pb facs="#f0064" xml:id="E29_001_1914_pb0056_0001" n="56"/>
vinnen der Welt von ihr innerlich verach-<lb/>
tet werden. Die Achtung ist dem Schat-<lb/>
ten vergleichbar, der vor dem flieht,<lb/>
der nach ihm hascht, aber dem folgt,<lb/>
der nicht auf ihn achtet.</p>
          <p>Thöricht ist die Eitelkeit, weil sie<lb/>
nicht bekommt, was sie sucht, doppelt<lb/>
thöricht, weil sie wirkliche Güter für<lb/>
eine Einbildung opfert, nämlich das<lb/>
Glück ihres Herzens und ihrer Familie<lb/>
für einen trügerischen Schein von Glanz<lb/>
in der Welt. Ein französischer Schrift-<lb/>
steller schildert folgende Szene: <q>&#x201E;Sehet<lb/>
da ein junges schönes Weib, auf sei-<lb/>
nen Fauteuil hingesunken, den Kopf<lb/>
in der Hand, wie eine Statue mit<lb/>
dem Ausdruck des höchsten Schmerzes.<lb/>
Warum weint sie? Hat der Tod ihr<lb/>
Kind weggerafft, oder ist von der<lb/>
Börse eine Unglücksbotschaft gekommen?<lb/>
Nichts von alledem. Ihr Gatte hat<lb/>
ihr einen Schmuck verweigert, und ver-<lb/>
kürzt um ihren Triumph beim näch-<lb/>
sten Balle, denkt sie eben an eine an-<lb/></q></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0064] vinnen der Welt von ihr innerlich verach- tet werden. Die Achtung ist dem Schat- ten vergleichbar, der vor dem flieht, der nach ihm hascht, aber dem folgt, der nicht auf ihn achtet. Thöricht ist die Eitelkeit, weil sie nicht bekommt, was sie sucht, doppelt thöricht, weil sie wirkliche Güter für eine Einbildung opfert, nämlich das Glück ihres Herzens und ihrer Familie für einen trügerischen Schein von Glanz in der Welt. Ein französischer Schrift- steller schildert folgende Szene: „Sehet da ein junges schönes Weib, auf sei- nen Fauteuil hingesunken, den Kopf in der Hand, wie eine Statue mit dem Ausdruck des höchsten Schmerzes. Warum weint sie? Hat der Tod ihr Kind weggerafft, oder ist von der Börse eine Unglücksbotschaft gekommen? Nichts von alledem. Ihr Gatte hat ihr einen Schmuck verweigert, und ver- kürzt um ihren Triumph beim näch- sten Balle, denkt sie eben an eine an-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/egger_mutter_1914
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/egger_mutter_1914/64
Zitationshilfe: Egger, Augustin: Die christliche Mutter. Erbauungs- und Gebetbuch. - Einsiedeln u. a., [1914], S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_mutter_1914/64>, abgerufen am 23.11.2024.