O ihr heiligen Mütter, die ihr aus großer Trübsal zu viel größerer Glückseligkeit gelangt seid, sehet an mein Elend, in dem ihr selber nicht unerfahren seid. Eine doppelte Be- sorgnis lastet zentnerschwer auf meinem Herzen und läßt mich nirgends Ruhe finden. Wird mein Kind noch ge- rettet werden oder verloren gehen? Bin ich etwa selber schuld an seiner Ausartung? Habe ich gefehlt, so will ich es bereuen und büßen und zur Genugthuung dieses Leiden tragen. Aber an das Verderben meines Kindes kann und will ich nicht glauben, ich will alles thun, was mir möglich ist, bis es gerettet ist. Was ich leide, habet ihr auch gelitten, und darum rechne ich auf euer Mitleiden; in diesen Lei- den habt ihr große Verdienste erwor- ben, darum habe ich ein großes Ver- trauen auf euere Fürbitte und er- wähle euch zu meinen Fürsprecherin- nen bei dem göttlichen Erlöser. Euch
O ihr heiligen Mütter, die ihr aus großer Trübsal zu viel größerer Glückseligkeit gelangt seid, sehet an mein Elend, in dem ihr selber nicht unerfahren seid. Eine doppelte Be- sorgnis lastet zentnerschwer auf meinem Herzen und läßt mich nirgends Ruhe finden. Wird mein Kind noch ge- rettet werden oder verloren gehen? Bin ich etwa selber schuld an seiner Ausartung? Habe ich gefehlt, so will ich es bereuen und büßen und zur Genugthuung dieses Leiden tragen. Aber an das Verderben meines Kindes kann und will ich nicht glauben, ich will alles thun, was mir möglich ist, bis es gerettet ist. Was ich leide, habet ihr auch gelitten, und darum rechne ich auf euer Mitleiden; in diesen Lei- den habt ihr große Verdienste erwor- ben, darum habe ich ein großes Ver- trauen auf euere Fürbitte und er- wähle euch zu meinen Fürsprecherin- nen bei dem göttlichen Erlöser. Euch
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O ihr heiligen Mütter, die ihr
aus großer Trübsal zu viel größerer
Glückseligkeit gelangt seid, sehet an
mein Elend, in dem ihr selber nicht
unerfahren seid. Eine doppelte Be-
sorgnis lastet zentnerschwer auf meinem
Herzen und läßt mich nirgends Ruhe
finden. Wird mein Kind noch ge-
rettet werden oder verloren gehen?
Bin ich etwa selber schuld an seiner
Ausartung? Habe ich gefehlt, so will
ich es bereuen und büßen und zur
Genugthuung dieses Leiden tragen. Aber
an das Verderben meines Kindes kann
und will ich nicht glauben, ich will
alles thun, was mir möglich ist, bis
es gerettet ist. Was ich leide, habet
ihr auch gelitten, und darum rechne
ich auf euer Mitleiden; in diesen Lei-
den habt ihr große Verdienste erwor-
ben, darum habe ich ein großes Ver-
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wähle euch zu meinen Fürsprecherin-
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Egger, Augustin: Die christliche Mutter. Erbauungs- und Gebetbuch. - Einsiedeln u. a., [1914], S. 657. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_mutter_1914/665>, abgerufen am 22.11.2024.
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