seinen jugendlichen Ungestüm. Aber wenn er sich für ein falsches, von den Leidenschaften eingegebenes Ideal ereifert, und sei dieses noch so trügerisch und verderblich, so ist er blind für alle Gegenvorstellungen, unzu- gänglich für alle Mahnungen, er läßt sich von dem gleichen Ungestüm auf die Bahn des Verderbens fortreißen. Es ist darum von der größten Wichtigkeit, daß die ganze Erziehung den Knaben und Jüngling auf die richtigen Ideale hinwende, und die ver- kehrten von ihm fernhalte.
Ein belehrendes Beispiel bietet in dieser Hinsicht der heilige Augustin. Sein Vater Patricius, damals noch ein Heide, war ent- zückt über die genialen Anlagen seines Soh- nes, er wollte alles daran setzen, ihn zum großen Redner, zum berühmten Manne her- anzubilden. Das Herz des Sohnes war bald von Ehrgeiz entflammt, und dieser hat ihm seine trügerischen Ideale vorgespiegelt. Sein ganzes Streben ging dahin, sich vor allen auszuzeichnen, überall der erste zu sein. Aber bald suchte er diese Auszeichnung nicht bloß im Guten, sondern auch im Bösen. Das falsche Ideal des Ehrgeizes hat wie ein Irrlicht ihn in den Sumpf der Unsittlichkeit
seinen jugendlichen Ungestüm. Aber wenn er sich für ein falsches, von den Leidenschaften eingegebenes Ideal ereifert, und sei dieses noch so trügerisch und verderblich, so ist er blind für alle Gegenvorstellungen, unzu- gänglich für alle Mahnungen, er läßt sich von dem gleichen Ungestüm auf die Bahn des Verderbens fortreißen. Es ist darum von der größten Wichtigkeit, daß die ganze Erziehung den Knaben und Jüngling auf die richtigen Ideale hinwende, und die ver- kehrten von ihm fernhalte.
Ein belehrendes Beispiel bietet in dieser Hinsicht der heilige Augustin. Sein Vater Patricius, damals noch ein Heide, war ent- zückt über die genialen Anlagen seines Soh- nes, er wollte alles daran setzen, ihn zum großen Redner, zum berühmten Manne her- anzubilden. Das Herz des Sohnes war bald von Ehrgeiz entflammt, und dieser hat ihm seine trügerischen Ideale vorgespiegelt. Sein ganzes Streben ging dahin, sich vor allen auszuzeichnen, überall der erste zu sein. Aber bald suchte er diese Auszeichnung nicht bloß im Guten, sondern auch im Bösen. Das falsche Ideal des Ehrgeizes hat wie ein Irrlicht ihn in den Sumpf der Unsittlichkeit
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seinen jugendlichen Ungestüm. Aber wenn
er sich für ein falsches, von den Leidenschaften
eingegebenes Ideal ereifert, und sei dieses
noch so trügerisch und verderblich, so ist er
blind für alle Gegenvorstellungen, unzu-
gänglich für alle Mahnungen, er läßt sich
von dem gleichen Ungestüm auf die Bahn
des Verderbens fortreißen. Es ist darum
von der größten Wichtigkeit, daß die ganze
Erziehung den Knaben und Jüngling auf
die richtigen Ideale hinwende, und die ver-
kehrten von ihm fernhalte.
Ein belehrendes Beispiel bietet in dieser
Hinsicht der heilige Augustin. Sein Vater
Patricius, damals noch ein Heide, war ent-
zückt über die genialen Anlagen seines Soh-
nes, er wollte alles daran setzen, ihn zum
großen Redner, zum berühmten Manne her-
anzubilden. Das Herz des Sohnes war bald
von Ehrgeiz entflammt, und dieser hat ihm
seine trügerischen Ideale vorgespiegelt. Sein
ganzes Streben ging dahin, sich vor allen
auszuzeichnen, überall der erste zu sein. Aber
bald suchte er diese Auszeichnung nicht bloß
im Guten, sondern auch im Bösen. Das
falsche Ideal des Ehrgeizes hat wie ein
Irrlicht ihn in den Sumpf der Unsittlichkeit
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/212>, abgerufen am 21.11.2024.
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