Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895].

Bild:
<< vorherige Seite

acht läßt, so bleiben nur mehr irdische
Beweggründe für das Handeln, zeitliche
Vor- und Nachteile. Und diese können dem
Menschen nie sittliche Festigkeit verleihen.
Denn wenn es zeitliche Opfer kostet, gut zu
sein, oder wenn die Sünde Genuß und
Gewinn verspricht, wenn sie als einzige
Retterin aus schwerer Verlegenheit er-
scheint, wie wird dann derjenige der Ver-
suchung widerstehen, dem der Glaube und
die Furcht Gottes fehlen? Die tägliche Er-
fahrung macht jede Antwort auf diese Frage
überflüssig, sie zeigt genügend den Zusammen-
hang zwischen Unglauben und Gewissenlosig-
keit. Ganz anders gestaltet sich die sittliche
Probe für denjenigen, der die Ueberzeugung
hat: Ich habe über mir einen ewigen Ge-
setzgeber, der mit allwissendem Auge mich
beobachtet, und einst als unbestechlicher Rich-
ter alle meine Gedanken, Worte und Hand-
lungen richten wird. Auf mich wartet ein
ewiges Leben in der Freude oder in der
Qual. Die Entscheidung liegt in meiner Hand,
und ich wäre ein großer Thor, wenn ich
für die Befriedigung eines Augenblickes die
ewige Glückseligkeit verscherzen und der Hölle
schuldig werden wollte.

acht läßt, so bleiben nur mehr irdische
Beweggründe für das Handeln, zeitliche
Vor- und Nachteile. Und diese können dem
Menschen nie sittliche Festigkeit verleihen.
Denn wenn es zeitliche Opfer kostet, gut zu
sein, oder wenn die Sünde Genuß und
Gewinn verspricht, wenn sie als einzige
Retterin aus schwerer Verlegenheit er-
scheint, wie wird dann derjenige der Ver-
suchung widerstehen, dem der Glaube und
die Furcht Gottes fehlen? Die tägliche Er-
fahrung macht jede Antwort auf diese Frage
überflüssig, sie zeigt genügend den Zusammen-
hang zwischen Unglauben und Gewissenlosig-
keit. Ganz anders gestaltet sich die sittliche
Probe für denjenigen, der die Ueberzeugung
hat: Ich habe über mir einen ewigen Ge-
setzgeber, der mit allwissendem Auge mich
beobachtet, und einst als unbestechlicher Rich-
ter alle meine Gedanken, Worte und Hand-
lungen richten wird. Auf mich wartet ein
ewiges Leben in der Freude oder in der
Qual. Die Entscheidung liegt in meiner Hand,
und ich wäre ein großer Thor, wenn ich
für die Befriedigung eines Augenblickes die
ewige Glückseligkeit verscherzen und der Hölle
schuldig werden wollte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0038" xml:id="E29V3_001_1895_pb0024_0001" n="24"/>
acht läßt, so bleiben nur mehr irdische<lb/>
Beweggründe für das Handeln, zeitliche<lb/>
Vor- und Nachteile. Und diese können dem<lb/>
Menschen nie sittliche Festigkeit verleihen.<lb/>
Denn wenn es zeitliche Opfer kostet, gut zu<lb/>
sein, oder wenn die Sünde Genuß und<lb/>
Gewinn verspricht, wenn sie als einzige<lb/>
Retterin aus schwerer Verlegenheit er-<lb/>
scheint, wie wird dann derjenige der Ver-<lb/>
suchung widerstehen, dem der Glaube und<lb/>
die Furcht Gottes fehlen? Die tägliche Er-<lb/>
fahrung macht jede Antwort auf diese Frage<lb/>
überflüssig, sie zeigt genügend den Zusammen-<lb/>
hang zwischen Unglauben und Gewissenlosig-<lb/>
keit. Ganz anders gestaltet sich die sittliche<lb/>
Probe für denjenigen, der die Ueberzeugung<lb/>
hat: Ich habe über mir einen ewigen Ge-<lb/>
setzgeber, der mit allwissendem Auge mich<lb/>
beobachtet, und einst als unbestechlicher Rich-<lb/>
ter alle meine Gedanken, Worte und Hand-<lb/>
lungen richten wird. Auf mich wartet ein<lb/>
ewiges Leben in der Freude oder in der<lb/>
Qual. Die Entscheidung liegt in meiner Hand,<lb/>
und ich wäre ein großer Thor, wenn ich<lb/>
für die Befriedigung eines Augenblickes die<lb/>
ewige Glückseligkeit verscherzen und der Hölle<lb/>
schuldig werden wollte.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0038] acht läßt, so bleiben nur mehr irdische Beweggründe für das Handeln, zeitliche Vor- und Nachteile. Und diese können dem Menschen nie sittliche Festigkeit verleihen. Denn wenn es zeitliche Opfer kostet, gut zu sein, oder wenn die Sünde Genuß und Gewinn verspricht, wenn sie als einzige Retterin aus schwerer Verlegenheit er- scheint, wie wird dann derjenige der Ver- suchung widerstehen, dem der Glaube und die Furcht Gottes fehlen? Die tägliche Er- fahrung macht jede Antwort auf diese Frage überflüssig, sie zeigt genügend den Zusammen- hang zwischen Unglauben und Gewissenlosig- keit. Ganz anders gestaltet sich die sittliche Probe für denjenigen, der die Ueberzeugung hat: Ich habe über mir einen ewigen Ge- setzgeber, der mit allwissendem Auge mich beobachtet, und einst als unbestechlicher Rich- ter alle meine Gedanken, Worte und Hand- lungen richten wird. Auf mich wartet ein ewiges Leben in der Freude oder in der Qual. Die Entscheidung liegt in meiner Hand, und ich wäre ein großer Thor, wenn ich für die Befriedigung eines Augenblickes die ewige Glückseligkeit verscherzen und der Hölle schuldig werden wollte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/38
Zitationshilfe: Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/38>, abgerufen am 23.11.2024.