Sterben heißt alles verlassen, was man auf Erden geliebt hat, Eltern, Geschwister, Kin- der, Freunde, Hab und Gut, Aemter und Ehren. - Alles das muß ich beim Tode zurücklassen. Ich kann nicht das Geringste mit mir nehmen. - Will ich mein Herz an solche vergängliche Dinge hängen? - Darf ich um ihretwillen die Ewig- keit vergessen oder gar das Heil der Seele we- gen ihnen aufs Spiel setzen? - Das darf nie und nimmer geschehen. - Aber ist es nicht doch geschehen? - Ich sterbe heißt meine Seele wird vom Leibe getrennt. Dieser letztere ohne Gefühl, ohne Bewegung, fällt rasch der Verwesung anheim, wird eine Speise der Wür- mer. Ist es nicht Thorheit, diese Speise des To- des allzusehr zu lieben und zu pflegen, den niedrigen Begierden nachzugeben und ihnen selbst das Heil der Seele zu opfern? - Was habe ich bisher gethan? - Was will ich in Zukunft thun?
Sterben heißt die Entscheidung für die ganze Ewigkeit bestehen. Man stirbt nur einmal und die Entscheidung ist unwiderruflich. Wie der Tod, so das Los in der Ewigkeit. Ich habe nun die Wahl entweder alles zu gewinnen,
Was heißt sterben?
Sterben heißt alles verlassen, was man auf Erden geliebt hat, Eltern, Geschwister, Kin- der, Freunde, Hab und Gut, Aemter und Ehren. – Alles das muß ich beim Tode zurücklassen. Ich kann nicht das Geringste mit mir nehmen. – Will ich mein Herz an solche vergängliche Dinge hängen? – Darf ich um ihretwillen die Ewig- keit vergessen oder gar das Heil der Seele we- gen ihnen aufs Spiel setzen? – Das darf nie und nimmer geschehen. – Aber ist es nicht doch geschehen? – Ich sterbe heißt meine Seele wird vom Leibe getrennt. Dieser letztere ohne Gefühl, ohne Bewegung, fällt rasch der Verwesung anheim, wird eine Speise der Wür- mer. Ist es nicht Thorheit, diese Speise des To- des allzusehr zu lieben und zu pflegen, den niedrigen Begierden nachzugeben und ihnen selbst das Heil der Seele zu opfern? – Was habe ich bisher gethan? – Was will ich in Zukunft thun?
Sterben heißt die Entscheidung für die ganze Ewigkeit bestehen. Man stirbt nur einmal und die Entscheidung ist unwiderruflich. Wie der Tod, so das Los in der Ewigkeit. Ich habe nun die Wahl entweder alles zu gewinnen,
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Was heißt sterben?
Sterben heißt alles verlassen, was man
auf Erden geliebt hat, Eltern, Geschwister, Kin-
der, Freunde, Hab und Gut, Aemter und Ehren.
– Alles das muß ich beim Tode zurücklassen. Ich
kann nicht das Geringste mit mir nehmen. –
Will ich mein Herz an solche vergängliche Dinge
hängen? – Darf ich um ihretwillen die Ewig-
keit vergessen oder gar das Heil der Seele we-
gen ihnen aufs Spiel setzen? – Das darf nie
und nimmer geschehen. – Aber ist es nicht doch
geschehen? – Ich sterbe heißt meine Seele
wird vom Leibe getrennt. Dieser letztere
ohne Gefühl, ohne Bewegung, fällt rasch der
Verwesung anheim, wird eine Speise der Wür-
mer. Ist es nicht Thorheit, diese Speise des To-
des allzusehr zu lieben und zu pflegen, den
niedrigen Begierden nachzugeben und ihnen
selbst das Heil der Seele zu opfern? – Was
habe ich bisher gethan? – Was will ich in
Zukunft thun?
Sterben heißt die Entscheidung für die
ganze Ewigkeit bestehen. Man stirbt nur
einmal und die Entscheidung ist unwiderruflich.
Wie der Tod, so das Los in der Ewigkeit. Ich
habe nun die Wahl entweder alles zu gewinnen,
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/511>, abgerufen am 23.11.2024.
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