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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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still, in der Wohnung des Pächters alle Lichter
verlöscht und die ganze laute, fröhliche Erscheinung
versunken. Ein leichter Wind gieng rauschend durch
die Wipfel des einsamen Gartens, hin und wieder
nur bellten Hunde aus entferntern Dörfern über das
stille Feld. Leontin sezte sich auf den Gartenzaun
hinauf und sang:

Der Tanz, der ist zerstoben,
Die Musik ist verhallt,
Nun kreisen Sterne droben,
Zum Reigen singt der Wald.
Sind alle fortgezogen,
Wie ist's nun leer und todt!
Du rufst vom Fensterbogen:
"Wann kommt der Morgenroth!"
Mein Herz möcht' mir zerspringen,
Darum so wein' ich nicht,
Darum so muß ich singen
Bis daß der Tag anbricht.
Eh' es beginnt zu tagen:
Der Strom geht still und breit,
Die Nachtigallen schlagen,
Mein Herz wird mir so weit!
Du trägst so rothe Rosen,
Du schaust so Freudenreich,
Du kannst so fröhlich kosen,
Was stehst Du still und bleich?
Und laß sie geh'n und treiben
Und wieder nüchtern seyn,
Ich will wohl bey Dir bleiben!
Ich will Dein Liebster seyn!

ſtill, in der Wohnung des Pächters alle Lichter
verlöſcht und die ganze laute, fröhliche Erſcheinung
verſunken. Ein leichter Wind gieng rauſchend durch
die Wipfel des einſamen Gartens, hin und wieder
nur bellten Hunde aus entferntern Dörfern über das
ſtille Feld. Leontin ſezte ſich auf den Gartenzaun
hinauf und ſang:

Der Tanz, der iſt zerſtoben,
Die Muſik iſt verhallt,
Nun kreiſen Sterne droben,
Zum Reigen ſingt der Wald.
Sind alle fortgezogen,
Wie iſt's nun leer und todt!
Du rufſt vom Fenſterbogen:
„Wann kommt der Morgenroth!“
Mein Herz möcht' mir zerſpringen,
Darum ſo wein' ich nicht,
Darum ſo muß ich ſingen
Bis daß der Tag anbricht.
Eh' es beginnt zu tagen:
Der Strom geht ſtill und breit,
Die Nachtigallen ſchlagen,
Mein Herz wird mir ſo weit!
Du trägſt ſo rothe Roſen,
Du ſchauſt ſo Freudenreich,
Du kannſt ſo fröhlich koſen,
Was ſtehſt Du ſtill und bleich?
Und laß ſie geh'n und treiben
Und wieder nüchtern ſeyn,
Ich will wohl bey Dir bleiben!
Ich will Dein Liebſter ſeyn!
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[101/0107] ſtill, in der Wohnung des Pächters alle Lichter verlöſcht und die ganze laute, fröhliche Erſcheinung verſunken. Ein leichter Wind gieng rauſchend durch die Wipfel des einſamen Gartens, hin und wieder nur bellten Hunde aus entferntern Dörfern über das ſtille Feld. Leontin ſezte ſich auf den Gartenzaun hinauf und ſang: Der Tanz, der iſt zerſtoben, Die Muſik iſt verhallt, Nun kreiſen Sterne droben, Zum Reigen ſingt der Wald. Sind alle fortgezogen, Wie iſt's nun leer und todt! Du rufſt vom Fenſterbogen: „Wann kommt der Morgenroth!“ Mein Herz möcht' mir zerſpringen, Darum ſo wein' ich nicht, Darum ſo muß ich ſingen Bis daß der Tag anbricht. Eh' es beginnt zu tagen: Der Strom geht ſtill und breit, Die Nachtigallen ſchlagen, Mein Herz wird mir ſo weit! Du trägſt ſo rothe Roſen, Du ſchauſt ſo Freudenreich, Du kannſt ſo fröhlich koſen, Was ſtehſt Du ſtill und bleich? Und laß ſie geh'n und treiben Und wieder nüchtern ſeyn, Ich will wohl bey Dir bleiben! Ich will Dein Liebſter ſeyn!

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/107>, abgerufen am 27.11.2024.