Er schlug dabey mit beyden Füßen unaufhörlich in die Rippen des Kleppers und sein weißer Mantel rauschte in seiner ganzen Länge in den Lüften hin¬ ter ihm drein. Die Bauern riefen ihm sämmtlich ein freudiges Hurrah nach. Herr v. A., der die Verwunderung der beyden Gäste bemerkte, sagte lachend: das ist ein armer Edelmann, der vom Stegreif lebt, ein irrender Ritter, der von Schloß zu Schloß zieht und uns besonders oft heimsucht, ein Hofnarr für alle, die ihn ertragen können, halb närrisch und halb gescheid.
Als sie durch's Dorf giengen, wurden sie von allen Seiten nicht nur mit dem Hute, sondern auch mit freundlichen Worten und Mienen begrüßt, wel¬ ches immer ein gutmüthiges und natürliches Ver¬ hältniß zwischen der Herrschaft und ihren Bauern verräth. Sie kamen endlich an das Schloß und übersahen auf einmal einen weiten, freundlichen und fröhlich wimmelnden Hof. Alles war geschäftig, nett und ordentlich und beurkundete eine thätige Hauswirthin. Friedrich äußerte diese Bemerkung, wodurch sich die Tante ungemein geschmeichelt zu finden schien. Sie konnte ihre Freude darüber so wenig verbergen, daß sie sogleich anfieng, sich mit einer Art von Wohlbehagen über ihre häuslichen Einrichtung und die Vergnügungen der Landwirth¬ schaft auszubreiten. Das Schloß selbst war neu, sehr heiter, licht und angenehm, das Hausgeräth in den gemüthlichen Zimmern ohne besondere Wahl
Er ſchlug dabey mit beyden Füßen unaufhörlich in die Rippen des Kleppers und ſein weißer Mantel rauſchte in ſeiner ganzen Länge in den Lüften hin¬ ter ihm drein. Die Bauern riefen ihm ſämmtlich ein freudiges Hurrah nach. Herr v. A., der die Verwunderung der beyden Gäſte bemerkte, ſagte lachend: das iſt ein armer Edelmann, der vom Stegreif lebt, ein irrender Ritter, der von Schloß zu Schloß zieht und uns beſonders oft heimſucht, ein Hofnarr für alle, die ihn ertragen können, halb närriſch und halb geſcheid.
Als ſie durch's Dorf giengen, wurden ſie von allen Seiten nicht nur mit dem Hute, ſondern auch mit freundlichen Worten und Mienen begrüßt, wel¬ ches immer ein gutmüthiges und natürliches Ver¬ hältniß zwiſchen der Herrſchaft und ihren Bauern verräth. Sie kamen endlich an das Schloß und überſahen auf einmal einen weiten, freundlichen und fröhlich wimmelnden Hof. Alles war geſchäftig, nett und ordentlich und beurkundete eine thätige Hauswirthin. Friedrich äußerte dieſe Bemerkung, wodurch ſich die Tante ungemein geſchmeichelt zu finden ſchien. Sie konnte ihre Freude darüber ſo wenig verbergen, daß ſie ſogleich anfieng, ſich mit einer Art von Wohlbehagen über ihre häuslichen Einrichtung und die Vergnügungen der Landwirth¬ ſchaft auszubreiten. Das Schloß ſelbſt war neu, ſehr heiter, licht und angenehm, das Hausgeräth in den gemüthlichen Zimmern ohne beſondere Wahl
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Er ſchlug dabey mit beyden Füßen unaufhörlich in
die Rippen des Kleppers und ſein weißer Mantel
rauſchte in ſeiner ganzen Länge in den Lüften hin¬
ter ihm drein. Die Bauern riefen ihm ſämmtlich
ein freudiges Hurrah nach. Herr v. A., der die
Verwunderung der beyden Gäſte bemerkte, ſagte
lachend: das iſt ein armer Edelmann, der vom
Stegreif lebt, ein irrender Ritter, der von Schloß
zu Schloß zieht und uns beſonders oft heimſucht,
ein Hofnarr für alle, die ihn ertragen können, halb
närriſch und halb geſcheid.
Als ſie durch's Dorf giengen, wurden ſie von
allen Seiten nicht nur mit dem Hute, ſondern auch
mit freundlichen Worten und Mienen begrüßt, wel¬
ches immer ein gutmüthiges und natürliches Ver¬
hältniß zwiſchen der Herrſchaft und ihren Bauern
verräth. Sie kamen endlich an das Schloß und
überſahen auf einmal einen weiten, freundlichen und
fröhlich wimmelnden Hof. Alles war geſchäftig,
nett und ordentlich und beurkundete eine thätige
Hauswirthin. Friedrich äußerte dieſe Bemerkung,
wodurch ſich die Tante ungemein geſchmeichelt zu
finden ſchien. Sie konnte ihre Freude darüber ſo
wenig verbergen, daß ſie ſogleich anfieng, ſich mit
einer Art von Wohlbehagen über ihre häuslichen
Einrichtung und die Vergnügungen der Landwirth¬
ſchaft auszubreiten. Das Schloß ſelbſt war neu,
ſehr heiter, licht und angenehm, das Hausgeräth
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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/112>, abgerufen am 27.11.2024.
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