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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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fes und erfüllte die Luft mit den gräßlichen Jam¬
mertönen seines Hornes. Und so wurde endlich
nach und nach alles lebendig, und rannte mit blei¬
chen Todtengesichtern, gleich Gespenstern, bestürzt
und verstört durcheinander. Die heftige Tante hat¬
te bald der erste Schreck überwältigt. Sie lag be¬
wußtlos in Krämpfen und vermehrte so die allge¬
meine Verwirrung noch mehr.

Schon schlug die helle Flamme oben aus dem
Dache, das Hinterhaus stand noch ruhig und un¬
versehrt. Niemanden fiel es in der ersten Bestür¬
zung ein, daß Fräulein Julie im Hinterhause schlafe
und ohne Rettung verlohren sey, wenn die Flamme
die einzige Stiege, die dort hinauf führte, ergrif¬
fe. Leontin dachte daran und stürzte sich sogleich in
die Gluth.

Als er in ihr Schlafzimmer trat, sah er das
schöne Mädchen, den Kopf auf den vollen, weißen
Arm gesenkt, in ungestörtem Schlafe ruhen. Alles
in dem Zimmer lag noch still und friedlich umher,
wie sie es beym Entkleiden hingelegt; ein aufge¬
schlagenes Gebethbuch lag an ihrer Seite. Es war
ihm in diesem Augenblicke, als sähe er einen schö¬
nen, goldgelockten Engel neben ihrem Bette sitzen,
der schaute mit den stillen, himmlischen Augen in
das wilde Element, das sich vor Kinderaugen fürch¬
tet. -- Das Fräulein schlug verwundert fragend die
großen Augen auf, als er zu ihr trat, und erblick¬
te bald die ungewöhnliche, schreckliche Helle durch
das ganze Haus. Leontin schlug schnell das Bett¬

fes und erfüllte die Luft mit den gräßlichen Jam¬
mertönen ſeines Hornes. Und ſo wurde endlich
nach und nach alles lebendig, und rannte mit blei¬
chen Todtengeſichtern, gleich Geſpenſtern, beſtürzt
und verſtört durcheinander. Die heftige Tante hat¬
te bald der erſte Schreck überwältigt. Sie lag be¬
wußtlos in Krämpfen und vermehrte ſo die allge¬
meine Verwirrung noch mehr.

Schon ſchlug die helle Flamme oben aus dem
Dache, das Hinterhaus ſtand noch ruhig und un¬
verſehrt. Niemanden fiel es in der erſten Beſtür¬
zung ein, daß Fräulein Julie im Hinterhauſe ſchlafe
und ohne Rettung verlohren ſey, wenn die Flamme
die einzige Stiege, die dort hinauf führte, ergrif¬
fe. Leontin dachte daran und ſtürzte ſich ſogleich in
die Gluth.

Als er in ihr Schlafzimmer trat, ſah er das
ſchöne Mädchen, den Kopf auf den vollen, weißen
Arm geſenkt, in ungeſtörtem Schlafe ruhen. Alles
in dem Zimmer lag noch ſtill und friedlich umher,
wie ſie es beym Entkleiden hingelegt; ein aufge¬
ſchlagenes Gebethbuch lag an ihrer Seite. Es war
ihm in dieſem Augenblicke, als ſähe er einen ſchö¬
nen, goldgelockten Engel neben ihrem Bette ſitzen,
der ſchaute mit den ſtillen, himmliſchen Augen in
das wilde Element, das ſich vor Kinderaugen fürch¬
tet. — Das Fräulein ſchlug verwundert fragend die
großen Augen auf, als er zu ihr trat, und erblick¬
te bald die ungewöhnliche, ſchreckliche Helle durch
das ganze Haus. Leontin ſchlug ſchnell das Bett¬

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[140/0146] fes und erfüllte die Luft mit den gräßlichen Jam¬ mertönen ſeines Hornes. Und ſo wurde endlich nach und nach alles lebendig, und rannte mit blei¬ chen Todtengeſichtern, gleich Geſpenſtern, beſtürzt und verſtört durcheinander. Die heftige Tante hat¬ te bald der erſte Schreck überwältigt. Sie lag be¬ wußtlos in Krämpfen und vermehrte ſo die allge¬ meine Verwirrung noch mehr. Schon ſchlug die helle Flamme oben aus dem Dache, das Hinterhaus ſtand noch ruhig und un¬ verſehrt. Niemanden fiel es in der erſten Beſtür¬ zung ein, daß Fräulein Julie im Hinterhauſe ſchlafe und ohne Rettung verlohren ſey, wenn die Flamme die einzige Stiege, die dort hinauf führte, ergrif¬ fe. Leontin dachte daran und ſtürzte ſich ſogleich in die Gluth. Als er in ihr Schlafzimmer trat, ſah er das ſchöne Mädchen, den Kopf auf den vollen, weißen Arm geſenkt, in ungeſtörtem Schlafe ruhen. Alles in dem Zimmer lag noch ſtill und friedlich umher, wie ſie es beym Entkleiden hingelegt; ein aufge¬ ſchlagenes Gebethbuch lag an ihrer Seite. Es war ihm in dieſem Augenblicke, als ſähe er einen ſchö¬ nen, goldgelockten Engel neben ihrem Bette ſitzen, der ſchaute mit den ſtillen, himmliſchen Augen in das wilde Element, das ſich vor Kinderaugen fürch¬ tet. — Das Fräulein ſchlug verwundert fragend die großen Augen auf, als er zu ihr trat, und erblick¬ te bald die ungewöhnliche, ſchreckliche Helle durch das ganze Haus. Leontin ſchlug ſchnell das Bett¬

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/146>, abgerufen am 27.11.2024.