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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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ist. Er verabscheute alle jene erbärmlichen Spital¬
tröster voll Wiedersehens, unverhofften Windungen
des Schicksals u. s. w. Lieb' ihn nur recht, sagte
er zu Julien, so ist er ewig Dein, und wenn die
ganze Welt dazwischen läge. Glaube nur niemals
den falschen Verführern: daß die Männer eurer
Liebe nicht werth sind. Die Schufte freylich nicht,
die das sagen; aber es giebt nichts Herrlicheres auf
Erden, als der Mann, und nichts Schöneres, als
das Weib, das ihm treu ergeben bis zum Tode. --
Er küßte das weinende Mädchen und gieng darauf
zu ihren Aeltern, um ihnen seine eigene, baldige
Abreise anzukündigen.

Er fand die Tante höchstbestürzt über Leontins
unerklärliche Flucht, die sie auf einmal ganz irre an
ihm und allen ihren Planen machte. Sie war an¬
fangs böse, dann still und wie vernichtet. Herr
v. A. äußerte weniger mit Worten, als durch ein
ungewöhnlich hastiges und zerstreutes Thun und Las¬
sen, das Friedrich'n unbeschreiblich rührte, wir
schwer es ihm falle, sich von Leontin getrennt zu
sehen, und die Thränen traten ihm in die Augen,
als nun auch Friedrich erklärte, schon morgen ab¬
reisen zu müssen. So vergieng dieser noch übrige
Tag zerstreut, gestört und Freudenlos.

Am anderen Morgen hatte Erwin frühzeitig
die Reisebündel geschnürt, die Pferde standen be¬
reit und scharrten ungeduldig unten im Hofe. Frie¬
drich machte noch eilig einen Streifzug durch den

iſt. Er verabſcheute alle jene erbärmlichen Spital¬
tröſter voll Wiederſehens, unverhofften Windungen
des Schickſals u. ſ. w. Lieb' ihn nur recht, ſagte
er zu Julien, ſo iſt er ewig Dein, und wenn die
ganze Welt dazwiſchen läge. Glaube nur niemals
den falſchen Verführern: daß die Männer eurer
Liebe nicht werth ſind. Die Schufte freylich nicht,
die das ſagen; aber es giebt nichts Herrlicheres auf
Erden, als der Mann, und nichts Schöneres, als
das Weib, das ihm treu ergeben bis zum Tode. —
Er küßte das weinende Mädchen und gieng darauf
zu ihren Aeltern, um ihnen ſeine eigene, baldige
Abreiſe anzukündigen.

Er fand die Tante höchſtbeſtürzt über Leontins
unerklärliche Flucht, die ſie auf einmal ganz irre an
ihm und allen ihren Planen machte. Sie war an¬
fangs böſe, dann ſtill und wie vernichtet. Herr
v. A. äußerte weniger mit Worten, als durch ein
ungewöhnlich haſtiges und zerſtreutes Thun und Laſ¬
ſen, das Friedrich'n unbeſchreiblich rührte, wir
ſchwer es ihm falle, ſich von Leontin getrennt zu
ſehen, und die Thränen traten ihm in die Augen,
als nun auch Friedrich erklärte, ſchon morgen ab¬
reiſen zu müſſen. So vergieng dieſer noch übrige
Tag zerſtreut, geſtört und Freudenlos.

Am anderen Morgen hatte Erwin frühzeitig
die Reiſebündel geſchnürt, die Pferde ſtanden be¬
reit und ſcharrten ungeduldig unten im Hofe. Frie¬
drich machte noch eilig einen Streifzug durch den

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[168/0174] iſt. Er verabſcheute alle jene erbärmlichen Spital¬ tröſter voll Wiederſehens, unverhofften Windungen des Schickſals u. ſ. w. Lieb' ihn nur recht, ſagte er zu Julien, ſo iſt er ewig Dein, und wenn die ganze Welt dazwiſchen läge. Glaube nur niemals den falſchen Verführern: daß die Männer eurer Liebe nicht werth ſind. Die Schufte freylich nicht, die das ſagen; aber es giebt nichts Herrlicheres auf Erden, als der Mann, und nichts Schöneres, als das Weib, das ihm treu ergeben bis zum Tode. — Er küßte das weinende Mädchen und gieng darauf zu ihren Aeltern, um ihnen ſeine eigene, baldige Abreiſe anzukündigen. Er fand die Tante höchſtbeſtürzt über Leontins unerklärliche Flucht, die ſie auf einmal ganz irre an ihm und allen ihren Planen machte. Sie war an¬ fangs böſe, dann ſtill und wie vernichtet. Herr v. A. äußerte weniger mit Worten, als durch ein ungewöhnlich haſtiges und zerſtreutes Thun und Laſ¬ ſen, das Friedrich'n unbeſchreiblich rührte, wir ſchwer es ihm falle, ſich von Leontin getrennt zu ſehen, und die Thränen traten ihm in die Augen, als nun auch Friedrich erklärte, ſchon morgen ab¬ reiſen zu müſſen. So vergieng dieſer noch übrige Tag zerſtreut, geſtört und Freudenlos. Am anderen Morgen hatte Erwin frühzeitig die Reiſebündel geſchnürt, die Pferde ſtanden be¬ reit und ſcharrten ungeduldig unten im Hofe. Frie¬ drich machte noch eilig einen Streifzug durch den

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/174>, abgerufen am 26.11.2024.