Da mußte die Verliebte geh'n, Wie rauscht der Fluß! die Hunde bellen, Die Fenster fern erleuchtet steh'n.
Nun bist du frey von deinen Sünden,
Die Lieb zog triumphirend ein, Du wirst noch hohe Gnade finden, Die Seele geht in Hafen ein. --
Der Liebste war ein Jäger worden,
Der Morgen schien so rosenroth, Da bließ er lustig auf dem Horne, Bließ immerfort in seiner Noth.
Zwölftes Kapitel.
Rosa saß des Morgens an der Toilette; ihr Kammermädchen mußte ihr weitläufig von dem frem¬ den Herrn erzählen, der gestern nach ihr gefragt hatte. Sie zerbrach sich vergebens den Kopf, wer es wohl gewesen seyn möchte, denn Friedrich'n er¬ wartete sie nicht so schnell. Vielmehr glaubte sie, er werde darauf bestehen, daß sie die Residenz ver¬ lasse, und das machte ihr manchen Kummer. Die junge Gräfin Romana, eine Verwandte von ihr, in deren Hause sie wohnte, saß neben ihr am Flü¬ gel und schwelgte tosend in den Tänzen von der ge¬ strigen Redoute. Wie ihr anderen nur, sagte sie, alle Lust so gelassen ertragen und aus dem Tanz
Kein Stern wollt' nicht die Nacht erhellen,
Da mußte die Verliebte geh'n, Wie rauſcht der Fluß! die Hunde bellen, Die Fenſter fern erleuchtet ſteh'n.
Nun biſt du frey von deinen Sünden,
Die Lieb zog triumphirend ein, Du wirſt noch hohe Gnade finden, Die Seele geht in Hafen ein. —
Der Liebſte war ein Jäger worden,
Der Morgen ſchien ſo roſenroth, Da bließ er luſtig auf dem Horne, Bließ immerfort in ſeiner Noth.
Zwoͤlftes Kapitel.
Roſa ſaß des Morgens an der Toilette; ihr Kammermädchen mußte ihr weitläufig von dem frem¬ den Herrn erzählen, der geſtern nach ihr gefragt hatte. Sie zerbrach ſich vergebens den Kopf, wer es wohl geweſen ſeyn möchte, denn Friedrich'n er¬ wartete ſie nicht ſo ſchnell. Vielmehr glaubte ſie, er werde darauf beſtehen, daß ſie die Reſidenz ver¬ laſſe, und das machte ihr manchen Kummer. Die junge Gräfin Romana, eine Verwandte von ihr, in deren Hauſe ſie wohnte, ſaß neben ihr am Flü¬ gel und ſchwelgte toſend in den Tänzen von der ge¬ ſtrigen Redoute. Wie ihr anderen nur, ſagte ſie, alle Luſt ſo gelaſſen ertragen und aus dem Tanz
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Kein Stern wollt' nicht die Nacht erhellen,
Da mußte die Verliebte geh'n,
Wie rauſcht der Fluß! die Hunde bellen,
Die Fenſter fern erleuchtet ſteh'n.
Nun biſt du frey von deinen Sünden,
Die Lieb zog triumphirend ein,
Du wirſt noch hohe Gnade finden,
Die Seele geht in Hafen ein. —
Der Liebſte war ein Jäger worden,
Der Morgen ſchien ſo roſenroth,
Da bließ er luſtig auf dem Horne,
Bließ immerfort in ſeiner Noth.
Zwoͤlftes Kapitel.
Roſa ſaß des Morgens an der Toilette; ihr
Kammermädchen mußte ihr weitläufig von dem frem¬
den Herrn erzählen, der geſtern nach ihr gefragt
hatte. Sie zerbrach ſich vergebens den Kopf, wer
es wohl geweſen ſeyn möchte, denn Friedrich'n er¬
wartete ſie nicht ſo ſchnell. Vielmehr glaubte ſie,
er werde darauf beſtehen, daß ſie die Reſidenz ver¬
laſſe, und das machte ihr manchen Kummer. Die
junge Gräfin Romana, eine Verwandte von ihr,
in deren Hauſe ſie wohnte, ſaß neben ihr am Flü¬
gel und ſchwelgte toſend in den Tänzen von der ge¬
ſtrigen Redoute. Wie ihr anderen nur, ſagte ſie,
alle Luſt ſo gelaſſen ertragen und aus dem Tanz
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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/193>, abgerufen am 24.11.2024.
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