Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.Frisches Morgenroth im Herzen Und es hebt die ewig Schöne, Da der Morgen herrlich schiene,In den Augen große Thränen, Hell die jugendlichen Glieder. "Wie so anders war es damals, Da mich, bräutlich Ausgeschmückte, Aus dem heymathlichen Garten Hier herab der Vater schickte! Wie die Erde frisch und jung noch Von Gesängen rings erklingend, Schauernd in Erinnerungen, Helle in das Herz mir blickte, Daß ich, schamhaft mich verhüllend, Meinen Ring, von Glanz geblendet, Schleudert' in die prächt'ge Fülle, Als die ew'ge Braut der Erde. Wo ist nun die Pracht geblieben, Treuer Ernst im rüst'gen Treiben, Rechtes Thun und rechtes Lieben Und die Schönheit und die Freude? Ach! ringsum die Helden alle, Die sonst schön und helle schauten, Friſches Morgenroth im Herzen Und es hebt die ewig Schöne, Da der Morgen herrlich ſchiene,In den Augen große Thränen, Hell die jugendlichen Glieder. „Wie ſo anders war es damals, Da mich, bräutlich Ausgeſchmückte, Aus dem heymathlichen Garten Hier herab der Vater ſchickte! Wie die Erde friſch und jung noch Von Geſängen rings erklingend, Schauernd in Erinnerungen, Helle in das Herz mir blickte, Daß ich, ſchamhaft mich verhüllend, Meinen Ring, von Glanz geblendet, Schleudert' in die prächt'ge Fülle, Als die ew'ge Braut der Erde. Wo iſt nun die Pracht geblieben, Treuer Ernſt im rüſt'gen Treiben, Rechtes Thun und rechtes Lieben Und die Schönheit und die Freude? Ach! ringsum die Helden alle, Die ſonſt ſchön und helle ſchauten, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="3"> <pb facs="#f0218" n="212"/> <l>Friſches Morgenroth im Herzen</l><lb/> <l>Und voll freudiger Gedanken,</l><lb/> <l>Sind die Augen wie zwey Kerzen,</l><lb/> <l>Schön die Welt dran zu entflammen.</l><lb/> <l>Und die wunderſchöne Erde,</l><lb/> <l>Wie Aurora ſie berühret,</l><lb/> <l>Will mit ird'ſcher Luſt und Schmerzen</l><lb/> <l>Ewig neu ſie ſtets verführen.</l><lb/> <l>Denn aus dem bewegten Leben</l><lb/> <l>Spüret ſie ein Hochzeitsgrüßen,</l><lb/> <l>Mitten zwiſchen ihren Spielen</l><lb/> <l>Muß ſie ſich bezwungen fühlen.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l rendition="#et">Und es hebt die ewig Schöne,</l><lb/> <l>Da der Morgen herrlich ſchiene,</l><lb/> <l>In den Augen große Thränen,</l><lb/> <l>Hell die jugendlichen Glieder.</l><lb/> <l>„Wie ſo anders war es damals,</l><lb/> <l>Da mich, bräutlich Ausgeſchmückte,</l><lb/> <l>Aus dem heymathlichen Garten</l><lb/> <l>Hier herab der Vater ſchickte!</l><lb/> <l>Wie die Erde friſch und jung noch</l><lb/> <l>Von Geſängen rings erklingend,</l><lb/> <l>Schauernd in Erinnerungen,</l><lb/> <l>Helle in das Herz mir blickte,</l><lb/> <l>Daß ich, ſchamhaft mich verhüllend,</l><lb/> <l>Meinen Ring, von Glanz geblendet,</l><lb/> <l>Schleudert' in die prächt'ge Fülle,</l><lb/> <l>Als die ew'ge Braut der Erde.</l><lb/> <l>Wo iſt nun die Pracht geblieben,</l><lb/> <l>Treuer Ernſt im rüſt'gen Treiben,</l><lb/> <l>Rechtes Thun und rechtes Lieben</l><lb/> <l>Und die Schönheit und die Freude?</l><lb/> <l>Ach! ringsum die Helden alle,</l><lb/> <l>Die ſonſt ſchön und helle ſchauten,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [212/0218]
Friſches Morgenroth im Herzen
Und voll freudiger Gedanken,
Sind die Augen wie zwey Kerzen,
Schön die Welt dran zu entflammen.
Und die wunderſchöne Erde,
Wie Aurora ſie berühret,
Will mit ird'ſcher Luſt und Schmerzen
Ewig neu ſie ſtets verführen.
Denn aus dem bewegten Leben
Spüret ſie ein Hochzeitsgrüßen,
Mitten zwiſchen ihren Spielen
Muß ſie ſich bezwungen fühlen.
Und es hebt die ewig Schöne,
Da der Morgen herrlich ſchiene,
In den Augen große Thränen,
Hell die jugendlichen Glieder.
„Wie ſo anders war es damals,
Da mich, bräutlich Ausgeſchmückte,
Aus dem heymathlichen Garten
Hier herab der Vater ſchickte!
Wie die Erde friſch und jung noch
Von Geſängen rings erklingend,
Schauernd in Erinnerungen,
Helle in das Herz mir blickte,
Daß ich, ſchamhaft mich verhüllend,
Meinen Ring, von Glanz geblendet,
Schleudert' in die prächt'ge Fülle,
Als die ew'ge Braut der Erde.
Wo iſt nun die Pracht geblieben,
Treuer Ernſt im rüſt'gen Treiben,
Rechtes Thun und rechtes Lieben
Und die Schönheit und die Freude?
Ach! ringsum die Helden alle,
Die ſonſt ſchön und helle ſchauten,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |