Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.er fand weder ihn noch Fabern zu Hause. Er sah Da es sich zum Abend neigte, wandte er sich er fand weder ihn noch Fabern zu Hauſe. Er ſah Da es ſich zum Abend neigte, wandte er ſich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0307" n="301"/> er fand weder ihn noch Fabern zu Hauſe. Er ſah<lb/> durch das offene Fenſter, der reine Himmel lag blau<lb/> und unbegränzt über den fernen Dächern und Kup¬<lb/> peln bis in die neblige Weite. Er konnt' es nicht<lb/> aushalten; er nahm Hut und Stock und wanderte<lb/> durch die Vorſtädte ins Freye hinaus. Unzählige<lb/> Lerchen ſchwirrten hoch in der warmen Luft, die<lb/> neugeſchmückte Frühlingsbühne ſah ihn wie eine alte<lb/> Geliebte an, als wollte ihn alles fragen: Wo biſt<lb/> du ſo lange geweſen? Haſt du uns vergeſſen? —<lb/> Ihm war ſo wohl zum Weinen. Da blies neben<lb/> ihm ein Poſtillon luſtig auf dem Horne. Eine<lb/> ſchöne Reiſekutſche mit einem Herrn und einem jun¬<lb/> gen Frauenzimmer fuhr ſchnell an ihm vorüber.<lb/> Das Frauenzimmer ſah lachend aus dem Wagen nach<lb/> ihm zurück. Er täuſchte ſich nicht, es war Marie.<lb/> Verwundert ſah Friedrich dem Wagen nach, bis er<lb/> weit in der heiteren Luft verſchwunden war. Die<lb/> Straße gieng nach Italien hinunter.</p><lb/> <p>Da es ſich zum Abend neigte, wandte er ſich<lb/> wieder heimwärts. In den Vorſtädten war überall<lb/> ein ſommerabendliches Leben und Weben, wie in<lb/> den kleinen Landſtädtchen. Die Kinder ſpielten mit<lb/> wirrendem Geſchrey vor den Häuſern, junge Bur¬<lb/> ſche und Mädchen giengen ſpazieren, der Abend<lb/> wehte von drauſſen fröhlich durch alle Gaſſen. Da<lb/> bemerkte Friedrich ſeitwärts eine alte abgelegene<lb/> Kirche, die er ſonſt noch niemals geſehen hatte. Er<lb/> fand ſie offen und gieng hinein.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [301/0307]
er fand weder ihn noch Fabern zu Hauſe. Er ſah
durch das offene Fenſter, der reine Himmel lag blau
und unbegränzt über den fernen Dächern und Kup¬
peln bis in die neblige Weite. Er konnt' es nicht
aushalten; er nahm Hut und Stock und wanderte
durch die Vorſtädte ins Freye hinaus. Unzählige
Lerchen ſchwirrten hoch in der warmen Luft, die
neugeſchmückte Frühlingsbühne ſah ihn wie eine alte
Geliebte an, als wollte ihn alles fragen: Wo biſt
du ſo lange geweſen? Haſt du uns vergeſſen? —
Ihm war ſo wohl zum Weinen. Da blies neben
ihm ein Poſtillon luſtig auf dem Horne. Eine
ſchöne Reiſekutſche mit einem Herrn und einem jun¬
gen Frauenzimmer fuhr ſchnell an ihm vorüber.
Das Frauenzimmer ſah lachend aus dem Wagen nach
ihm zurück. Er täuſchte ſich nicht, es war Marie.
Verwundert ſah Friedrich dem Wagen nach, bis er
weit in der heiteren Luft verſchwunden war. Die
Straße gieng nach Italien hinunter.
Da es ſich zum Abend neigte, wandte er ſich
wieder heimwärts. In den Vorſtädten war überall
ein ſommerabendliches Leben und Weben, wie in
den kleinen Landſtädtchen. Die Kinder ſpielten mit
wirrendem Geſchrey vor den Häuſern, junge Bur¬
ſche und Mädchen giengen ſpazieren, der Abend
wehte von drauſſen fröhlich durch alle Gaſſen. Da
bemerkte Friedrich ſeitwärts eine alte abgelegene
Kirche, die er ſonſt noch niemals geſehen hatte. Er
fand ſie offen und gieng hinein.
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