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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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des Gartens, welche besonders kleinlich aus aller¬
ley Zwergbäumchen nebst einem kaum bemerkbaren
Wasserfalle bestand, auf einmal an den dunkelgrü¬
nen Saum des Hochwaldes. Zwischen Felsen stürz¬
te dort ein einsamer Strom grad hinab, als wollte
er den ganzen Garten vernichten, wandte sich dann
am Fuß der Höhe plötzlich, wie aus Verachtung,
wieder seitwärts in den Wald zurück, dessen ern¬
stes, ewiggleiches Rauschen gegen die unruhig phan¬
tastische Spielerey der Gartenanlage fast schmerzlich
abstach, so daß die beyden Freunde überrascht still
standen. Sie sehnten sich recht in die große, ruhi¬
ge, kühle Pracht hinaus und athmeten erst frey,
als sie wirklich endlich wieder zu Pferde sassen.

Während sie sich so über das Gesehene bespra¬
chen, verwundert, keine menschliche Wohnung rings¬
um zu erblicken, fieng indeß die Gegend an etwas
lieblicher und milder zu werden. Vor ihnen erhob
sich ein freundlicher, bis an den Gipfel mit Laub¬
wald bedeckter Berg aus dem dunkelzackigen Chaos
von Gebirgen. Hinter dem Berge schien es nach
der einen Seite hin auf einmal freyer zu werden
und versprach eine große Aussicht. Sie zogen lang¬
sam ihres Weges fort, der Himmel war unbe¬
schreiblich heiter, der Abend sank schon hernieder
und spielte mit seinen letzten Strahlen lustig in dem
lichten Grün des Berges vor ihnen. Friedrich hat¬
te lange unverwandt in die Gegend vor sich hinaus¬
gesehen, dann hielt er plötzlich an und sagte: Ich
weiß nicht, wie mir ist, diese Aussicht ist mir so

des Gartens, welche beſonders kleinlich aus aller¬
ley Zwergbäumchen nebſt einem kaum bemerkbaren
Waſſerfalle beſtand, auf einmal an den dunkelgrü¬
nen Saum des Hochwaldes. Zwiſchen Felſen ſtürz¬
te dort ein einſamer Strom grad hinab, als wollte
er den ganzen Garten vernichten, wandte ſich dann
am Fuß der Höhe plötzlich, wie aus Verachtung,
wieder ſeitwärts in den Wald zurück, deſſen ern¬
ſtes, ewiggleiches Rauſchen gegen die unruhig phan¬
taſtiſche Spielerey der Gartenanlage faſt ſchmerzlich
abſtach, ſo daß die beyden Freunde überraſcht ſtill
ſtanden. Sie ſehnten ſich recht in die große, ruhi¬
ge, kühle Pracht hinaus und athmeten erſt frey,
als ſie wirklich endlich wieder zu Pferde ſaſſen.

Während ſie ſich ſo über das Geſehene beſpra¬
chen, verwundert, keine menſchliche Wohnung rings¬
um zu erblicken, fieng indeß die Gegend an etwas
lieblicher und milder zu werden. Vor ihnen erhob
ſich ein freundlicher, bis an den Gipfel mit Laub¬
wald bedeckter Berg aus dem dunkelzackigen Chaos
von Gebirgen. Hinter dem Berge ſchien es nach
der einen Seite hin auf einmal freyer zu werden
und verſprach eine große Ausſicht. Sie zogen lang¬
ſam ihres Weges fort, der Himmel war unbe¬
ſchreiblich heiter, der Abend ſank ſchon hernieder
und ſpielte mit ſeinen letzten Strahlen luſtig in dem
lichten Grün des Berges vor ihnen. Friedrich hat¬
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[392/0398] des Gartens, welche beſonders kleinlich aus aller¬ ley Zwergbäumchen nebſt einem kaum bemerkbaren Waſſerfalle beſtand, auf einmal an den dunkelgrü¬ nen Saum des Hochwaldes. Zwiſchen Felſen ſtürz¬ te dort ein einſamer Strom grad hinab, als wollte er den ganzen Garten vernichten, wandte ſich dann am Fuß der Höhe plötzlich, wie aus Verachtung, wieder ſeitwärts in den Wald zurück, deſſen ern¬ ſtes, ewiggleiches Rauſchen gegen die unruhig phan¬ taſtiſche Spielerey der Gartenanlage faſt ſchmerzlich abſtach, ſo daß die beyden Freunde überraſcht ſtill ſtanden. Sie ſehnten ſich recht in die große, ruhi¬ ge, kühle Pracht hinaus und athmeten erſt frey, als ſie wirklich endlich wieder zu Pferde ſaſſen. Während ſie ſich ſo über das Geſehene beſpra¬ chen, verwundert, keine menſchliche Wohnung rings¬ um zu erblicken, fieng indeß die Gegend an etwas lieblicher und milder zu werden. Vor ihnen erhob ſich ein freundlicher, bis an den Gipfel mit Laub¬ wald bedeckter Berg aus dem dunkelzackigen Chaos von Gebirgen. Hinter dem Berge ſchien es nach der einen Seite hin auf einmal freyer zu werden und verſprach eine große Ausſicht. Sie zogen lang¬ ſam ihres Weges fort, der Himmel war unbe¬ ſchreiblich heiter, der Abend ſank ſchon hernieder und ſpielte mit ſeinen letzten Strahlen luſtig in dem lichten Grün des Berges vor ihnen. Friedrich hat¬ te lange unverwandt in die Gegend vor ſich hinaus¬ geſehen, dann hielt er plötzlich an und ſagte: Ich weiß nicht, wie mir iſt, dieſe Ausſicht iſt mir ſo

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/398>, abgerufen am 23.11.2024.