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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.

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Anstellung, jedes Blatt rauschte ihm plötzlich wie die
Schleppe der Fürstin, nun verstand er erst alles, ja er
überredete sich in allem Ernste selber längst in die
Fürstin sterblich verliebt zu seyn. So, im Garten
fortrennend, umspann er sich immer hitziger mit dem
tollsten Roman, und als nun die schlanke Gestalt in
einem dunkelen Bogengänge auf einmal vor ihm stand,
überschüttete er sie athemlos, ohne Eingang und Vor¬
bereitung, verworren mit der glühendsten Liebeserklä¬
rung. Die Fürstin, da er so auf sie losstürmte, stand
erst verwundert, dann lächelte sie fein und still, es fiel
ihr nicht ein, daß er sich einbilden könnte, sie meine
ihn. -- Tasso! sagte sie scherzhaft warnend, wir sind
hier nicht in Belriguardo. -- Indem sie aber den
Handschuh ausziehen wollte, um ihm ihre weiße Hand
zum Kuß zu reichen, fiel ein Mondstrahl durch das
Laub auf Stirn und Mund. Da kam sie Dryan¬
dern schon eigentlich etwas alt vor, sie gefiel ihm auf
einmal gar nicht, und seine Gedanken schlugen ihm
unwillkührlich um, wie Milch beim Wetterleuchten.
O Gott, Fürstin! rief er aus, die Nacht ist eine
wilde, phantastische Blume, berauschenden Duft ver-
streuend, schöne gefallene Engel wiegen sich auf den
Blättern und singen im Traume von den Sternen,
wo sie sonst gewohnt, und zwischen den träumenden
Kaiserkronen und Blütenglocken flüsternd, ringelt die
alte Schlange sich leise empor und von ihrem Krönlein

Anſtellung, jedes Blatt rauſchte ihm ploͤtzlich wie die
Schleppe der Fuͤrſtin, nun verſtand er erſt alles, ja er
uͤberredete ſich in allem Ernſte ſelber laͤngſt in die
Fuͤrſtin ſterblich verliebt zu ſeyn. So, im Garten
fortrennend, umſpann er ſich immer hitziger mit dem
tollſten Roman, und als nun die ſchlanke Geſtalt in
einem dunkelen Bogengaͤnge auf einmal vor ihm ſtand,
uͤberſchuͤttete er ſie athemlos, ohne Eingang und Vor¬
bereitung, verworren mit der gluͤhendſten Liebeserklaͤ¬
rung. Die Fuͤrſtin, da er ſo auf ſie losſtuͤrmte, ſtand
erſt verwundert, dann laͤchelte ſie fein und ſtill, es fiel
ihr nicht ein, daß er ſich einbilden koͤnnte, ſie meine
ihn. — Taſſo! ſagte ſie ſcherzhaft warnend, wir ſind
hier nicht in Belriguardo. — Indem ſie aber den
Handſchuh ausziehen wollte, um ihm ihre weiße Hand
zum Kuß zu reichen, fiel ein Mondſtrahl durch das
Laub auf Stirn und Mund. Da kam ſie Dryan¬
dern ſchon eigentlich etwas alt vor, ſie gefiel ihm auf
einmal gar nicht, und ſeine Gedanken ſchlugen ihm
unwillkuͤhrlich um, wie Milch beim Wetterleuchten.
O Gott, Fuͤrſtin! rief er aus, die Nacht iſt eine
wilde, phantaſtiſche Blume, berauſchenden Duft ver-
ſtreuend, ſchoͤne gefallene Engel wiegen ſich auf den
Blaͤttern und ſingen im Traume von den Sternen,
wo ſie ſonſt gewohnt, und zwiſchen den traͤumenden
Kaiſerkronen und Bluͤtenglocken fluͤſternd, ringelt die
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[157/0164] Anſtellung, jedes Blatt rauſchte ihm ploͤtzlich wie die Schleppe der Fuͤrſtin, nun verſtand er erſt alles, ja er uͤberredete ſich in allem Ernſte ſelber laͤngſt in die Fuͤrſtin ſterblich verliebt zu ſeyn. So, im Garten fortrennend, umſpann er ſich immer hitziger mit dem tollſten Roman, und als nun die ſchlanke Geſtalt in einem dunkelen Bogengaͤnge auf einmal vor ihm ſtand, uͤberſchuͤttete er ſie athemlos, ohne Eingang und Vor¬ bereitung, verworren mit der gluͤhendſten Liebeserklaͤ¬ rung. Die Fuͤrſtin, da er ſo auf ſie losſtuͤrmte, ſtand erſt verwundert, dann laͤchelte ſie fein und ſtill, es fiel ihr nicht ein, daß er ſich einbilden koͤnnte, ſie meine ihn. — Taſſo! ſagte ſie ſcherzhaft warnend, wir ſind hier nicht in Belriguardo. — Indem ſie aber den Handſchuh ausziehen wollte, um ihm ihre weiße Hand zum Kuß zu reichen, fiel ein Mondſtrahl durch das Laub auf Stirn und Mund. Da kam ſie Dryan¬ dern ſchon eigentlich etwas alt vor, ſie gefiel ihm auf einmal gar nicht, und ſeine Gedanken ſchlugen ihm unwillkuͤhrlich um, wie Milch beim Wetterleuchten. O Gott, Fuͤrſtin! rief er aus, die Nacht iſt eine wilde, phantaſtiſche Blume, berauſchenden Duft ver- ſtreuend, ſchoͤne gefallene Engel wiegen ſich auf den Blaͤttern und ſingen im Traume von den Sternen, wo ſie ſonſt gewohnt, und zwiſchen den traͤumenden Kaiſerkronen und Bluͤtenglocken fluͤſternd, ringelt die alte Schlange ſich leiſe empor und von ihrem Kroͤnlein

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/164>, abgerufen am 21.11.2024.