Zeit zu Zeit durch das Prasseln von Feuerwerk, das er täuschend mit dem Munde nachmachte.
Jetzt bemerkte der Musikus plötzlich die beiden Freunde auf der Gasse, und sah sie mit seinen klugen Augen durchdringend an, während der Wirth, mit der einen Hand seine wilden Gäste in den Keller zurück¬ drängend, mit der andern ruhig die ihm zugeworfene Schlafmütze wieder auf den Kopf stülpte. Walter war einen Augenblick in Verlegenheit, ob und wie er den ihm unbekannten Fremden anreden sollte, und äußerte endlich seine Verwunderung über diese heillose Fertigkeit auf der Geige. -- Kleinigkeit! Kleinigkeit! erwiederte der Musikus, nichts als Taranteln, womit ich die Leute in die Waden beiße und den St. Veits- Tanz erfinde. Mit diesen Worten empfahl er sich, nahm die Geige unter den Arm, und schlenderte, noch einigemal furchtsam nach dem Keller zurückblickend, rasch durch die Nacht über den Marktplatz fort.
Fortunat, der bisher kein Auge von ihm verwen¬ det hatte, trat nun schnell auf den Wirth zu, um etwas Näheres über das wunderbare Männchen zu erfahren. Ein Fremder, sagte der Wirth, ein Parti¬ külier, wie er sich nennt, mit dem ich schon manchen Verdruß gehabt habe. Er kommt zuweilen in die Stadt, aber immer nur grade zu mir, und wenn ich reelle Gäste habe, die nach gethaner Arbeit ihr Gläs¬ chen trinken und vernünftig diskuriren wollen, setzt er
Zeit zu Zeit durch das Praſſeln von Feuerwerk, das er taͤuſchend mit dem Munde nachmachte.
Jetzt bemerkte der Muſikus ploͤtzlich die beiden Freunde auf der Gaſſe, und ſah ſie mit ſeinen klugen Augen durchdringend an, waͤhrend der Wirth, mit der einen Hand ſeine wilden Gaͤſte in den Keller zuruͤck¬ draͤngend, mit der andern ruhig die ihm zugeworfene Schlafmuͤtze wieder auf den Kopf ſtuͤlpte. Walter war einen Augenblick in Verlegenheit, ob und wie er den ihm unbekannten Fremden anreden ſollte, und aͤußerte endlich ſeine Verwunderung uͤber dieſe heilloſe Fertigkeit auf der Geige. — Kleinigkeit! Kleinigkeit! erwiederte der Muſikus, nichts als Taranteln, womit ich die Leute in die Waden beiße und den St. Veits- Tanz erfinde. Mit dieſen Worten empfahl er ſich, nahm die Geige unter den Arm, und ſchlenderte, noch einigemal furchtſam nach dem Keller zuruͤckblickend, raſch durch die Nacht uͤber den Marktplatz fort.
Fortunat, der bisher kein Auge von ihm verwen¬ det hatte, trat nun ſchnell auf den Wirth zu, um etwas Naͤheres uͤber das wunderbare Maͤnnchen zu erfahren. Ein Fremder, ſagte der Wirth, ein Parti¬ kuͤlier, wie er ſich nennt, mit dem ich ſchon manchen Verdruß gehabt habe. Er kommt zuweilen in die Stadt, aber immer nur grade zu mir, und wenn ich reelle Gaͤſte habe, die nach gethaner Arbeit ihr Glaͤs¬ chen trinken und vernuͤnftig diskuriren wollen, ſetzt er
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0020"n="13"/>
Zeit zu Zeit durch das Praſſeln von Feuerwerk, das<lb/>
er taͤuſchend mit dem Munde nachmachte.</p><lb/><p>Jetzt bemerkte der Muſikus ploͤtzlich die beiden<lb/>
Freunde auf der Gaſſe, und ſah ſie mit ſeinen klugen<lb/>
Augen durchdringend an, waͤhrend der Wirth, mit der<lb/>
einen Hand ſeine wilden Gaͤſte in den Keller zuruͤck¬<lb/>
draͤngend, mit der andern ruhig die ihm zugeworfene<lb/>
Schlafmuͤtze wieder auf den Kopf ſtuͤlpte. Walter<lb/>
war einen Augenblick in Verlegenheit, ob und wie er<lb/>
den ihm unbekannten Fremden anreden ſollte, und<lb/>
aͤußerte endlich ſeine Verwunderung uͤber dieſe heilloſe<lb/>
Fertigkeit auf der Geige. — Kleinigkeit! Kleinigkeit!<lb/>
erwiederte der Muſikus, nichts als Taranteln, womit<lb/>
ich die Leute in die Waden beiße und den St. Veits-<lb/>
Tanz erfinde. Mit dieſen Worten empfahl er ſich,<lb/>
nahm die Geige unter den Arm, und ſchlenderte, noch<lb/>
einigemal furchtſam nach dem Keller zuruͤckblickend,<lb/>
raſch durch die Nacht uͤber den Marktplatz fort.</p><lb/><p>Fortunat, der bisher kein Auge von ihm verwen¬<lb/>
det hatte, trat nun ſchnell auf den Wirth zu, um<lb/>
etwas Naͤheres uͤber das wunderbare Maͤnnchen zu<lb/>
erfahren. Ein Fremder, ſagte der Wirth, ein Parti¬<lb/>
kuͤlier, wie er ſich nennt, mit dem ich ſchon manchen<lb/>
Verdruß gehabt habe. Er kommt zuweilen in die<lb/>
Stadt, aber immer nur grade zu mir, und wenn ich<lb/>
reelle Gaͤſte habe, die nach gethaner Arbeit ihr Glaͤs¬<lb/>
chen trinken und vernuͤnftig diskuriren wollen, ſetzt er<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[13/0020]
Zeit zu Zeit durch das Praſſeln von Feuerwerk, das
er taͤuſchend mit dem Munde nachmachte.
Jetzt bemerkte der Muſikus ploͤtzlich die beiden
Freunde auf der Gaſſe, und ſah ſie mit ſeinen klugen
Augen durchdringend an, waͤhrend der Wirth, mit der
einen Hand ſeine wilden Gaͤſte in den Keller zuruͤck¬
draͤngend, mit der andern ruhig die ihm zugeworfene
Schlafmuͤtze wieder auf den Kopf ſtuͤlpte. Walter
war einen Augenblick in Verlegenheit, ob und wie er
den ihm unbekannten Fremden anreden ſollte, und
aͤußerte endlich ſeine Verwunderung uͤber dieſe heilloſe
Fertigkeit auf der Geige. — Kleinigkeit! Kleinigkeit!
erwiederte der Muſikus, nichts als Taranteln, womit
ich die Leute in die Waden beiße und den St. Veits-
Tanz erfinde. Mit dieſen Worten empfahl er ſich,
nahm die Geige unter den Arm, und ſchlenderte, noch
einigemal furchtſam nach dem Keller zuruͤckblickend,
raſch durch die Nacht uͤber den Marktplatz fort.
Fortunat, der bisher kein Auge von ihm verwen¬
det hatte, trat nun ſchnell auf den Wirth zu, um
etwas Naͤheres uͤber das wunderbare Maͤnnchen zu
erfahren. Ein Fremder, ſagte der Wirth, ein Parti¬
kuͤlier, wie er ſich nennt, mit dem ich ſchon manchen
Verdruß gehabt habe. Er kommt zuweilen in die
Stadt, aber immer nur grade zu mir, und wenn ich
reelle Gaͤſte habe, die nach gethaner Arbeit ihr Glaͤs¬
chen trinken und vernuͤnftig diskuriren wollen, ſetzt er
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/20>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.