Recht geben, dann aber trieb er plötzlich mit auffal¬ lender Hast zur ungesäumten Rückkehr, und blieb still und nachdenklich, während sie vorsichtig zwischen den Felsen hinabstiegen.
Ich muß noch diese Stunde fort, suche aber bald noch einmal den Vitalis auf, sagte er, als sie endlich bei der Einsiedelei wieder ankamen, schüttelte seinem Wirth herzlich die Hand und schwang sich sogleich auf sein Pferd. -- Der Einsiedler hatte kaum die Zeit, ihm den nächsten Weg zu bezeichnen, und sah ihm dann ganz verwundert lange nach. -- Daß ich ein Narr wäre, in dieser Spuknacht weiterzuziehen, meinte Dryander, und bat sich noch eine lange Pfeife Taback aus, er freute sich darauf, die ganze Nacht einmal das Einsiedlerleben recht gemächlich mit durchzumachen, auch wollte er noch einige von den Nachtliedern des Eremiten abschreiben.
Manfred aber ritt eifrig den Thälern zu, da hörte er nach einiger Zeit, wie im Traum, oben noch des Einsiedlers Glöcklein schallen, die Rehe weideten wieder zur Seite, seine ganze Seele fühlte sich von der Todesstille wie in ein Grab verschüttet. Die Mit¬ ternacht aber hatte unterdeß den Himmel weit aufge¬ than und ihre wunderbaren Schleier über die Erde geworfen. So immer tiefer und freudiger stieg er erathmend in die träumende Sommernacht hinunter, schon hörte er unten von fern die Ströme wieder rauschen
Recht geben, dann aber trieb er ploͤtzlich mit auffal¬ lender Haſt zur ungeſaͤumten Ruͤckkehr, und blieb ſtill und nachdenklich, waͤhrend ſie vorſichtig zwiſchen den Felſen hinabſtiegen.
Ich muß noch dieſe Stunde fort, ſuche aber bald noch einmal den Vitalis auf, ſagte er, als ſie endlich bei der Einſiedelei wieder ankamen, ſchuͤttelte ſeinem Wirth herzlich die Hand und ſchwang ſich ſogleich auf ſein Pferd. — Der Einſiedler hatte kaum die Zeit, ihm den naͤchſten Weg zu bezeichnen, und ſah ihm dann ganz verwundert lange nach. — Daß ich ein Narr waͤre, in dieſer Spuknacht weiterzuziehen, meinte Dryander, und bat ſich noch eine lange Pfeife Taback aus, er freute ſich darauf, die ganze Nacht einmal das Einſiedlerleben recht gemaͤchlich mit durchzumachen, auch wollte er noch einige von den Nachtliedern des Eremiten abſchreiben.
Manfred aber ritt eifrig den Thaͤlern zu, da hoͤrte er nach einiger Zeit, wie im Traum, oben noch des Einſiedlers Gloͤcklein ſchallen, die Rehe weideten wieder zur Seite, ſeine ganze Seele fuͤhlte ſich von der Todesſtille wie in ein Grab verſchuͤttet. Die Mit¬ ternacht aber hatte unterdeß den Himmel weit aufge¬ than und ihre wunderbaren Schleier uͤber die Erde geworfen. So immer tiefer und freudiger ſtieg er erathmend in die traͤumende Sommernacht hinunter, ſchon hoͤrte er unten von fern die Stroͤme wieder rauſchen
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Recht geben, dann aber trieb er ploͤtzlich mit auffal¬
lender Haſt zur ungeſaͤumten Ruͤckkehr, und blieb ſtill
und nachdenklich, waͤhrend ſie vorſichtig zwiſchen den
Felſen hinabſtiegen.
Ich muß noch dieſe Stunde fort, ſuche aber bald
noch einmal den Vitalis auf, ſagte er, als ſie endlich
bei der Einſiedelei wieder ankamen, ſchuͤttelte ſeinem
Wirth herzlich die Hand und ſchwang ſich ſogleich auf
ſein Pferd. — Der Einſiedler hatte kaum die Zeit,
ihm den naͤchſten Weg zu bezeichnen, und ſah ihm
dann ganz verwundert lange nach. — Daß ich ein
Narr waͤre, in dieſer Spuknacht weiterzuziehen, meinte
Dryander, und bat ſich noch eine lange Pfeife Taback
aus, er freute ſich darauf, die ganze Nacht einmal
das Einſiedlerleben recht gemaͤchlich mit durchzumachen,
auch wollte er noch einige von den Nachtliedern des
Eremiten abſchreiben.
Manfred aber ritt eifrig den Thaͤlern zu, da
hoͤrte er nach einiger Zeit, wie im Traum, oben noch
des Einſiedlers Gloͤcklein ſchallen, die Rehe weideten
wieder zur Seite, ſeine ganze Seele fuͤhlte ſich von
der Todesſtille wie in ein Grab verſchuͤttet. Die Mit¬
ternacht aber hatte unterdeß den Himmel weit aufge¬
than und ihre wunderbaren Schleier uͤber die Erde
geworfen. So immer tiefer und freudiger ſtieg er
erathmend in die traͤumende Sommernacht hinunter,
ſchon hoͤrte er unten von fern die Stroͤme wieder rauſchen
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/295>, abgerufen am 23.11.2024.
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