Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

gut treffen, ich bin wie ein Bienenkorb gegen seine
Taille, und -- Halt' ein! unterbrach ihn Fortunat,
immer heftiger lachend, du zerplatzst ja wie eine
Bombe, was giebt's denn da auf einmal? -- Aber
Dryander war zu erbost, er schimpfte unaufhaltsam
über die Albernheit der Ritterlichkeit, der Duelle, der
Ehre, die, wie eine Regimentsfahne, erst von Kugeln
zerfetzt und lumpig seyn sollte, um ein Ansehen zu ha¬
ben. Indem er sich aber so in Vergleichungen er¬
schöpfte, kam das Getümmel draußen wachsend immer
näher und näher. Dummes Zeug! schloß er endlich,
und entwischte mit solcher Geschwindigkeit aus der
Thür, daß er seinen Hut im Zimmer vergaß.

Fortunat ließ ihn laufen. Was wird es seyn!
dachte er, die alte Posse: Sorgen ohne Noth und
Noth ohne Sorgen. Die Rakete wird draußen ver¬
prasseln, ohne eben den Erdkreis in Brand zu stecken.
-- Unterdeß hatte die Stube sich nach und nach lär¬
mend gefüllt, Felleisen, Mäntel und Tabacksbeutel
lagen auf Stühlen und Tischen umher, die muntere
Schiffsgesellschaft machte sich behaglich breit, der eine
schrie nach Wein, der andere nach Kaffee, alle waren
noch ganz voll von den lustigen Händeln, und da sie
vom Wirth erfuhren, daß die beiden Jäger ein eigenes
Zimmer bezogen, beredeten sie sich, wie sie morgen
zum Duell die Pistolen blind laden, dem Pilger Knall¬
kugeln unter die Füße legen wollten u. s. w. Als

gut treffen, ich bin wie ein Bienenkorb gegen ſeine
Taille, und — Halt' ein! unterbrach ihn Fortunat,
immer heftiger lachend, du zerplatzſt ja wie eine
Bombe, was giebt's denn da auf einmal? — Aber
Dryander war zu erboſt, er ſchimpfte unaufhaltſam
uͤber die Albernheit der Ritterlichkeit, der Duelle, der
Ehre, die, wie eine Regimentsfahne, erſt von Kugeln
zerfetzt und lumpig ſeyn ſollte, um ein Anſehen zu ha¬
ben. Indem er ſich aber ſo in Vergleichungen er¬
ſchoͤpfte, kam das Getuͤmmel draußen wachſend immer
naͤher und naͤher. Dummes Zeug! ſchloß er endlich,
und entwiſchte mit ſolcher Geſchwindigkeit aus der
Thuͤr, daß er ſeinen Hut im Zimmer vergaß.

Fortunat ließ ihn laufen. Was wird es ſeyn!
dachte er, die alte Poſſe: Sorgen ohne Noth und
Noth ohne Sorgen. Die Rakete wird draußen ver¬
praſſeln, ohne eben den Erdkreis in Brand zu ſtecken.
— Unterdeß hatte die Stube ſich nach und nach laͤr¬
mend gefuͤllt, Felleiſen, Maͤntel und Tabacksbeutel
lagen auf Stuͤhlen und Tiſchen umher, die muntere
Schiffsgeſellſchaft machte ſich behaglich breit, der eine
ſchrie nach Wein, der andere nach Kaffee, alle waren
noch ganz voll von den luſtigen Haͤndeln, und da ſie
vom Wirth erfuhren, daß die beiden Jaͤger ein eigenes
Zimmer bezogen, beredeten ſie ſich, wie ſie morgen
zum Duell die Piſtolen blind laden, dem Pilger Knall¬
kugeln unter die Fuͤße legen wollten u. ſ. w. Als

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0301" n="294"/>
gut treffen, ich bin wie ein Bienenkorb gegen &#x017F;eine<lb/>
Taille, und &#x2014; Halt' ein! unterbrach ihn Fortunat,<lb/>
immer heftiger lachend, du zerplatz&#x017F;t ja wie eine<lb/>
Bombe, was giebt's denn da auf einmal? &#x2014; Aber<lb/>
Dryander war zu erbo&#x017F;t, er &#x017F;chimpfte unaufhalt&#x017F;am<lb/>
u&#x0364;ber die Albernheit der Ritterlichkeit, der Duelle, der<lb/>
Ehre, die, wie eine Regimentsfahne, er&#x017F;t von Kugeln<lb/>
zerfetzt und lumpig &#x017F;eyn &#x017F;ollte, um ein An&#x017F;ehen zu ha¬<lb/>
ben. Indem er &#x017F;ich aber &#x017F;o in Vergleichungen er¬<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pfte, kam das Getu&#x0364;mmel draußen wach&#x017F;end immer<lb/>
na&#x0364;her und na&#x0364;her. Dummes Zeug! &#x017F;chloß er endlich,<lb/>
und entwi&#x017F;chte mit &#x017F;olcher Ge&#x017F;chwindigkeit aus der<lb/>
Thu&#x0364;r, daß er &#x017F;einen Hut im Zimmer vergaß.</p><lb/>
          <p>Fortunat ließ ihn laufen. Was wird es &#x017F;eyn!<lb/>
dachte er, die alte Po&#x017F;&#x017F;e: Sorgen ohne Noth und<lb/>
Noth ohne Sorgen. Die Rakete wird draußen ver¬<lb/>
pra&#x017F;&#x017F;eln, ohne eben den Erdkreis in Brand zu &#x017F;tecken.<lb/>
&#x2014; Unterdeß hatte die Stube &#x017F;ich nach und nach la&#x0364;<lb/>
mend gefu&#x0364;llt, Fellei&#x017F;en, Ma&#x0364;ntel und Tabacksbeutel<lb/>
lagen auf Stu&#x0364;hlen und Ti&#x017F;chen umher, die muntere<lb/>
Schiffsge&#x017F;ell&#x017F;chaft machte &#x017F;ich behaglich breit, der eine<lb/>
&#x017F;chrie nach Wein, der andere nach Kaffee, alle waren<lb/>
noch ganz voll von den lu&#x017F;tigen Ha&#x0364;ndeln, und da &#x017F;ie<lb/>
vom Wirth erfuhren, daß die beiden Ja&#x0364;ger ein eigenes<lb/>
Zimmer bezogen, beredeten &#x017F;ie &#x017F;ich, wie &#x017F;ie morgen<lb/>
zum Duell die Pi&#x017F;tolen blind laden, dem Pilger Knall¬<lb/>
kugeln unter die Fu&#x0364;ße legen wollten u. &#x017F;. w. Als<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0301] gut treffen, ich bin wie ein Bienenkorb gegen ſeine Taille, und — Halt' ein! unterbrach ihn Fortunat, immer heftiger lachend, du zerplatzſt ja wie eine Bombe, was giebt's denn da auf einmal? — Aber Dryander war zu erboſt, er ſchimpfte unaufhaltſam uͤber die Albernheit der Ritterlichkeit, der Duelle, der Ehre, die, wie eine Regimentsfahne, erſt von Kugeln zerfetzt und lumpig ſeyn ſollte, um ein Anſehen zu ha¬ ben. Indem er ſich aber ſo in Vergleichungen er¬ ſchoͤpfte, kam das Getuͤmmel draußen wachſend immer naͤher und naͤher. Dummes Zeug! ſchloß er endlich, und entwiſchte mit ſolcher Geſchwindigkeit aus der Thuͤr, daß er ſeinen Hut im Zimmer vergaß. Fortunat ließ ihn laufen. Was wird es ſeyn! dachte er, die alte Poſſe: Sorgen ohne Noth und Noth ohne Sorgen. Die Rakete wird draußen ver¬ praſſeln, ohne eben den Erdkreis in Brand zu ſtecken. — Unterdeß hatte die Stube ſich nach und nach laͤr¬ mend gefuͤllt, Felleiſen, Maͤntel und Tabacksbeutel lagen auf Stuͤhlen und Tiſchen umher, die muntere Schiffsgeſellſchaft machte ſich behaglich breit, der eine ſchrie nach Wein, der andere nach Kaffee, alle waren noch ganz voll von den luſtigen Haͤndeln, und da ſie vom Wirth erfuhren, daß die beiden Jaͤger ein eigenes Zimmer bezogen, beredeten ſie ſich, wie ſie morgen zum Duell die Piſtolen blind laden, dem Pilger Knall¬ kugeln unter die Fuͤße legen wollten u. ſ. w. Als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/301
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/301>, abgerufen am 22.11.2024.