gut treffen, ich bin wie ein Bienenkorb gegen seine Taille, und -- Halt' ein! unterbrach ihn Fortunat, immer heftiger lachend, du zerplatzst ja wie eine Bombe, was giebt's denn da auf einmal? -- Aber Dryander war zu erbost, er schimpfte unaufhaltsam über die Albernheit der Ritterlichkeit, der Duelle, der Ehre, die, wie eine Regimentsfahne, erst von Kugeln zerfetzt und lumpig seyn sollte, um ein Ansehen zu ha¬ ben. Indem er sich aber so in Vergleichungen er¬ schöpfte, kam das Getümmel draußen wachsend immer näher und näher. Dummes Zeug! schloß er endlich, und entwischte mit solcher Geschwindigkeit aus der Thür, daß er seinen Hut im Zimmer vergaß.
Fortunat ließ ihn laufen. Was wird es seyn! dachte er, die alte Posse: Sorgen ohne Noth und Noth ohne Sorgen. Die Rakete wird draußen ver¬ prasseln, ohne eben den Erdkreis in Brand zu stecken. -- Unterdeß hatte die Stube sich nach und nach lär¬ mend gefüllt, Felleisen, Mäntel und Tabacksbeutel lagen auf Stühlen und Tischen umher, die muntere Schiffsgesellschaft machte sich behaglich breit, der eine schrie nach Wein, der andere nach Kaffee, alle waren noch ganz voll von den lustigen Händeln, und da sie vom Wirth erfuhren, daß die beiden Jäger ein eigenes Zimmer bezogen, beredeten sie sich, wie sie morgen zum Duell die Pistolen blind laden, dem Pilger Knall¬ kugeln unter die Füße legen wollten u. s. w. Als
gut treffen, ich bin wie ein Bienenkorb gegen ſeine Taille, und — Halt' ein! unterbrach ihn Fortunat, immer heftiger lachend, du zerplatzſt ja wie eine Bombe, was giebt's denn da auf einmal? — Aber Dryander war zu erboſt, er ſchimpfte unaufhaltſam uͤber die Albernheit der Ritterlichkeit, der Duelle, der Ehre, die, wie eine Regimentsfahne, erſt von Kugeln zerfetzt und lumpig ſeyn ſollte, um ein Anſehen zu ha¬ ben. Indem er ſich aber ſo in Vergleichungen er¬ ſchoͤpfte, kam das Getuͤmmel draußen wachſend immer naͤher und naͤher. Dummes Zeug! ſchloß er endlich, und entwiſchte mit ſolcher Geſchwindigkeit aus der Thuͤr, daß er ſeinen Hut im Zimmer vergaß.
Fortunat ließ ihn laufen. Was wird es ſeyn! dachte er, die alte Poſſe: Sorgen ohne Noth und Noth ohne Sorgen. Die Rakete wird draußen ver¬ praſſeln, ohne eben den Erdkreis in Brand zu ſtecken. — Unterdeß hatte die Stube ſich nach und nach laͤr¬ mend gefuͤllt, Felleiſen, Maͤntel und Tabacksbeutel lagen auf Stuͤhlen und Tiſchen umher, die muntere Schiffsgeſellſchaft machte ſich behaglich breit, der eine ſchrie nach Wein, der andere nach Kaffee, alle waren noch ganz voll von den luſtigen Haͤndeln, und da ſie vom Wirth erfuhren, daß die beiden Jaͤger ein eigenes Zimmer bezogen, beredeten ſie ſich, wie ſie morgen zum Duell die Piſtolen blind laden, dem Pilger Knall¬ kugeln unter die Fuͤße legen wollten u. ſ. w. Als
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0301"n="294"/>
gut treffen, ich bin wie ein Bienenkorb gegen ſeine<lb/>
Taille, und — Halt' ein! unterbrach ihn Fortunat,<lb/>
immer heftiger lachend, du zerplatzſt ja wie eine<lb/>
Bombe, was giebt's denn da auf einmal? — Aber<lb/>
Dryander war zu erboſt, er ſchimpfte unaufhaltſam<lb/>
uͤber die Albernheit der Ritterlichkeit, der Duelle, der<lb/>
Ehre, die, wie eine Regimentsfahne, erſt von Kugeln<lb/>
zerfetzt und lumpig ſeyn ſollte, um ein Anſehen zu ha¬<lb/>
ben. Indem er ſich aber ſo in Vergleichungen er¬<lb/>ſchoͤpfte, kam das Getuͤmmel draußen wachſend immer<lb/>
naͤher und naͤher. Dummes Zeug! ſchloß er endlich,<lb/>
und entwiſchte mit ſolcher Geſchwindigkeit aus der<lb/>
Thuͤr, daß er ſeinen Hut im Zimmer vergaß.</p><lb/><p>Fortunat ließ ihn laufen. Was wird es ſeyn!<lb/>
dachte er, die alte Poſſe: Sorgen ohne Noth und<lb/>
Noth ohne Sorgen. Die Rakete wird draußen ver¬<lb/>
praſſeln, ohne eben den Erdkreis in Brand zu ſtecken.<lb/>— Unterdeß hatte die Stube ſich nach und nach laͤr¬<lb/>
mend gefuͤllt, Felleiſen, Maͤntel und Tabacksbeutel<lb/>
lagen auf Stuͤhlen und Tiſchen umher, die muntere<lb/>
Schiffsgeſellſchaft machte ſich behaglich breit, der eine<lb/>ſchrie nach Wein, der andere nach Kaffee, alle waren<lb/>
noch ganz voll von den luſtigen Haͤndeln, und da ſie<lb/>
vom Wirth erfuhren, daß die beiden Jaͤger ein eigenes<lb/>
Zimmer bezogen, beredeten ſie ſich, wie ſie morgen<lb/>
zum Duell die Piſtolen blind laden, dem Pilger Knall¬<lb/>
kugeln unter die Fuͤße legen wollten u. ſ. w. Als<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[294/0301]
gut treffen, ich bin wie ein Bienenkorb gegen ſeine
Taille, und — Halt' ein! unterbrach ihn Fortunat,
immer heftiger lachend, du zerplatzſt ja wie eine
Bombe, was giebt's denn da auf einmal? — Aber
Dryander war zu erboſt, er ſchimpfte unaufhaltſam
uͤber die Albernheit der Ritterlichkeit, der Duelle, der
Ehre, die, wie eine Regimentsfahne, erſt von Kugeln
zerfetzt und lumpig ſeyn ſollte, um ein Anſehen zu ha¬
ben. Indem er ſich aber ſo in Vergleichungen er¬
ſchoͤpfte, kam das Getuͤmmel draußen wachſend immer
naͤher und naͤher. Dummes Zeug! ſchloß er endlich,
und entwiſchte mit ſolcher Geſchwindigkeit aus der
Thuͤr, daß er ſeinen Hut im Zimmer vergaß.
Fortunat ließ ihn laufen. Was wird es ſeyn!
dachte er, die alte Poſſe: Sorgen ohne Noth und
Noth ohne Sorgen. Die Rakete wird draußen ver¬
praſſeln, ohne eben den Erdkreis in Brand zu ſtecken.
— Unterdeß hatte die Stube ſich nach und nach laͤr¬
mend gefuͤllt, Felleiſen, Maͤntel und Tabacksbeutel
lagen auf Stuͤhlen und Tiſchen umher, die muntere
Schiffsgeſellſchaft machte ſich behaglich breit, der eine
ſchrie nach Wein, der andere nach Kaffee, alle waren
noch ganz voll von den luſtigen Haͤndeln, und da ſie
vom Wirth erfuhren, daß die beiden Jaͤger ein eigenes
Zimmer bezogen, beredeten ſie ſich, wie ſie morgen
zum Duell die Piſtolen blind laden, dem Pilger Knall¬
kugeln unter die Fuͤße legen wollten u. ſ. w. Als
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/301>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.