den Geheimnißvollen, sich näher zu erklären. Ich will die alte Tante seyn, sagte er nur, wenn ich euch nicht das Fräulein schaffe, und sollte sie wie ein Eich¬ hörnchen von Baum zu Baum springen. -- Die Amt¬ mannin mochte von dem Abenteuer nichts wissen und blieb mit Florentinen zurück, die Andern aber wander¬ ten erwartungsvoll dem Walde zu. In dem allgemei¬ nen Aufruhr konnte Fortunat durchaus keinen Augen¬ blick gewinnen, Waltern auf die Seite zu nehmen, so oft er ihm auch heimlich zuwinkte.
Nach einem kurzen Gange erblickten sie die Mühle in einer einsamen Waldschlucht. Von einem Berges¬ hange tief verschattet, war in dem kühlen Grunde kaum noch der Tag angebrochen, die Vögel erwachten eben erst in dem stillen Gärtchen, nur die Tauben schimmerten vom Dach, das schon von der Morgen¬ sonne beleuchtet war. Hier vertheilte der Förster seine Begleiter vorsichtig an allen Ausgängen, und gebot ihnen sich still zu halten, er selbst aber ging eilig in die Mühle. Da sahen sie, wie sich im Hause ein Dachfenster halb und leise öffnete, sie glaubten oben ein junges Mädchen zu bemerken, das bei ihrem An¬ blick schnell den Laden wieder zuschlug. Was ist denn das? -- flüsterte Fiametta ängstlich Fortunaten zu. -- Ich glaube, erwiederte dieser, der ganze Morgen ist toll geworden und spiegelt unsere eigne Geschichte när¬ risch in der Luft. -- Jetzt entstand ein Tumult im
den Geheimnißvollen, ſich naͤher zu erklaͤren. Ich will die alte Tante ſeyn, ſagte er nur, wenn ich euch nicht das Fraͤulein ſchaffe, und ſollte ſie wie ein Eich¬ hoͤrnchen von Baum zu Baum ſpringen. — Die Amt¬ mannin mochte von dem Abenteuer nichts wiſſen und blieb mit Florentinen zuruͤck, die Andern aber wander¬ ten erwartungsvoll dem Walde zu. In dem allgemei¬ nen Aufruhr konnte Fortunat durchaus keinen Augen¬ blick gewinnen, Waltern auf die Seite zu nehmen, ſo oft er ihm auch heimlich zuwinkte.
Nach einem kurzen Gange erblickten ſie die Muͤhle in einer einſamen Waldſchlucht. Von einem Berges¬ hange tief verſchattet, war in dem kuͤhlen Grunde kaum noch der Tag angebrochen, die Voͤgel erwachten eben erſt in dem ſtillen Gaͤrtchen, nur die Tauben ſchimmerten vom Dach, das ſchon von der Morgen¬ ſonne beleuchtet war. Hier vertheilte der Foͤrſter ſeine Begleiter vorſichtig an allen Ausgaͤngen, und gebot ihnen ſich ſtill zu halten, er ſelbſt aber ging eilig in die Muͤhle. Da ſahen ſie, wie ſich im Hauſe ein Dachfenſter halb und leiſe oͤffnete, ſie glaubten oben ein junges Maͤdchen zu bemerken, das bei ihrem An¬ blick ſchnell den Laden wieder zuſchlug. Was iſt denn das? — fluͤſterte Fiametta aͤngſtlich Fortunaten zu. — Ich glaube, erwiederte dieſer, der ganze Morgen iſt toll geworden und ſpiegelt unſere eigne Geſchichte naͤr¬ riſch in der Luft. — Jetzt entſtand ein Tumult im
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den Geheimnißvollen, ſich naͤher zu erklaͤren. Ich
will die alte Tante ſeyn, ſagte er nur, wenn ich euch
nicht das Fraͤulein ſchaffe, und ſollte ſie wie ein Eich¬
hoͤrnchen von Baum zu Baum ſpringen. — Die Amt¬
mannin mochte von dem Abenteuer nichts wiſſen und
blieb mit Florentinen zuruͤck, die Andern aber wander¬
ten erwartungsvoll dem Walde zu. In dem allgemei¬
nen Aufruhr konnte Fortunat durchaus keinen Augen¬
blick gewinnen, Waltern auf die Seite zu nehmen, ſo
oft er ihm auch heimlich zuwinkte.
Nach einem kurzen Gange erblickten ſie die Muͤhle
in einer einſamen Waldſchlucht. Von einem Berges¬
hange tief verſchattet, war in dem kuͤhlen Grunde
kaum noch der Tag angebrochen, die Voͤgel erwachten
eben erſt in dem ſtillen Gaͤrtchen, nur die Tauben
ſchimmerten vom Dach, das ſchon von der Morgen¬
ſonne beleuchtet war. Hier vertheilte der Foͤrſter ſeine
Begleiter vorſichtig an allen Ausgaͤngen, und gebot
ihnen ſich ſtill zu halten, er ſelbſt aber ging eilig in
die Muͤhle. Da ſahen ſie, wie ſich im Hauſe ein
Dachfenſter halb und leiſe oͤffnete, ſie glaubten oben
ein junges Maͤdchen zu bemerken, das bei ihrem An¬
blick ſchnell den Laden wieder zuſchlug. Was iſt denn
das? — fluͤſterte Fiametta aͤngſtlich Fortunaten zu. —
Ich glaube, erwiederte dieſer, der ganze Morgen iſt
toll geworden und ſpiegelt unſere eigne Geſchichte naͤr¬
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/352>, abgerufen am 22.11.2024.
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