wohnung zu, daß die Andern kaum folgen konnten, dabei sprachen sie unterwegs oft heimlich unter einan¬ der. Walter war ganz verdutzt, auch der Amtmann schüttelte bedenklich den Kopf, der Förster aber schimpfte voller Zorn. So eine schöne Dame, sagte er, und einem solchen welschen Milchbart nachzulaufen, dem die Eierschaalen noch am Schnabel hängen! Da ist keine Gerechtigkeit in dem Handel, eben so gut könnte sich der Herr Amtmann da in mich verlieben. Dann pfiff er mit großem Lärm auf dem Finger nach seinen Hunden, warf die Büchse auf den Rücken und schritt ohne Abschied in den Wald.
Unterdeß waren die Andern zu Hause angelangt, wo Fiametta sehr fröhlich den erstaunten Frauen ihre unverhofft wiedergefundene Freundin vorstellte. Walter wollte folgen, aber Fortunat faßte ihn am Arm und führte ihn rasch in den Garten hinein. Nun hilf aus der Konfusion! rief er aus, da sie allein waren, denn die gefangene Dame ist eigentlich die Kammerjungfer meines Vetters, und mein Vetter ist meine Geliebte, und meine Liebste ist die entsprungene Nichte der alten Tante. Er erzählte nun kurz den ganzen Hergang der Sache, und wie die Kammerjungfer, plötzlich so ver¬ lassen in der Fremde, heimlich ihre Spur im Gebirge verfolgt und gestern Abends -- was der Förster zufäl¬ lig erfahren haben müsse -- in der Waldmühle einge¬ kehrt sey, um erst das Terrain auszuforschen und sich
wohnung zu, daß die Andern kaum folgen konnten, dabei ſprachen ſie unterwegs oft heimlich unter einan¬ der. Walter war ganz verdutzt, auch der Amtmann ſchuͤttelte bedenklich den Kopf, der Foͤrſter aber ſchimpfte voller Zorn. So eine ſchoͤne Dame, ſagte er, und einem ſolchen welſchen Milchbart nachzulaufen, dem die Eierſchaalen noch am Schnabel haͤngen! Da iſt keine Gerechtigkeit in dem Handel, eben ſo gut koͤnnte ſich der Herr Amtmann da in mich verlieben. Dann pfiff er mit großem Laͤrm auf dem Finger nach ſeinen Hunden, warf die Buͤchſe auf den Ruͤcken und ſchritt ohne Abſchied in den Wald.
Unterdeß waren die Andern zu Hauſe angelangt, wo Fiametta ſehr froͤhlich den erſtaunten Frauen ihre unverhofft wiedergefundene Freundin vorſtellte. Walter wollte folgen, aber Fortunat faßte ihn am Arm und fuͤhrte ihn raſch in den Garten hinein. Nun hilf aus der Konfuſion! rief er aus, da ſie allein waren, denn die gefangene Dame iſt eigentlich die Kammerjungfer meines Vetters, und mein Vetter iſt meine Geliebte, und meine Liebſte iſt die entſprungene Nichte der alten Tante. Er erzaͤhlte nun kurz den ganzen Hergang der Sache, und wie die Kammerjungfer, ploͤtzlich ſo ver¬ laſſen in der Fremde, heimlich ihre Spur im Gebirge verfolgt und geſtern Abends — was der Foͤrſter zufaͤl¬ lig erfahren haben muͤſſe — in der Waldmuͤhle einge¬ kehrt ſey, um erſt das Terrain auszuforſchen und ſich
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wohnung zu, daß die Andern kaum folgen konnten,
dabei ſprachen ſie unterwegs oft heimlich unter einan¬
der. Walter war ganz verdutzt, auch der Amtmann
ſchuͤttelte bedenklich den Kopf, der Foͤrſter aber ſchimpfte
voller Zorn. So eine ſchoͤne Dame, ſagte er, und
einem ſolchen welſchen Milchbart nachzulaufen, dem
die Eierſchaalen noch am Schnabel haͤngen! Da iſt
keine Gerechtigkeit in dem Handel, eben ſo gut koͤnnte
ſich der Herr Amtmann da in mich verlieben. Dann
pfiff er mit großem Laͤrm auf dem Finger nach ſeinen
Hunden, warf die Buͤchſe auf den Ruͤcken und ſchritt
ohne Abſchied in den Wald.
Unterdeß waren die Andern zu Hauſe angelangt,
wo Fiametta ſehr froͤhlich den erſtaunten Frauen ihre
unverhofft wiedergefundene Freundin vorſtellte. Walter
wollte folgen, aber Fortunat faßte ihn am Arm und
fuͤhrte ihn raſch in den Garten hinein. Nun hilf aus
der Konfuſion! rief er aus, da ſie allein waren, denn
die gefangene Dame iſt eigentlich die Kammerjungfer
meines Vetters, und mein Vetter iſt meine Geliebte,
und meine Liebſte iſt die entſprungene Nichte der alten
Tante. Er erzaͤhlte nun kurz den ganzen Hergang der
Sache, und wie die Kammerjungfer, ploͤtzlich ſo ver¬
laſſen in der Fremde, heimlich ihre Spur im Gebirge
verfolgt und geſtern Abends — was der Foͤrſter zufaͤl¬
lig erfahren haben muͤſſe — in der Waldmuͤhle einge¬
kehrt ſey, um erſt das Terrain auszuforſchen und ſich
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/354>, abgerufen am 23.11.2024.
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