angefaßt, mußte auf ihr klägliches Geschrei alles zu Hülfe eilen, um ihre Finger wieder rein zu machen. -- Nun ließ sie das Backen ganz und gar, und zeigte Fortunaten die Wohnung, die sie ihr oben angewiesen hatten. Es war die schönste Stube im ganzen Hause, sie lag nach dem Walde zu, der durch alle Fenster hereinsah. Da ging es nun lustig an's Einpacken für morgen, die Vögel sangen draußen in den Wipfeln, Fiametta kniete in der grünen Dämmerung vor For¬ tunats Felleisen und plauderte vergnügt von den schö¬ nen Bergen, über die er kommen würde, von dem prächtigen Schloß und dem Garten der Tante, dabei packte sie heimlich allerlei Kleinigkeiten von sich unter seine Wäsche und wurde über und über roth, als er's bemerkte.
So war unter munteren Verabredungen und Vor¬ bereitungen der Tag verflossen. Walter hatte, die Müdigkeit seiner Gäste vorschützend, für den Abend jeden Besuch entfernt gehalten, die Hausgenossen selbst, nach der halbdurchwachten Nacht, waren schon früh zur Ruh gegangen. Nur Fortunat und Fiametta saßen noch vor der Hausthür und hörten zu, wie die Mädchen unten im Dorf vor dem Johannesbilde und die Heimchen von der fernen Wiese sangen. Fiametta saß zu seinen Füßen im Gras, sie hatte die Guitarre auf ihren Knieen und sah still in die mondbeschienene Gegend hinaus, er hatte sie noch nie so nachdenklich
angefaßt, mußte auf ihr klaͤgliches Geſchrei alles zu Huͤlfe eilen, um ihre Finger wieder rein zu machen. — Nun ließ ſie das Backen ganz und gar, und zeigte Fortunaten die Wohnung, die ſie ihr oben angewieſen hatten. Es war die ſchoͤnſte Stube im ganzen Hauſe, ſie lag nach dem Walde zu, der durch alle Fenſter hereinſah. Da ging es nun luſtig an's Einpacken fuͤr morgen, die Voͤgel ſangen draußen in den Wipfeln, Fiametta kniete in der gruͤnen Daͤmmerung vor For¬ tunats Felleiſen und plauderte vergnuͤgt von den ſchoͤ¬ nen Bergen, uͤber die er kommen wuͤrde, von dem praͤchtigen Schloß und dem Garten der Tante, dabei packte ſie heimlich allerlei Kleinigkeiten von ſich unter ſeine Waͤſche und wurde uͤber und uͤber roth, als er's bemerkte.
So war unter munteren Verabredungen und Vor¬ bereitungen der Tag verfloſſen. Walter hatte, die Muͤdigkeit ſeiner Gaͤſte vorſchuͤtzend, fuͤr den Abend jeden Beſuch entfernt gehalten, die Hausgenoſſen ſelbſt, nach der halbdurchwachten Nacht, waren ſchon fruͤh zur Ruh gegangen. Nur Fortunat und Fiametta ſaßen noch vor der Hausthuͤr und hoͤrten zu, wie die Maͤdchen unten im Dorf vor dem Johannesbilde und die Heimchen von der fernen Wieſe ſangen. Fiametta ſaß zu ſeinen Fuͤßen im Gras, ſie hatte die Guitarre auf ihren Knieen und ſah ſtill in die mondbeſchienene Gegend hinaus, er hatte ſie noch nie ſo nachdenklich
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angefaßt, mußte auf ihr klaͤgliches Geſchrei alles zu
Huͤlfe eilen, um ihre Finger wieder rein zu machen. —
Nun ließ ſie das Backen ganz und gar, und zeigte
Fortunaten die Wohnung, die ſie ihr oben angewieſen
hatten. Es war die ſchoͤnſte Stube im ganzen Hauſe,
ſie lag nach dem Walde zu, der durch alle Fenſter
hereinſah. Da ging es nun luſtig an's Einpacken fuͤr
morgen, die Voͤgel ſangen draußen in den Wipfeln,
Fiametta kniete in der gruͤnen Daͤmmerung vor For¬
tunats Felleiſen und plauderte vergnuͤgt von den ſchoͤ¬
nen Bergen, uͤber die er kommen wuͤrde, von dem
praͤchtigen Schloß und dem Garten der Tante, dabei
packte ſie heimlich allerlei Kleinigkeiten von ſich unter
ſeine Waͤſche und wurde uͤber und uͤber roth, als er's
bemerkte.
So war unter munteren Verabredungen und Vor¬
bereitungen der Tag verfloſſen. Walter hatte, die
Muͤdigkeit ſeiner Gaͤſte vorſchuͤtzend, fuͤr den Abend
jeden Beſuch entfernt gehalten, die Hausgenoſſen ſelbſt,
nach der halbdurchwachten Nacht, waren ſchon fruͤh
zur Ruh gegangen. Nur Fortunat und Fiametta
ſaßen noch vor der Hausthuͤr und hoͤrten zu, wie die
Maͤdchen unten im Dorf vor dem Johannesbilde und
die Heimchen von der fernen Wieſe ſangen. Fiametta
ſaß zu ſeinen Fuͤßen im Gras, ſie hatte die Guitarre
auf ihren Knieen und ſah ſtill in die mondbeſchienene
Gegend hinaus, er hatte ſie noch nie ſo nachdenklich
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/358>, abgerufen am 23.11.2024.
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