Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Entgegnung. "Sei antik doch, sei teutonisch, Lern', skandire unverdrossen, Freundchen, aber nur ironisch! Und vor allem laß die Possen, Die man sonst genannt: romantisch." -- Also hört man's ringsher schallen; Aber mich bedünkt: pedantisch Sei das Schlimmste doch von allen. Wem der Herr den Kranz gewunden, Wird nach alle dem nicht fragen, Sondern muß, wie er's befunden. Auf die eig'ne Weise sagen, Stets auf's neu' mit freud'gem Schrecken, Ist sie auch die alte blieben, Sich die schöne Welt entdecken, Ewig jung ist, was wir lieben! Oft durch des Theaters Ritzen Bricht's mit wunderbarem Lichte, Wenn der Herr in feur'gen Blitzen Dichtend schreibt die Weltgeschichte, Und das ist der Klang der Wehmuth, Der durch alle Dichter-Geister Schauernd geht, wenn sie in Demuth Ueber sich erkannt den Meister. Entgegnung. „Sei antik doch, ſei teutoniſch, Lern', ſkandire unverdroſſen, Freundchen, aber nur ironiſch! Und vor allem laß die Poſſen, Die man ſonſt genannt: romantiſch.“ — Alſo hoͤrt man's ringsher ſchallen; Aber mich beduͤnkt: pedantiſch Sei das Schlimmſte doch von allen. Wem der Herr den Kranz gewunden, Wird nach alle dem nicht fragen, Sondern muß, wie er's befunden. Auf die eig'ne Weiſe ſagen, Stets auf's neu' mit freud'gem Schrecken, Iſt ſie auch die alte blieben, Sich die ſchoͤne Welt entdecken, Ewig jung iſt, was wir lieben! Oft durch des Theaters Ritzen Bricht's mit wunderbarem Lichte, Wenn der Herr in feur'gen Blitzen Dichtend ſchreibt die Weltgeſchichte, Und das iſt der Klang der Wehmuth, Der durch alle Dichter-Geiſter Schauernd geht, wenn ſie in Demuth Ueber ſich erkannt den Meiſter. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0226" n="208"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Entgegnung</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l>„<hi rendition="#in">S</hi>ei antik doch, ſei teutoniſch,</l><lb/> <l>Lern', ſkandire unverdroſſen,</l><lb/> <l>Freundchen, aber nur ironiſch!</l><lb/> <l>Und vor allem laß die Poſſen,</l><lb/> <l>Die man ſonſt genannt: romantiſch.“ —</l><lb/> <l>Alſo hoͤrt man's ringsher ſchallen;</l><lb/> <l>Aber mich beduͤnkt: pedantiſch</l><lb/> <l>Sei das Schlimmſte doch von allen.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Wem der Herr den Kranz gewunden,</l><lb/> <l>Wird nach alle dem nicht fragen,</l><lb/> <l>Sondern muß, wie er's befunden.</l><lb/> <l>Auf die eig'ne Weiſe ſagen,</l><lb/> <l>Stets auf's neu' mit freud'gem Schrecken,</l><lb/> <l>Iſt ſie auch die alte blieben,</l><lb/> <l>Sich die ſchoͤne Welt entdecken,</l><lb/> <l>Ewig jung iſt, was wir lieben!</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Oft durch des Theaters Ritzen</l><lb/> <l>Bricht's mit wunderbarem Lichte,</l><lb/> <l>Wenn der Herr in feur'gen Blitzen</l><lb/> <l>Dichtend ſchreibt die Weltgeſchichte,</l><lb/> <l>Und das iſt der Klang der Wehmuth,</l><lb/> <l>Der durch alle Dichter-Geiſter</l><lb/> <l>Schauernd geht, wenn ſie in Demuth</l><lb/> <l>Ueber ſich erkannt den Meiſter.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [208/0226]
Entgegnung.
„Sei antik doch, ſei teutoniſch,
Lern', ſkandire unverdroſſen,
Freundchen, aber nur ironiſch!
Und vor allem laß die Poſſen,
Die man ſonſt genannt: romantiſch.“ —
Alſo hoͤrt man's ringsher ſchallen;
Aber mich beduͤnkt: pedantiſch
Sei das Schlimmſte doch von allen.
Wem der Herr den Kranz gewunden,
Wird nach alle dem nicht fragen,
Sondern muß, wie er's befunden.
Auf die eig'ne Weiſe ſagen,
Stets auf's neu' mit freud'gem Schrecken,
Iſt ſie auch die alte blieben,
Sich die ſchoͤne Welt entdecken,
Ewig jung iſt, was wir lieben!
Oft durch des Theaters Ritzen
Bricht's mit wunderbarem Lichte,
Wenn der Herr in feur'gen Blitzen
Dichtend ſchreibt die Weltgeſchichte,
Und das iſt der Klang der Wehmuth,
Der durch alle Dichter-Geiſter
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