Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Nachtlied. Vergangen ist der lichte Tag, Von ferne kommt der Glocken Schlag; So reis't die Zeit die ganze Nacht, Nimmt manchen mit, der's nicht gedacht. Wo ist nun hin die bunte Lust, Des Freundes Trost und treue Brust, Des Weibes süßer Augenschein? Will keiner mit mir munter sein? Da's nun so stille auf der Welt, Zieh'n Wolken einsam über's Feld, Und Feld und Baum besprechen sich, -- O Menschenkind! was schauert Dich? Wie weit die falsche Welt auch sei, Bleibt mir doch Einer nur getreu, Der mit mir weint, der mit mir wacht, Wenn ich nur recht an ihn gedacht. Frisch auf denn, liebe Nachtigall, Du Wasserfall mit hellem Schall! Gott loben wollen wir vereint, Bis daß der lichte Morgen scheint! Nachtlied. Vergangen iſt der lichte Tag, Von ferne kommt der Glocken Schlag; So reiſ't die Zeit die ganze Nacht, Nimmt manchen mit, der's nicht gedacht. Wo iſt nun hin die bunte Luſt, Des Freundes Troſt und treue Bruſt, Des Weibes ſuͤßer Augenſchein? Will keiner mit mir munter ſein? Da's nun ſo ſtille auf der Welt, Zieh'n Wolken einſam uͤber's Feld, Und Feld und Baum beſprechen ſich, — O Menſchenkind! was ſchauert Dich? Wie weit die falſche Welt auch ſei, Bleibt mir doch Einer nur getreu, Der mit mir weint, der mit mir wacht, Wenn ich nur recht an ihn gedacht. Friſch auf denn, liebe Nachtigall, Du Waſſerfall mit hellem Schall! Gott loben wollen wir vereint, Bis daß der lichte Morgen ſcheint! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0411" n="393"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Nachtlied</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">V</hi>ergangen iſt der lichte Tag,</l><lb/> <l>Von ferne kommt der Glocken Schlag;</l><lb/> <l>So reiſ't die Zeit die ganze Nacht,</l><lb/> <l>Nimmt manchen mit, der's nicht gedacht.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Wo iſt nun hin die bunte Luſt,</l><lb/> <l>Des Freundes Troſt und treue Bruſt,</l><lb/> <l>Des Weibes ſuͤßer Augenſchein?</l><lb/> <l>Will keiner mit mir munter ſein?</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Da's nun ſo ſtille auf der Welt,</l><lb/> <l>Zieh'n Wolken einſam uͤber's Feld,</l><lb/> <l>Und Feld und Baum beſprechen ſich, —</l><lb/> <l>O Menſchenkind! was ſchauert Dich?</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Wie weit die falſche Welt auch ſei,</l><lb/> <l>Bleibt mir doch Einer nur getreu,</l><lb/> <l>Der mit mir weint, der mit mir wacht,</l><lb/> <l>Wenn ich nur recht an ihn gedacht.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Friſch auf denn, liebe Nachtigall,</l><lb/> <l>Du Waſſerfall mit hellem Schall!</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Gott</hi> loben wollen wir vereint,</l><lb/> <l>Bis daß der lichte Morgen ſcheint!</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [393/0411]
Nachtlied.
Vergangen iſt der lichte Tag,
Von ferne kommt der Glocken Schlag;
So reiſ't die Zeit die ganze Nacht,
Nimmt manchen mit, der's nicht gedacht.
Wo iſt nun hin die bunte Luſt,
Des Freundes Troſt und treue Bruſt,
Des Weibes ſuͤßer Augenſchein?
Will keiner mit mir munter ſein?
Da's nun ſo ſtille auf der Welt,
Zieh'n Wolken einſam uͤber's Feld,
Und Feld und Baum beſprechen ſich, —
O Menſchenkind! was ſchauert Dich?
Wie weit die falſche Welt auch ſei,
Bleibt mir doch Einer nur getreu,
Der mit mir weint, der mit mir wacht,
Wenn ich nur recht an ihn gedacht.
Friſch auf denn, liebe Nachtigall,
Du Waſſerfall mit hellem Schall!
Gott loben wollen wir vereint,
Bis daß der lichte Morgen ſcheint!
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