Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Der Schnee. Wann der kalte Schnee zergangen, Stehst Du draußen in der Thür, Kommt ein Knabe schön gegangen, Stellt sich freundlich da zu Dir, Lobet Deine frischen Wangen, Dunkle Locken, Augen licht, Wann der kalte Schnee zergangen Glaub dem falschen Herzen nicht! Wann die lauen Lüfte wehen, Scheint die Sonne lieblich warm: Wirst Du wohl spazieren gehen, Und er führet Dich am Arm, Thränen Dir im Auge stehen, Denn so schön klingt, was er spricht, Wann die lauen Lüfte wehen, Glaub' dem falschen Herzen nicht! Wann die Lerchen wieder schwirren, Trittst Du draußen vor das Haus, Doch er mag nicht mit Dir irren, Zog weit in das Land hinaus; Die Gedanken sich verwirren, Wie Du siehst den Morgen roth, -- Wann die Lerchen wieder schwirren, Armes Kind, ach wärst Du todt! Der Schnee. Wann der kalte Schnee zergangen, Stehſt Du draußen in der Thuͤr, Kommt ein Knabe ſchoͤn gegangen, Stellt ſich freundlich da zu Dir, Lobet Deine friſchen Wangen, Dunkle Locken, Augen licht, Wann der kalte Schnee zergangen Glaub dem falſchen Herzen nicht! Wann die lauen Luͤfte wehen, Scheint die Sonne lieblich warm: Wirſt Du wohl ſpazieren gehen, Und er fuͤhret Dich am Arm, Thraͤnen Dir im Auge ſtehen, Denn ſo ſchoͤn klingt, was er ſpricht, Wann die lauen Luͤfte wehen, Glaub' dem falſchen Herzen nicht! Wann die Lerchen wieder ſchwirren, Trittſt Du draußen vor das Haus, Doch er mag nicht mit Dir irren, Zog weit in das Land hinaus; Die Gedanken ſich verwirren, Wie Du ſiehst den Morgen roth, — Wann die Lerchen wieder ſchwirren, Armes Kind, ach waͤrſt Du todt! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0447" n="429"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Der Schnee</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">W</hi>ann der kalte Schnee zergangen,</l><lb/> <l>Stehſt Du draußen in der Thuͤr,</l><lb/> <l>Kommt ein Knabe ſchoͤn gegangen,</l><lb/> <l>Stellt ſich freundlich da zu Dir,</l><lb/> <l>Lobet Deine friſchen Wangen,</l><lb/> <l>Dunkle Locken, Augen licht,</l><lb/> <l>Wann der kalte Schnee zergangen</l><lb/> <l>Glaub dem falſchen Herzen nicht!</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Wann die lauen Luͤfte wehen,</l><lb/> <l>Scheint die Sonne lieblich warm:</l><lb/> <l>Wirſt Du wohl ſpazieren gehen,</l><lb/> <l>Und er fuͤhret Dich am Arm,</l><lb/> <l>Thraͤnen Dir im Auge ſtehen,</l><lb/> <l>Denn ſo ſchoͤn klingt, was er ſpricht,</l><lb/> <l>Wann die lauen Luͤfte wehen,</l><lb/> <l>Glaub' dem falſchen Herzen nicht!</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Wann die Lerchen wieder ſchwirren,</l><lb/> <l>Trittſt Du draußen vor das Haus,</l><lb/> <l>Doch er mag nicht mit Dir irren,</l><lb/> <l>Zog weit in das Land hinaus;</l><lb/> <l>Die Gedanken ſich verwirren,</l><lb/> <l>Wie Du ſiehst den Morgen roth, —</l><lb/> <l>Wann die Lerchen wieder ſchwirren,</l><lb/> <l>Armes Kind, ach waͤrſt Du todt!</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [429/0447]
Der Schnee.
Wann der kalte Schnee zergangen,
Stehſt Du draußen in der Thuͤr,
Kommt ein Knabe ſchoͤn gegangen,
Stellt ſich freundlich da zu Dir,
Lobet Deine friſchen Wangen,
Dunkle Locken, Augen licht,
Wann der kalte Schnee zergangen
Glaub dem falſchen Herzen nicht!
Wann die lauen Luͤfte wehen,
Scheint die Sonne lieblich warm:
Wirſt Du wohl ſpazieren gehen,
Und er fuͤhret Dich am Arm,
Thraͤnen Dir im Auge ſtehen,
Denn ſo ſchoͤn klingt, was er ſpricht,
Wann die lauen Luͤfte wehen,
Glaub' dem falſchen Herzen nicht!
Wann die Lerchen wieder ſchwirren,
Trittſt Du draußen vor das Haus,
Doch er mag nicht mit Dir irren,
Zog weit in das Land hinaus;
Die Gedanken ſich verwirren,
Wie Du ſiehst den Morgen roth, —
Wann die Lerchen wieder ſchwirren,
Armes Kind, ach waͤrſt Du todt!
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