Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Letzte Heimkehr.
Der Wintermorgen glänzt so klar,
Ein Wandrer kommt von ferne,
Ihn schüttelt Frost, es starrt sein Haar,
Ihm log die schöne Ferne,
Nun endlich will er rasten hier,
Er klopft an seines Vaters Thür.
Doch todt sind, die sonst aufgethan,
Verwandelt Hof und Habe,
Und fremde Leute seh'n ihn an
Als käm' er aus dem Grabe;
Ihn schauert tief im Herzensgrund,
Ins Feld eilt er zur selben Stund.
Da sang kein Vöglein weit und breit,
Er lehnt' an einem Baume,
Der schöne Garten lag verschneit,
Es war ihm wie im Traume,
Und wie die Morgenglocke klingt,
Im stillen Feld er niedersinkt.
Und als er aufsteht vom Gebet,
Nicht weiß, wohin sich wenden,
Ein schöner Jüngling bei ihm steht,
Faßt mild ihn bei den Händen:
"Komm' mit, sollst ruhn nach kurzem Gang." --
Er folgt, ihn rührt der Stimme Klang.
Letzte Heimkehr.
Der Wintermorgen glaͤnzt ſo klar,
Ein Wandrer kommt von ferne,
Ihn ſchuͤttelt Froſt, es ſtarrt ſein Haar,
Ihm log die ſchoͤne Ferne,
Nun endlich will er raſten hier,
Er klopft an ſeines Vaters Thuͤr.
Doch todt ſind, die ſonſt aufgethan,
Verwandelt Hof und Habe,
Und fremde Leute ſeh'n ihn an
Als kaͤm' er aus dem Grabe;
Ihn ſchauert tief im Herzensgrund,
Ins Feld eilt er zur ſelben Stund.
Da ſang kein Voͤglein weit und breit,
Er lehnt' an einem Baume,
Der ſchoͤne Garten lag verſchneit,
Es war ihm wie im Traume,
Und wie die Morgenglocke klingt,
Im ſtillen Feld er niederſinkt.
Und als er aufſteht vom Gebet,
Nicht weiß, wohin ſich wenden,
Ein ſchoͤner Juͤngling bei ihm ſteht,
Faßt mild ihn bei den Haͤnden:
„Komm' mit, ſollſt ruhn nach kurzem Gang.“ —
Er folgt, ihn ruͤhrt der Stimme Klang.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0075" n="57"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">Letzte Heimkehr</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>er Wintermorgen gla&#x0364;nzt &#x017F;o klar,</l><lb/>
              <l>Ein Wandrer kommt von ferne,</l><lb/>
              <l>Ihn &#x017F;chu&#x0364;ttelt Fro&#x017F;t, es &#x017F;tarrt &#x017F;ein Haar,</l><lb/>
              <l>Ihm log die &#x017F;cho&#x0364;ne Ferne,</l><lb/>
              <l>Nun endlich will er ra&#x017F;ten hier,</l><lb/>
              <l>Er klopft an &#x017F;eines Vaters Thu&#x0364;r.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l rendition="#et">Doch todt &#x017F;ind, die &#x017F;on&#x017F;t aufgethan,</l><lb/>
              <l>Verwandelt Hof und Habe,</l><lb/>
              <l>Und fremde Leute &#x017F;eh'n ihn an</l><lb/>
              <l>Als ka&#x0364;m' er aus dem Grabe;</l><lb/>
              <l>Ihn &#x017F;chauert tief im Herzensgrund,</l><lb/>
              <l>Ins Feld eilt er zur &#x017F;elben Stund.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l rendition="#et">Da &#x017F;ang kein Vo&#x0364;glein weit und breit,</l><lb/>
              <l>Er lehnt' an einem Baume,</l><lb/>
              <l>Der &#x017F;cho&#x0364;ne Garten lag ver&#x017F;chneit,</l><lb/>
              <l>Es war ihm wie im Traume,</l><lb/>
              <l>Und wie die Morgenglocke klingt,</l><lb/>
              <l>Im &#x017F;tillen Feld er nieder&#x017F;inkt.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l rendition="#et">Und als er auf&#x017F;teht vom Gebet,</l><lb/>
              <l>Nicht weiß, wohin &#x017F;ich wenden,</l><lb/>
              <l>Ein &#x017F;cho&#x0364;ner Ju&#x0364;ngling bei ihm &#x017F;teht,</l><lb/>
              <l>Faßt mild ihn bei den Ha&#x0364;nden:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Komm' mit, &#x017F;oll&#x017F;t ruhn nach kurzem Gang.&#x201C; &#x2014;</l><lb/>
              <l>Er folgt, ihn ru&#x0364;hrt der Stimme Klang.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0075] Letzte Heimkehr. Der Wintermorgen glaͤnzt ſo klar, Ein Wandrer kommt von ferne, Ihn ſchuͤttelt Froſt, es ſtarrt ſein Haar, Ihm log die ſchoͤne Ferne, Nun endlich will er raſten hier, Er klopft an ſeines Vaters Thuͤr. Doch todt ſind, die ſonſt aufgethan, Verwandelt Hof und Habe, Und fremde Leute ſeh'n ihn an Als kaͤm' er aus dem Grabe; Ihn ſchauert tief im Herzensgrund, Ins Feld eilt er zur ſelben Stund. Da ſang kein Voͤglein weit und breit, Er lehnt' an einem Baume, Der ſchoͤne Garten lag verſchneit, Es war ihm wie im Traume, Und wie die Morgenglocke klingt, Im ſtillen Feld er niederſinkt. Und als er aufſteht vom Gebet, Nicht weiß, wohin ſich wenden, Ein ſchoͤner Juͤngling bei ihm ſteht, Faßt mild ihn bei den Haͤnden: „Komm' mit, ſollſt ruhn nach kurzem Gang.“ — Er folgt, ihn ruͤhrt der Stimme Klang.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/75
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/75>, abgerufen am 25.11.2024.