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Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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große, weitherausstehende Augen, eine lederne Kappe auf dem zerzaus'ten Kopf, einen Strick um den Leib und lauter Bart, wie ein Eremit.

Als er mit der Lampe fertig war, reckte er sich zufrieden, daß ihm alle Glieder knackten. Ach, sagte er, solche Motion thut noth, wenn man so den ganzen Tag über den Büchern hockt. -- Der Bursch sah sich überall um, aber es war kein Buch zu sehen. -- Drauf wandte der Student sich zu ihm: Aber Fuchs, bist du denn des Teufels, sagte er, gleich zwischen Spießen und Stangen hier mit der Thür ins Haus zu brechen! -- Zerbrochen? entgegnete der Bursch, erschrocken nach seinem Schubsack greifend, nein, da ist die ganze Bescherung.

Mit diesen Worten brachte er Flasche und Torte aus den Taschen hervor. Als der Student das sah, fragte er nicht weiter nach dem Herkommen, sondern verbiß sich, obgleich es fast über Mitternacht war, sogleich mit so erstaunlichem Appetit in die Felsentorte, daß ihm die Trümmer über den Bart herabkollerten. Wie heißt du denn? fragte er dazwischen. -- Der Bursch, ohne sich lange zu bedenken, erwiderte: Klarinett. -- Hm, ein guter Klang, meinte der Student. Dann griff er nach dem Wein, und da kein Glas da war, trank er ihm aus der Flasche zu: Daß dich der Donner erschlag', Klarinett, wenn du nicht ein ordentlicher Kerl wirst! Ueberhaupt, fuhr er sich den Bart wischend fort, wenn du studiren willst, da mußt du

große, weitherausstehende Augen, eine lederne Kappe auf dem zerzaus'ten Kopf, einen Strick um den Leib und lauter Bart, wie ein Eremit.

Als er mit der Lampe fertig war, reckte er sich zufrieden, daß ihm alle Glieder knackten. Ach, sagte er, solche Motion thut noth, wenn man so den ganzen Tag über den Büchern hockt. — Der Bursch sah sich überall um, aber es war kein Buch zu sehen. — Drauf wandte der Student sich zu ihm: Aber Fuchs, bist du denn des Teufels, sagte er, gleich zwischen Spießen und Stangen hier mit der Thür ins Haus zu brechen! — Zerbrochen? entgegnete der Bursch, erschrocken nach seinem Schubsack greifend, nein, da ist die ganze Bescherung.

Mit diesen Worten brachte er Flasche und Torte aus den Taschen hervor. Als der Student das sah, fragte er nicht weiter nach dem Herkommen, sondern verbiß sich, obgleich es fast über Mitternacht war, sogleich mit so erstaunlichem Appetit in die Felsentorte, daß ihm die Trümmer über den Bart herabkollerten. Wie heißt du denn? fragte er dazwischen. — Der Bursch, ohne sich lange zu bedenken, erwiderte: Klarinett. — Hm, ein guter Klang, meinte der Student. Dann griff er nach dem Wein, und da kein Glas da war, trank er ihm aus der Flasche zu: Daß dich der Donner erschlag', Klarinett, wenn du nicht ein ordentlicher Kerl wirst! Ueberhaupt, fuhr er sich den Bart wischend fort, wenn du studiren willst, da mußt du

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T14:27:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T14:27:42Z)

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/15>, abgerufen am 21.11.2024.