Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.siebte im Mondschein den Hafer für seine Pferde, gähnte laut und sang: Wann der Hahn kräht auf dem Dache, Putzt der Mond die Lampe aus, Und die Stern' ziehn von der Wache, Gott behüte Land und Haus! Darauf ging der Knecht an den Brunnen im Hofe, plumpte Wasser in den Eimer und kämmte und wusch sich umständlich mit vielem Gegurgel und Geräusch, zu großem Aerger des Suppius, der gerne gesprochen hätte. Endlich kehrte er in den Stall zurück, auch die Schnapphähne ließen sich nicht wieder blicken, und da nun Alles still blieb, sagte Suppius ernst zu Klarinett gewendet: Hör, junger Gesell, es ist ein löblicher Brauch, Verirrte auf den rechten Weg zu weisen. Du redetest vorhin ziemlich geläufig eine gewisse Sprache -- Ex ungue leonem -- Also glaube ich -- Was denn? unterbrach ihn Klarinett etwas betroffen; unter den Römern gab's Schnapphähne genug, und Ihr redet doch auch lateinisch. Aber Suppius, den der Tiefsinn der Nacht angeweht, ließ sich nicht aus seiner feierlichen Verfassung bringen. Er hatte sich in das Wagenfenster gelehnt, den Kopf in die rechte Hand gestützt, die Sterne funkelten durch den Lindenbaum vor dem Hause, von den Bergen rauschte der Wald über die Dächer herein. Da nimm dir ein Exempel dran, fuhr er fort, Wälder und Berge stehn Nachts in siebte im Mondschein den Hafer für seine Pferde, gähnte laut und sang: Wann der Hahn kräht auf dem Dache, Putzt der Mond die Lampe aus, Und die Stern' ziehn von der Wache, Gott behüte Land und Haus! Darauf ging der Knecht an den Brunnen im Hofe, plumpte Wasser in den Eimer und kämmte und wusch sich umständlich mit vielem Gegurgel und Geräusch, zu großem Aerger des Suppius, der gerne gesprochen hätte. Endlich kehrte er in den Stall zurück, auch die Schnapphähne ließen sich nicht wieder blicken, und da nun Alles still blieb, sagte Suppius ernst zu Klarinett gewendet: Hör, junger Gesell, es ist ein löblicher Brauch, Verirrte auf den rechten Weg zu weisen. Du redetest vorhin ziemlich geläufig eine gewisse Sprache — Ex ungue leonem — Also glaube ich — Was denn? unterbrach ihn Klarinett etwas betroffen; unter den Römern gab's Schnapphähne genug, und Ihr redet doch auch lateinisch. Aber Suppius, den der Tiefsinn der Nacht angeweht, ließ sich nicht aus seiner feierlichen Verfassung bringen. Er hatte sich in das Wagenfenster gelehnt, den Kopf in die rechte Hand gestützt, die Sterne funkelten durch den Lindenbaum vor dem Hause, von den Bergen rauschte der Wald über die Dächer herein. Da nimm dir ein Exempel dran, fuhr er fort, Wälder und Berge stehn Nachts in <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0033"/> siebte im Mondschein den Hafer für seine Pferde, gähnte laut und sang:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Wann der Hahn kräht auf dem Dache,</l><lb/> <l>Putzt der Mond die Lampe aus,</l><lb/> <l>Und die Stern' ziehn von der Wache,</l><lb/> <l>Gott behüte Land und Haus!</l><lb/> </lg> <p>Darauf ging der Knecht an den Brunnen im Hofe, plumpte Wasser in den Eimer und kämmte und wusch sich umständlich mit vielem Gegurgel und Geräusch, zu großem Aerger des Suppius, der gerne gesprochen hätte. Endlich kehrte er in den Stall zurück, auch die Schnapphähne ließen sich nicht wieder blicken, und da nun Alles still blieb, sagte Suppius ernst zu Klarinett gewendet: Hör, junger Gesell, es ist ein löblicher Brauch, Verirrte auf den rechten Weg zu weisen. Du redetest vorhin ziemlich geläufig eine gewisse Sprache — Ex ungue leonem — Also glaube ich —</p><lb/> <p>Was denn? unterbrach ihn Klarinett etwas betroffen; unter den Römern gab's Schnapphähne genug, und Ihr redet doch auch lateinisch. Aber Suppius, den der Tiefsinn der Nacht angeweht, ließ sich nicht aus seiner feierlichen Verfassung bringen. Er hatte sich in das Wagenfenster gelehnt, den Kopf in die rechte Hand gestützt, die Sterne funkelten durch den Lindenbaum vor dem Hause, von den Bergen rauschte der Wald über die Dächer herein. Da nimm dir ein Exempel dran, fuhr er fort, Wälder und Berge stehn Nachts in<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0033]
siebte im Mondschein den Hafer für seine Pferde, gähnte laut und sang:
Wann der Hahn kräht auf dem Dache,
Putzt der Mond die Lampe aus,
Und die Stern' ziehn von der Wache,
Gott behüte Land und Haus!
Darauf ging der Knecht an den Brunnen im Hofe, plumpte Wasser in den Eimer und kämmte und wusch sich umständlich mit vielem Gegurgel und Geräusch, zu großem Aerger des Suppius, der gerne gesprochen hätte. Endlich kehrte er in den Stall zurück, auch die Schnapphähne ließen sich nicht wieder blicken, und da nun Alles still blieb, sagte Suppius ernst zu Klarinett gewendet: Hör, junger Gesell, es ist ein löblicher Brauch, Verirrte auf den rechten Weg zu weisen. Du redetest vorhin ziemlich geläufig eine gewisse Sprache — Ex ungue leonem — Also glaube ich —
Was denn? unterbrach ihn Klarinett etwas betroffen; unter den Römern gab's Schnapphähne genug, und Ihr redet doch auch lateinisch. Aber Suppius, den der Tiefsinn der Nacht angeweht, ließ sich nicht aus seiner feierlichen Verfassung bringen. Er hatte sich in das Wagenfenster gelehnt, den Kopf in die rechte Hand gestützt, die Sterne funkelten durch den Lindenbaum vor dem Hause, von den Bergen rauschte der Wald über die Dächer herein. Da nimm dir ein Exempel dran, fuhr er fort, Wälder und Berge stehn Nachts in
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/33 |
Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/33>, abgerufen am 16.07.2024. |