Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Kornfeldern, Landsknechte ziehn nach dem Walde zu, wie schön sie singen! -- Da ist der Siglhupfer dabei! sagte das Mädchen freudig. -- Der Vater blickte rasch nach ihr herüber, man wußt' niemals recht, ob er lächelte oder heimlich schnappen und beißen wollte, so scharf blitzten manchmal seine Zähne unter dem langen, gewichsten Schnurrbart hervor. Rauch und Wind! sagte er, wer weiß, wo der Siglhupfer schon zerhauen im Graben liegt.-- Das Mädchen aber lachte: Ihr sprecht immer so barsch, er denkt doch an mich, er ist ein Soldat von Fortüne und kommt wohl wieder, eh wir's denken, als Offizier zu Pferde mit hohen Federn aus dem Hut. Währenddeß hatte sie ein Stück von einem zerschlagenen Spiegel vor sich an den Baum gelehnt, setzte sich davor ins Gras und flocht ihr langes, schwarzes Haar auf zigeunerisch in zierliche Zöpfchen, dabei biß sie von Zeit zu Zeit in eine Wecke und streute einzelne Krümchen über den Rasen für die Vögel, die ihr neugierig aus dem Laube zusahen. Der Vater und Seppi aber zäumten und packten schon das Saumroß, unverdrossen bald einen König-- bald einen Judenbart zurückschiebend, die in schmählicher Gleichheit durcheinander geworfen aus dem löcherigen Puppensack herausdrängten. Dann hauchte der Vater ein paarmal auf ein großes, schwarzes Pflaster, das er über das linke Auge und die Backe legte, damit er martialischer aussäh' und die Leute sich vor ihm fürchteten. Und als end- Kornfeldern, Landsknechte ziehn nach dem Walde zu, wie schön sie singen! — Da ist der Siglhupfer dabei! sagte das Mädchen freudig. — Der Vater blickte rasch nach ihr herüber, man wußt' niemals recht, ob er lächelte oder heimlich schnappen und beißen wollte, so scharf blitzten manchmal seine Zähne unter dem langen, gewichsten Schnurrbart hervor. Rauch und Wind! sagte er, wer weiß, wo der Siglhupfer schon zerhauen im Graben liegt.— Das Mädchen aber lachte: Ihr sprecht immer so barsch, er denkt doch an mich, er ist ein Soldat von Fortüne und kommt wohl wieder, eh wir's denken, als Offizier zu Pferde mit hohen Federn aus dem Hut. Währenddeß hatte sie ein Stück von einem zerschlagenen Spiegel vor sich an den Baum gelehnt, setzte sich davor ins Gras und flocht ihr langes, schwarzes Haar auf zigeunerisch in zierliche Zöpfchen, dabei biß sie von Zeit zu Zeit in eine Wecke und streute einzelne Krümchen über den Rasen für die Vögel, die ihr neugierig aus dem Laube zusahen. Der Vater und Seppi aber zäumten und packten schon das Saumroß, unverdrossen bald einen König— bald einen Judenbart zurückschiebend, die in schmählicher Gleichheit durcheinander geworfen aus dem löcherigen Puppensack herausdrängten. Dann hauchte der Vater ein paarmal auf ein großes, schwarzes Pflaster, das er über das linke Auge und die Backe legte, damit er martialischer aussäh' und die Leute sich vor ihm fürchteten. Und als end- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0038"/> Kornfeldern, Landsknechte ziehn nach dem Walde zu, wie schön sie singen! — Da ist der Siglhupfer dabei! sagte das Mädchen freudig. — Der Vater blickte rasch nach ihr herüber, man wußt' niemals recht, ob er lächelte oder heimlich schnappen und beißen wollte, so scharf blitzten manchmal seine Zähne unter dem langen, gewichsten Schnurrbart hervor. Rauch und Wind! sagte er, wer weiß, wo der Siglhupfer schon zerhauen im Graben liegt.— Das Mädchen aber lachte: Ihr sprecht immer so barsch, er denkt doch an mich, er ist ein Soldat von Fortüne und kommt wohl wieder, eh wir's denken, als Offizier zu Pferde mit hohen Federn aus dem Hut.</p><lb/> <p>Währenddeß hatte sie ein Stück von einem zerschlagenen Spiegel vor sich an den Baum gelehnt, setzte sich davor ins Gras und flocht ihr langes, schwarzes Haar auf zigeunerisch in zierliche Zöpfchen, dabei biß sie von Zeit zu Zeit in eine Wecke und streute einzelne Krümchen über den Rasen für die Vögel, die ihr neugierig aus dem Laube zusahen. Der Vater und Seppi aber zäumten und packten schon das Saumroß, unverdrossen bald einen König— bald einen Judenbart zurückschiebend, die in schmählicher Gleichheit durcheinander geworfen aus dem löcherigen Puppensack herausdrängten. Dann hauchte der Vater ein paarmal auf ein großes, schwarzes Pflaster, das er über das linke Auge und die Backe legte, damit er martialischer aussäh' und die Leute sich vor ihm fürchteten. Und als end-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0038]
Kornfeldern, Landsknechte ziehn nach dem Walde zu, wie schön sie singen! — Da ist der Siglhupfer dabei! sagte das Mädchen freudig. — Der Vater blickte rasch nach ihr herüber, man wußt' niemals recht, ob er lächelte oder heimlich schnappen und beißen wollte, so scharf blitzten manchmal seine Zähne unter dem langen, gewichsten Schnurrbart hervor. Rauch und Wind! sagte er, wer weiß, wo der Siglhupfer schon zerhauen im Graben liegt.— Das Mädchen aber lachte: Ihr sprecht immer so barsch, er denkt doch an mich, er ist ein Soldat von Fortüne und kommt wohl wieder, eh wir's denken, als Offizier zu Pferde mit hohen Federn aus dem Hut.
Währenddeß hatte sie ein Stück von einem zerschlagenen Spiegel vor sich an den Baum gelehnt, setzte sich davor ins Gras und flocht ihr langes, schwarzes Haar auf zigeunerisch in zierliche Zöpfchen, dabei biß sie von Zeit zu Zeit in eine Wecke und streute einzelne Krümchen über den Rasen für die Vögel, die ihr neugierig aus dem Laube zusahen. Der Vater und Seppi aber zäumten und packten schon das Saumroß, unverdrossen bald einen König— bald einen Judenbart zurückschiebend, die in schmählicher Gleichheit durcheinander geworfen aus dem löcherigen Puppensack herausdrängten. Dann hauchte der Vater ein paarmal auf ein großes, schwarzes Pflaster, das er über das linke Auge und die Backe legte, damit er martialischer aussäh' und die Leute sich vor ihm fürchteten. Und als end-
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Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/38>, abgerufen am 16.07.2024. |