Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.sagte ich, "bin ich nicht mit ihnen Tag und Nacht ſagte ich, „bin ich nicht mit ihnen Tag und Nacht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0100" n="90"/> ſagte ich, „bin ich nicht mit ihnen Tag und Nacht<lb/> fortgereißt, zu Pferde und zu Fuß und zu Wagen, daß<lb/> mir der Wind am Hute pfiff, und hab' ſie alle beide<lb/> in der Schenke verlohren, und bin dann allein in ih¬<lb/> rem Wagen mit Extrapoſt immer weiter gefahren, daß<lb/> der Bombenwagen immerfort auf zwei Raͤdern uͤber<lb/> die entſetzlichen Steine flog, und“ — „Oho! Oho!“<lb/> unterbrach mich der Maler, und ſah mich ſtarr an, als<lb/> wenn er mich fuͤr verruͤckt hielte. Dann aber brach er<lb/> ploͤtzlich in ein lautes Gelaͤchter aus. „Ach,“ rief er,<lb/> „nun verſteh' ich erſt, Du biſt mit zwei Malern ge¬<lb/> reißt, die Guido und Leonhard hießen?“ — Da ich das<lb/> bejahte, ſprang er raſch auf und ſah mich nochmals von<lb/> oben bis unten ganz genau an. „Ich glaube gar,“<lb/> ſagte er, „am Ende — ſpielſt Du die Violine?“ —<lb/> Ich ſchlug auf meine Rocktaſche, daß die Geige darin<lb/> einen Klang gab. — „Nun wahrhaftig,“ verſetzte der<lb/> Maler, „da war eine Graͤfin aus Deutſchland hier,<lb/> die hat ſich in allen Winkeln von Rom nach den bei¬<lb/> den Malern und nach einem jungen Muſikanten mit<lb/> der Geige erkundigen laſſen.“ — „Eine junge Graͤfin<lb/> aus Deutſchland?“ rief ich voller Entzuͤcken aus, „iſt<lb/> der Portier mit?“ — „Ja das weiß ich alles nicht,“<lb/> erwiederte der Maler, „ich ſah ſie nur einigemal bei<lb/> einer Freundin von ihr, die aber auch nicht in der<lb/> Stadt wohnt. — Kennſt Du die?“ fuhr er fort, in¬<lb/> dem er in einem Winkel ploͤtzlich eine Leinwanddecke<lb/> von einem großen Bilde in die Hoͤhe hob. Da war<lb/> mir's doch nicht anders, als wenn man in einer fin¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0100]
ſagte ich, „bin ich nicht mit ihnen Tag und Nacht
fortgereißt, zu Pferde und zu Fuß und zu Wagen, daß
mir der Wind am Hute pfiff, und hab' ſie alle beide
in der Schenke verlohren, und bin dann allein in ih¬
rem Wagen mit Extrapoſt immer weiter gefahren, daß
der Bombenwagen immerfort auf zwei Raͤdern uͤber
die entſetzlichen Steine flog, und“ — „Oho! Oho!“
unterbrach mich der Maler, und ſah mich ſtarr an, als
wenn er mich fuͤr verruͤckt hielte. Dann aber brach er
ploͤtzlich in ein lautes Gelaͤchter aus. „Ach,“ rief er,
„nun verſteh' ich erſt, Du biſt mit zwei Malern ge¬
reißt, die Guido und Leonhard hießen?“ — Da ich das
bejahte, ſprang er raſch auf und ſah mich nochmals von
oben bis unten ganz genau an. „Ich glaube gar,“
ſagte er, „am Ende — ſpielſt Du die Violine?“ —
Ich ſchlug auf meine Rocktaſche, daß die Geige darin
einen Klang gab. — „Nun wahrhaftig,“ verſetzte der
Maler, „da war eine Graͤfin aus Deutſchland hier,
die hat ſich in allen Winkeln von Rom nach den bei¬
den Malern und nach einem jungen Muſikanten mit
der Geige erkundigen laſſen.“ — „Eine junge Graͤfin
aus Deutſchland?“ rief ich voller Entzuͤcken aus, „iſt
der Portier mit?“ — „Ja das weiß ich alles nicht,“
erwiederte der Maler, „ich ſah ſie nur einigemal bei
einer Freundin von ihr, die aber auch nicht in der
Stadt wohnt. — Kennſt Du die?“ fuhr er fort, in¬
dem er in einem Winkel ploͤtzlich eine Leinwanddecke
von einem großen Bilde in die Hoͤhe hob. Da war
mir's doch nicht anders, als wenn man in einer fin¬
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