Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.An die Freunde. Der Jugend Glanz, der Sehnsucht irre Weisen, Die tausend Ströme durch das duft'ge Land, Es zieht uns All' zu seinen Zauberkreisen. -- Wem Gottesdienst in tiefster Brust entbrannt, Der sieht mit Wehmuth ein unendlich Reisen Zu ferner Heimath, die er fromm erkannt; Und was sich spielend wob als ird'sche Blume, Wölbt still den Kelch zum ernsten Heiligthume. So schauet denn das buntbewegte Leben Ringsum von meines Gartens heitrer Zinn', Daß hoch die Bilder, die noch dämmernd schweben -- Wo Morgenglanz geblendet meinen Sinn -- An Eurem Blick erwachsen und sich heben. Verwüstend rauscht die Zeit darüber hin; In Euren treuen Herzen neu geboren Sind sie im wilden Strome unverloren. An die Freunde. Der Jugend Glanz, der Sehnſucht irre Weiſen, Die tauſend Stroͤme durch das duft'ge Land, Es zieht uns All' zu ſeinen Zauberkreiſen. — Wem Gottesdienſt in tiefſter Bruſt entbrannt, Der ſieht mit Wehmuth ein unendlich Reiſen Zu ferner Heimath, die er fromm erkannt; Und was ſich ſpielend wob als ird'ſche Blume, Woͤlbt ſtill den Kelch zum ernſten Heiligthume. So ſchauet denn das buntbewegte Leben Ringsum von meines Gartens heitrer Zinn', Daß hoch die Bilder, die noch daͤmmernd ſchweben — Wo Morgenglanz geblendet meinen Sinn — An Eurem Blick erwachſen und ſich heben. Verwuͤſtend rauſcht die Zeit daruͤber hin; In Euren treuen Herzen neu geboren Sind ſie im wilden Strome unverloren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0211"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">An die Freunde</hi>.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>er Jugend Glanz, der Sehnſucht irre Weiſen,</l><lb/> <l>Die tauſend Stroͤme durch das duft'ge Land,</l><lb/> <l>Es zieht uns All' zu ſeinen Zauberkreiſen. —</l><lb/> <l>Wem Gottesdienſt in tiefſter Bruſt entbrannt,</l><lb/> <l>Der ſieht mit Wehmuth ein unendlich Reiſen</l><lb/> <l>Zu ferner Heimath, die er fromm erkannt;</l><lb/> <l>Und was ſich <hi rendition="#g">ſpielend</hi> wob als ird'ſche Blume,</l><lb/> <l>Woͤlbt ſtill den Kelch zum <hi rendition="#g">ernſten</hi> Heiligthume.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>So ſchauet denn das buntbewegte Leben</l><lb/> <l>Ringsum von meines Gartens heitrer Zinn',</l><lb/> <l>Daß hoch die Bilder, die noch daͤmmernd ſchweben —</l><lb/> <l>Wo Morgenglanz geblendet meinen Sinn —</l><lb/> <l>An Eurem Blick erwachſen und ſich heben.</l><lb/> <l>Verwuͤſtend rauſcht die Zeit daruͤber hin;</l><lb/> <l>In Euren treuen Herzen neu geboren</l><lb/> <l>Sind ſie im wilden Strome unverloren.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0211]
An die Freunde.
Der Jugend Glanz, der Sehnſucht irre Weiſen,
Die tauſend Stroͤme durch das duft'ge Land,
Es zieht uns All' zu ſeinen Zauberkreiſen. —
Wem Gottesdienſt in tiefſter Bruſt entbrannt,
Der ſieht mit Wehmuth ein unendlich Reiſen
Zu ferner Heimath, die er fromm erkannt;
Und was ſich ſpielend wob als ird'ſche Blume,
Woͤlbt ſtill den Kelch zum ernſten Heiligthume.
So ſchauet denn das buntbewegte Leben
Ringsum von meines Gartens heitrer Zinn',
Daß hoch die Bilder, die noch daͤmmernd ſchweben —
Wo Morgenglanz geblendet meinen Sinn —
An Eurem Blick erwachſen und ſich heben.
Verwuͤſtend rauſcht die Zeit daruͤber hin;
In Euren treuen Herzen neu geboren
Sind ſie im wilden Strome unverloren.
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Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/211>, abgerufen am 16.02.2025. |