Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.Dem Zweiten sangen und logen Die tausend Stimmen im Grund, Verlockend' Syrenen, und zogen Ihn in der buhlenden Wogen Farbig klingenden Schlund. Und wie er auftaucht' vom Schlunde, Da war er müde und alt, Sein Schifflein das lag im Grunde, So still war's rings in die Runde Und über die Wasser weht's kalt. Es singen und klingen die Wellen Des Frühlings wohl über mir; Und seh' ich so kecke Gesellen, Die Thränen im Auge mir schwellen -- Ach Gott, führ' uns liebreich zu Dir! An eine junge Tänzerin. Castagnetten lustig schwingen Seh' ich Dich, Du zierlich Kind! Mit der Locken schwarzen Ringen Spielt der sommerlaue Wind. Künstlich regst Du schöne Glieder, Glühendwild Zärtlichmild Tauchest in Musik Du nieder, Und die Woge hebt Dich wieder. O 2
Dem Zweiten ſangen und logen Die tauſend Stimmen im Grund, Verlockend' Syrenen, und zogen Ihn in der buhlenden Wogen Farbig klingenden Schlund. Und wie er auftaucht' vom Schlunde, Da war er muͤde und alt, Sein Schifflein das lag im Grunde, So ſtill war's rings in die Runde Und uͤber die Waſſer weht's kalt. Es ſingen und klingen die Wellen Des Fruͤhlings wohl uͤber mir; Und ſeh' ich ſo kecke Geſellen, Die Thraͤnen im Auge mir ſchwellen — Ach Gott, fuͤhr' uns liebreich zu Dir! An eine junge Taͤnzerin. Caſtagnetten luſtig ſchwingen Seh' ich Dich, Du zierlich Kind! Mit der Locken ſchwarzen Ringen Spielt der ſommerlaue Wind. Kuͤnſtlich regſt Du ſchoͤne Glieder, Gluͤhendwild Zaͤrtlichmild Taucheſt in Muſik Du nieder, Und die Woge hebt Dich wieder. O 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0221" n="211"/> <lg n="4"> <l>Dem Zweiten ſangen und logen</l><lb/> <l>Die tauſend Stimmen im Grund,</l><lb/> <l>Verlockend' Syrenen, und zogen</l><lb/> <l>Ihn in der buhlenden Wogen</l><lb/> <l>Farbig klingenden Schlund.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Und wie er auftaucht' vom Schlunde,</l><lb/> <l>Da war er muͤde und alt,</l><lb/> <l>Sein Schifflein das lag im Grunde,</l><lb/> <l>So ſtill war's rings in die Runde</l><lb/> <l>Und uͤber die Waſſer weht's kalt.</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Es ſingen und klingen die Wellen</l><lb/> <l>Des Fruͤhlings wohl uͤber mir;</l><lb/> <l>Und ſeh' ich ſo kecke Geſellen,</l><lb/> <l>Die Thraͤnen im Auge mir ſchwellen —</l><lb/> <l>Ach Gott, fuͤhr' uns liebreich zu Dir!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">An eine junge Taͤnzerin.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">C</hi>aſtagnetten luſtig ſchwingen</l><lb/> <l>Seh' ich Dich, Du zierlich Kind!</l><lb/> <l>Mit der Locken ſchwarzen Ringen</l><lb/> <l>Spielt der ſommerlaue Wind.</l><lb/> <l>Kuͤnſtlich regſt Du ſchoͤne Glieder,</l><lb/> <l>Gluͤhendwild</l><lb/> <l>Zaͤrtlichmild</l><lb/> <l>Taucheſt in Muſik Du nieder,</l><lb/> <l>Und die Woge hebt Dich wieder.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">O 2<lb/></fw> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [211/0221]
Dem Zweiten ſangen und logen
Die tauſend Stimmen im Grund,
Verlockend' Syrenen, und zogen
Ihn in der buhlenden Wogen
Farbig klingenden Schlund.
Und wie er auftaucht' vom Schlunde,
Da war er muͤde und alt,
Sein Schifflein das lag im Grunde,
So ſtill war's rings in die Runde
Und uͤber die Waſſer weht's kalt.
Es ſingen und klingen die Wellen
Des Fruͤhlings wohl uͤber mir;
Und ſeh' ich ſo kecke Geſellen,
Die Thraͤnen im Auge mir ſchwellen —
Ach Gott, fuͤhr' uns liebreich zu Dir!
An eine junge Taͤnzerin.
Caſtagnetten luſtig ſchwingen
Seh' ich Dich, Du zierlich Kind!
Mit der Locken ſchwarzen Ringen
Spielt der ſommerlaue Wind.
Kuͤnſtlich regſt Du ſchoͤne Glieder,
Gluͤhendwild
Zaͤrtlichmild
Taucheſt in Muſik Du nieder,
Und die Woge hebt Dich wieder.
O 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/221 |
Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/221>, abgerufen am 16.02.2025. |