Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.Euch Wolken bedau'r ich Bei stiller Nacht; Die Erde bebt schaurig, Der Mond erwacht: Da führt mich ein Bübchen Mit Flügelein fein, Durch's Dunkel zum Liebchen, Sie läßt mich ein. Wohl schau't Ihr die Sterne Weit, ohne Zahl, Doch bleiben sie ferne Euch allzumal. Mir leuchten zwei Sterne Mit süßem Strahl Die küß' ich so gerne Viel tausendmal. Euch grüßt mit Gefunkel Der Wasserfall, Und tief aus dem Dunkel Die Nachtigall. Doch süßer es grüßet Als Wellentanz, Wenn Liebchen hold flüstert: "Dein bin ich ganz." So seegelt denn traurig In öder Pracht! Euch, Wolken, bedau'r ich Bei süßer Nacht. Euch Wolken bedau'r ich Bei ſtiller Nacht; Die Erde bebt ſchaurig, Der Mond erwacht: Da fuͤhrt mich ein Buͤbchen Mit Fluͤgelein fein, Durch's Dunkel zum Liebchen, Sie laͤßt mich ein. Wohl ſchau't Ihr die Sterne Weit, ohne Zahl, Doch bleiben ſie ferne Euch allzumal. Mir leuchten zwei Sterne Mit ſuͤßem Strahl Die kuͤß' ich ſo gerne Viel tauſendmal. Euch gruͤßt mit Gefunkel Der Waſſerfall, Und tief aus dem Dunkel Die Nachtigall. Doch ſuͤßer es gruͤßet Als Wellentanz, Wenn Liebchen hold fluͤſtert: „Dein bin ich ganz.“ So ſeegelt denn traurig In oͤder Pracht! Euch, Wolken, bedau'r ich Bei ſuͤßer Nacht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0227" n="217"/> <lg n="5"> <l>Euch Wolken bedau'r ich</l><lb/> <l>Bei ſtiller Nacht;</l><lb/> <l>Die Erde bebt ſchaurig,</l><lb/> <l>Der Mond erwacht:</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Da fuͤhrt mich ein Buͤbchen</l><lb/> <l>Mit Fluͤgelein fein,</l><lb/> <l>Durch's Dunkel zum Liebchen,</l><lb/> <l>Sie laͤßt mich ein.</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Wohl ſchau't Ihr die Sterne</l><lb/> <l>Weit, ohne Zahl,</l><lb/> <l>Doch bleiben ſie ferne</l><lb/> <l>Euch allzumal.</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l>Mir leuchten zwei Sterne</l><lb/> <l>Mit ſuͤßem Strahl</l><lb/> <l>Die kuͤß' ich ſo gerne</l><lb/> <l>Viel tauſendmal.</l><lb/> </lg> <lg n="9"> <l>Euch gruͤßt mit Gefunkel</l><lb/> <l>Der Waſſerfall,</l><lb/> <l>Und tief aus dem Dunkel</l><lb/> <l>Die Nachtigall.</l><lb/> </lg> <lg n="10"> <l>Doch ſuͤßer es gruͤßet</l><lb/> <l>Als Wellentanz,</l><lb/> <l>Wenn Liebchen hold fluͤſtert:</l><lb/> <l>„Dein bin ich ganz.“</l><lb/> </lg> <lg n="11"> <l>So ſeegelt denn traurig</l><lb/> <l>In oͤder Pracht!</l><lb/> <l>Euch, Wolken, bedau'r ich</l><lb/> <l>Bei ſuͤßer Nacht.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [217/0227]
Euch Wolken bedau'r ich
Bei ſtiller Nacht;
Die Erde bebt ſchaurig,
Der Mond erwacht:
Da fuͤhrt mich ein Buͤbchen
Mit Fluͤgelein fein,
Durch's Dunkel zum Liebchen,
Sie laͤßt mich ein.
Wohl ſchau't Ihr die Sterne
Weit, ohne Zahl,
Doch bleiben ſie ferne
Euch allzumal.
Mir leuchten zwei Sterne
Mit ſuͤßem Strahl
Die kuͤß' ich ſo gerne
Viel tauſendmal.
Euch gruͤßt mit Gefunkel
Der Waſſerfall,
Und tief aus dem Dunkel
Die Nachtigall.
Doch ſuͤßer es gruͤßet
Als Wellentanz,
Wenn Liebchen hold fluͤſtert:
„Dein bin ich ganz.“
So ſeegelt denn traurig
In oͤder Pracht!
Euch, Wolken, bedau'r ich
Bei ſuͤßer Nacht.
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