Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
Was sind's für Klänge, die an's Fenster flogen?
So altbekannt verlocken diese Lieder,
Ein Sänger steht im schwanken Dämmerschein.
Wach auf! Dein Liebster ist fernher gezogen,
Uud Frühling ist's auf Thal und Bergen wieder,
Wach auf, wach auf, nun bist Du ewig mein!

Das Flügelroß.
Ich hab' nicht viel hienieden,
Ich hab' nicht Geld noch Gut;
Was vielen nicht beschieden,
Ist mein: -- der frische Muth.
Was Andre mag ergötzen,
Das kümmert wenig mich,
Sie leben in den Schätzen,
In Freuden lebe ich.
Ich hab' ein Roß mit Flügeln,
Getreu in Lust und Noth,
Das wiehernd spannt die Flügel
Bei jedem Morgenroth.
Mein Liebchen! wie so öde
Wird's oft in Stadt und Schloß,
Frisch auf und sey nicht blöde,
Besteig' mit mir mein Roß!
Was ſind's fuͤr Klaͤnge, die an's Fenſter flogen?
So altbekannt verlocken dieſe Lieder,
Ein Saͤnger ſteht im ſchwanken Daͤmmerſchein.
Wach auf! Dein Liebſter iſt fernher gezogen,
Uud Fruͤhling iſt's auf Thal und Bergen wieder,
Wach auf, wach auf, nun biſt Du ewig mein!

Das Fluͤgelroß.
Ich hab' nicht viel hienieden,
Ich hab' nicht Geld noch Gut;
Was vielen nicht beſchieden,
Iſt mein: — der friſche Muth.
Was Andre mag ergoͤtzen,
Das kuͤmmert wenig mich,
Sie leben in den Schaͤtzen,
In Freuden lebe ich.
Ich hab' ein Roß mit Fluͤgeln,
Getreu in Luſt und Noth,
Das wiehernd ſpannt die Fluͤgel
Bei jedem Morgenroth.
Mein Liebchen! wie ſo oͤde
Wird's oft in Stadt und Schloß,
Friſch auf und ſey nicht bloͤde,
Beſteig' mit mir mein Roß!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <div n="4">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0231" n="221"/>
              <lg n="3">
                <l>Was &#x017F;ind's fu&#x0364;r Kla&#x0364;nge, die an's Fen&#x017F;ter flogen?</l><lb/>
                <l>So altbekannt verlocken die&#x017F;e Lieder,</l><lb/>
                <l>Ein Sa&#x0364;nger &#x017F;teht im &#x017F;chwanken Da&#x0364;mmer&#x017F;chein.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="4">
                <l>Wach auf! Dein Lieb&#x017F;ter i&#x017F;t fernher gezogen,</l><lb/>
                <l>Uud Fru&#x0364;hling i&#x017F;t's auf Thal und Bergen wieder,</l><lb/>
                <l>Wach auf, wach auf, nun bi&#x017F;t Du ewig mein!</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
        </div>
        <div n="3">
          <head><hi rendition="#g">Das Flu&#x0364;gelroß</hi>.<lb/></head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">I</hi>ch hab' nicht viel hienieden,</l><lb/>
              <l>Ich hab' nicht Geld noch Gut;</l><lb/>
              <l>Was vielen nicht be&#x017F;chieden,</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t mein: &#x2014; der fri&#x017F;che Muth.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Was Andre mag ergo&#x0364;tzen,</l><lb/>
              <l>Das ku&#x0364;mmert wenig mich,</l><lb/>
              <l>Sie leben in den Scha&#x0364;tzen,</l><lb/>
              <l>In Freuden lebe ich.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Ich hab' ein Roß mit Flu&#x0364;geln,</l><lb/>
              <l>Getreu in Lu&#x017F;t und Noth,</l><lb/>
              <l>Das wiehernd &#x017F;pannt die Flu&#x0364;gel</l><lb/>
              <l>Bei jedem Morgenroth.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Mein Liebchen! wie &#x017F;o o&#x0364;de</l><lb/>
              <l>Wird's oft in Stadt und Schloß,</l><lb/>
              <l>Fri&#x017F;ch auf und &#x017F;ey nicht blo&#x0364;de,</l><lb/>
              <l>Be&#x017F;teig' mit mir mein Roß!</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0231] Was ſind's fuͤr Klaͤnge, die an's Fenſter flogen? So altbekannt verlocken dieſe Lieder, Ein Saͤnger ſteht im ſchwanken Daͤmmerſchein. Wach auf! Dein Liebſter iſt fernher gezogen, Uud Fruͤhling iſt's auf Thal und Bergen wieder, Wach auf, wach auf, nun biſt Du ewig mein! Das Fluͤgelroß. Ich hab' nicht viel hienieden, Ich hab' nicht Geld noch Gut; Was vielen nicht beſchieden, Iſt mein: — der friſche Muth. Was Andre mag ergoͤtzen, Das kuͤmmert wenig mich, Sie leben in den Schaͤtzen, In Freuden lebe ich. Ich hab' ein Roß mit Fluͤgeln, Getreu in Luſt und Noth, Das wiehernd ſpannt die Fluͤgel Bei jedem Morgenroth. Mein Liebchen! wie ſo oͤde Wird's oft in Stadt und Schloß, Friſch auf und ſey nicht bloͤde, Beſteig' mit mir mein Roß!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/231
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/231>, abgerufen am 09.11.2024.