musten uns zum Betteln beqvemen; zu Dien- ste wolte uns niemand haben, aus Beysorge, der Apffel fiele nicht weit vom Stamme, end- lich erbarmte sich die Frau Superintendentin über eine Schwester, und nahm sie zu ihr, wie auch die Frau Stadt-Schreiberin gab der an- deren Dienste, mich aber liessen alle gehen, wie sehr ich mich auch anerboth Gutes zu thun/ vornehmlich, weil ich erst zehn Jahr alt war, und keine grosse Arbeit verrichten kunte. End- lich war ein alter verdorbener Goldmacher der denen Doctoribus allerhand Spiritus und Es- sentzen elaborirte, der erboth sich wann ich wolte treu seyn und gehorchen, wolte er mich mit Kleidern und Nahrung versehen. Jch nach meinen Vermögen, versprach mein eu- serstes zu thun. Nun hatte er ein alt ver- nüffeltes Weib, ob es seine Haußhälterin oder angetraute war, weiß ich nicht, diese, wann es um 12. oder 1. Uhr zu Mittage kam, rieff sie: Fritze, komm und iß! wann ich nun nach meiner sauren Mühe, denn ich immer Kohlen, Wasser, Holtz etc. zutragen muste, ohn einiges Früh-Stücke halb verhungert an- kam, und vermeynte meinen Magen in etwas zu laben, so lag da ein klein schnittlein schwar- tzes Brod und harter Käse, war denn eine un- gemachte Wasser-Suppe dabey, so war es
viel,
muſten uns zum Betteln beqvemen; zu Dien- ſte wolte uns niemand haben, aus Beyſorge, der Apffel fiele nicht weit vom Stamme, end- lich erbarmte ſich die Frau Superintendentin uͤber eine Schweſter, und nahm ſie zu ihr, wie auch die Frau Stadt-Schreiberin gab der an- deren Dienſte, mich aber lieſſen alle gehen, wie ſehr ich mich auch anerboth Gutes zu thun/ vornehmlich, weil ich erſt zehn Jahr alt war, und keine groſſe Arbeit verrichten kunte. End- lich war ein alter verdorbener Goldmacher der denen Doctoribus allerhand Spiritus und Eſ- ſentzen elaborirte, der erboth ſich wann ich wolte treu ſeyn und gehorchen, wolte er mich mit Kleidern und Nahrung verſehen. Jch nach meinen Vermoͤgen, verſprach mein eu- ſerſtes zu thun. Nun hatte er ein alt ver- nuͤffeltes Weib, ob es ſeine Haußhaͤlterin oder angetraute war, weiß ich nicht, dieſe, wann es um 12. oder 1. Uhr zu Mittage kam, rieff ſie: Fritze, komm und iß! wann ich nun nach meiner ſauren Muͤhe, denn ich immer Kohlen, Waſſer, Holtz ꝛc. zutragen muſte, ohn einiges Fruͤh-Stuͤcke halb verhungert an- kam, und vermeynte meinen Magen in etwas zu laben, ſo lag da ein klein ſchnittlein ſchwar- tzes Brod und harter Kaͤſe, war denn eine un- gemachte Waſſer-Suppe dabey, ſo war es
viel,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0136"n="120"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
muſten uns zum Betteln beqvemen; zu Dien-<lb/>ſte wolte uns niemand haben, aus Beyſorge,<lb/>
der Apffel fiele nicht weit vom Stamme, end-<lb/>
lich erbarmte ſich die Frau <hirendition="#aq">Superintendent</hi>in<lb/>
uͤber eine Schweſter, und nahm ſie zu ihr, wie<lb/>
auch die Frau Stadt-Schreiberin gab der an-<lb/>
deren Dienſte, mich aber lieſſen alle gehen, wie<lb/>ſehr ich mich auch anerboth Gutes zu thun/<lb/>
vornehmlich, weil ich erſt zehn Jahr alt war,<lb/>
und keine groſſe Arbeit verrichten kunte. End-<lb/>
lich war ein alter verdorbener Goldmacher der<lb/>
denen <hirendition="#aq">Doctoribus</hi> allerhand <hirendition="#aq">Spiritus</hi> und <hirendition="#aq">Eſ-<lb/>ſen</hi>tzen <hirendition="#aq">elabori</hi>rte, der erboth ſich wann ich<lb/>
wolte treu ſeyn und gehorchen, wolte er mich<lb/>
mit Kleidern und Nahrung verſehen. Jch<lb/>
nach meinen Vermoͤgen, verſprach mein eu-<lb/>ſerſtes zu thun. Nun hatte er ein alt ver-<lb/>
nuͤffeltes Weib, ob es ſeine Haußhaͤlterin<lb/>
oder angetraute war, weiß ich nicht, dieſe,<lb/>
wann es um 12. oder 1. Uhr zu Mittage kam,<lb/>
rieff ſie: Fritze, komm und iß! wann ich nun<lb/>
nach meiner ſauren Muͤhe, denn ich immer<lb/>
Kohlen, Waſſer, Holtz ꝛc. zutragen muſte,<lb/>
ohn einiges Fruͤh-Stuͤcke halb verhungert an-<lb/>
kam, und vermeynte meinen Magen in etwas<lb/>
zu laben, ſo lag da ein klein ſchnittlein ſchwar-<lb/>
tzes Brod und harter Kaͤſe, war denn eine un-<lb/>
gemachte Waſſer-Suppe dabey, ſo war es<lb/><fwplace="bottom"type="catch">viel,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[120/0136]
muſten uns zum Betteln beqvemen; zu Dien-
ſte wolte uns niemand haben, aus Beyſorge,
der Apffel fiele nicht weit vom Stamme, end-
lich erbarmte ſich die Frau Superintendentin
uͤber eine Schweſter, und nahm ſie zu ihr, wie
auch die Frau Stadt-Schreiberin gab der an-
deren Dienſte, mich aber lieſſen alle gehen, wie
ſehr ich mich auch anerboth Gutes zu thun/
vornehmlich, weil ich erſt zehn Jahr alt war,
und keine groſſe Arbeit verrichten kunte. End-
lich war ein alter verdorbener Goldmacher der
denen Doctoribus allerhand Spiritus und Eſ-
ſentzen elaborirte, der erboth ſich wann ich
wolte treu ſeyn und gehorchen, wolte er mich
mit Kleidern und Nahrung verſehen. Jch
nach meinen Vermoͤgen, verſprach mein eu-
ſerſtes zu thun. Nun hatte er ein alt ver-
nuͤffeltes Weib, ob es ſeine Haußhaͤlterin
oder angetraute war, weiß ich nicht, dieſe,
wann es um 12. oder 1. Uhr zu Mittage kam,
rieff ſie: Fritze, komm und iß! wann ich nun
nach meiner ſauren Muͤhe, denn ich immer
Kohlen, Waſſer, Holtz ꝛc. zutragen muſte,
ohn einiges Fruͤh-Stuͤcke halb verhungert an-
kam, und vermeynte meinen Magen in etwas
zu laben, ſo lag da ein klein ſchnittlein ſchwar-
tzes Brod und harter Kaͤſe, war denn eine un-
gemachte Waſſer-Suppe dabey, ſo war es
viel,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/136>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.