Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

nes nah anliegendes Städlein, einen Patien-
ten zu besehen verreisen, und damit machen sie
sich unsichtbahr, oder wann er seinen Beutel
gespickt hat, nimbt er heimlich hinter der Thü-
re Abschied, und verliehret sich ehe es jemand
gewahr wird. Etliche sind so verwegen, greif-
fen, weil sie etwas erschnapt haben, die Cu-
ren an, und nehmen mit leichtfertiger Vor-
sicht die Krancken von Tode und verdorbene
Menschen an, setzen ihre Reden auf Schrau-
ben, die sie denn nach glück-oder unglücklicher
Erfolgung nach ihren selbst eigenen Gefallen
drehen, gelingt es unter 50 mahlen nur ein-
mahl, so bitten sie des wegen bald ein Attesta-
tum
aus, schlägt aber die Cur fehl, so entschul-
digen sie sich auf tausenderley Arthen, und
schieben die Schuld entweder auf den Pati-
enten oder auf das Gewitter, ja sie scheuen sich
nicht GOtt zum Deckel ihrer Boßheit anzu-
führen und auff ihn die Schuld zu werffen.
Etliche lügen so grosse Grumpen daher, und
bereden die einfältige Leuthe solcher Sachen
die nie erhört worden, und offters der Natur
schnur stracks entgegen stehn. Jndem sie al-
so redeten, kamen sie an einen Wald, da hör-
ten sie eine weh-klagende und umb Hülffe ruf-
fende Stimme, Eckarth rieff, Kutscher, was
bedeutet das? der Kutscher antwortete: Mir

ist
P 3

nes nah anliegendes Staͤdlein, einen Patien-
ten zu beſehen verreiſen, und damit machen ſie
ſich unſichtbahr, oder wann er ſeinen Beutel
geſpickt hat, nimbt er heimlich hinter der Thuͤ-
re Abſchied, und verliehret ſich ehe es jemand
gewahr wird. Etliche ſind ſo verwegen, greif-
fen, weil ſie etwas erſchnapt haben, die Cu-
ren an, und nehmen mit leichtfertiger Vor-
ſicht die Krancken von Tode und verdorbene
Menſchen an, ſetzen ihre Reden auf Schrau-
ben, die ſie denn nach gluͤck-oder ungluͤcklicher
Erfolgung nach ihren ſelbſt eigenen Gefallen
drehen, gelingt es unter 50 mahlen nur ein-
mahl, ſo bitten ſie des wegen bald ein Atteſta-
tum
aus, ſchlaͤgt aber die Cur fehl, ſo entſchul-
digen ſie ſich auf tauſenderley Arthen, und
ſchieben die Schuld entweder auf den Pati-
enten oder auf das Gewitter, ja ſie ſcheuen ſich
nicht GOtt zum Deckel ihrer Boßheit anzu-
fuͤhren und auff ihn die Schuld zu werffen.
Etliche luͤgen ſo groſſe Grumpen daher, und
bereden die einfaͤltige Leuthe ſolcher Sachen
die nie erhoͤrt worden, und offters der Natur
ſchnur ſtracks entgegen ſtehn. Jndem ſie al-
ſo redeten, kamen ſie an einen Wald, da hoͤr-
ten ſie eine weh-klagende und umb Huͤlffe ruf-
fende Stimme, Eckarth rieff, Kutſcher, was
bedeutet das? der Kutſcher antwortete: Mir

iſt
P 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0245" n="229"/>
nes nah anliegendes Sta&#x0364;dlein, einen Patien-<lb/>
ten zu be&#x017F;ehen verrei&#x017F;en, und damit machen &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich un&#x017F;ichtbahr, oder wann er &#x017F;einen Beutel<lb/>
ge&#x017F;pickt hat, nimbt er heimlich hinter der Thu&#x0364;-<lb/>
re Ab&#x017F;chied, und verliehret &#x017F;ich ehe es jemand<lb/>
gewahr wird. Etliche &#x017F;ind &#x017F;o verwegen, greif-<lb/>
fen, weil &#x017F;ie etwas er&#x017F;chnapt haben, die <hi rendition="#aq">Cu-</hi><lb/>
ren an, und nehmen mit leichtfertiger Vor-<lb/>
&#x017F;icht die Krancken von Tode und verdorbene<lb/>
Men&#x017F;chen an, &#x017F;etzen ihre Reden auf Schrau-<lb/>
ben, die &#x017F;ie denn nach glu&#x0364;ck-oder unglu&#x0364;cklicher<lb/>
Erfolgung nach ihren &#x017F;elb&#x017F;t eigenen Gefallen<lb/>
drehen, gelingt es unter 50 mahlen nur ein-<lb/>
mahl, &#x017F;o bitten &#x017F;ie des wegen bald ein <hi rendition="#aq">Atte&#x017F;ta-<lb/>
tum</hi> aus, &#x017F;chla&#x0364;gt aber die <hi rendition="#aq">Cur</hi> fehl, &#x017F;o ent&#x017F;chul-<lb/>
digen &#x017F;ie &#x017F;ich auf tau&#x017F;enderley Arthen, und<lb/>
&#x017F;chieben die Schuld entweder auf den Pati-<lb/>
enten oder auf das Gewitter, ja &#x017F;ie &#x017F;cheuen &#x017F;ich<lb/>
nicht GOtt zum Deckel ihrer Boßheit anzu-<lb/>
fu&#x0364;hren und auff ihn die Schuld zu werffen.<lb/>
Etliche lu&#x0364;gen &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e Grumpen daher, und<lb/>
bereden die einfa&#x0364;ltige Leuthe &#x017F;olcher Sachen<lb/>
die nie erho&#x0364;rt worden, und offters der Natur<lb/>
&#x017F;chnur &#x017F;tracks entgegen &#x017F;tehn. Jndem &#x017F;ie al-<lb/>
&#x017F;o redeten, kamen &#x017F;ie an einen Wald, da ho&#x0364;r-<lb/>
ten &#x017F;ie eine weh-klagende und umb Hu&#x0364;lffe ruf-<lb/>
fende Stimme, Eckarth rieff, Kut&#x017F;cher, was<lb/>
bedeutet das? der Kut&#x017F;cher antwortete: Mir<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P 3</fw><fw place="bottom" type="catch">i&#x017F;t</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[229/0245] nes nah anliegendes Staͤdlein, einen Patien- ten zu beſehen verreiſen, und damit machen ſie ſich unſichtbahr, oder wann er ſeinen Beutel geſpickt hat, nimbt er heimlich hinter der Thuͤ- re Abſchied, und verliehret ſich ehe es jemand gewahr wird. Etliche ſind ſo verwegen, greif- fen, weil ſie etwas erſchnapt haben, die Cu- ren an, und nehmen mit leichtfertiger Vor- ſicht die Krancken von Tode und verdorbene Menſchen an, ſetzen ihre Reden auf Schrau- ben, die ſie denn nach gluͤck-oder ungluͤcklicher Erfolgung nach ihren ſelbſt eigenen Gefallen drehen, gelingt es unter 50 mahlen nur ein- mahl, ſo bitten ſie des wegen bald ein Atteſta- tum aus, ſchlaͤgt aber die Cur fehl, ſo entſchul- digen ſie ſich auf tauſenderley Arthen, und ſchieben die Schuld entweder auf den Pati- enten oder auf das Gewitter, ja ſie ſcheuen ſich nicht GOtt zum Deckel ihrer Boßheit anzu- fuͤhren und auff ihn die Schuld zu werffen. Etliche luͤgen ſo groſſe Grumpen daher, und bereden die einfaͤltige Leuthe ſolcher Sachen die nie erhoͤrt worden, und offters der Natur ſchnur ſtracks entgegen ſtehn. Jndem ſie al- ſo redeten, kamen ſie an einen Wald, da hoͤr- ten ſie eine weh-klagende und umb Huͤlffe ruf- fende Stimme, Eckarth rieff, Kutſcher, was bedeutet das? der Kutſcher antwortete: Mir iſt P 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/245
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/245>, abgerufen am 21.11.2024.