Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

ner Zeit, ließ ich mein Weib mit denen Kindern
bey ihren Eltern, nahm 400. Rthlr zu mir,
willens diese elende Arth an den Nagel zu hen-
cken/ und mich einmahl an einen gewissen Orth
niederzulassen, also mit dem Gelde wiederumb
nach Italien zu gehen, und in Doctorem zu pro-
movir
en. Wann ich mein Geld per Wechsel
nach Venedig gemacht hätte, hätte ich besser ge-
than, allein ich nahm es in Gold zu mir, nehete
mir 100. Ducaten in meine Unter-Hosen, die
andern hundert ließ ich mir zwischen zwey star-
cke Sohlen unter die Reise-Schuhe machen, da-
mit stellte ich meine Reise fort. Allein! so vor-
sichtig als ich immer seyn wolte, kunte ich doch
nicht verhindern, daß einige Busch-Klepper
zwischen Nilza und Lichval mir nicht meine
Schuhe ausgezogen, dieselben zerschnitten, und
die 100. Ducaten heraus gezogen hätten, sonsten
nahmen sie mir nichts. Jch hielt mich in Lich-
val
eine Zeitlang auf, umb einige Nachricht von
denen Raub-Vögeln zu erhalten, wie ich denn
eben der Ursache halben mich hier 4. Tage lang
aufgehalten habe: ich sahe aber daß ich schwer-
lich zu meinen Zweck gelangen werde, so habe
ich auch zu Nilza eine fliegende Zeitung ver-
nommen, als solte mein Weib und ein Sohn
gestorben seyn, verwundern sich also meine
Hochgeehrte Herren nicht meiner Traurigkeit

wegen

ner Zeit, ließ ich mein Weib mit denen Kindern
bey ihren Eltern, nahm 400. Rthlr zu mir,
willens dieſe elende Arth an den Nagel zu hen-
cken/ und mich einmahl an einen gewiſſen Orth
niederzulaſſen, alſo mit dem Gelde wiederumb
nach Italien zu gehen, und in Doctorem zu pro-
movir
en. Wann ich mein Geld per Wechſel
nach Venedig gemacht haͤtte, haͤtte ich beſſer ge-
than, allein ich nahm es in Gold zu mir, nehete
mir 100. Ducaten in meine Unter-Hoſen, die
andern hundert ließ ich mir zwiſchen zwey ſtar-
cke Sohlen unter die Reiſe-Schuhe machen, da-
mit ſtellte ich meine Reiſe fort. Allein! ſo vor-
ſichtig als ich immer ſeyn wolte, kunte ich doch
nicht verhindern, daß einige Buſch-Klepper
zwiſchen Nilza und Lichval mir nicht meine
Schuhe ausgezogen, dieſelben zerſchnitten, und
die 100. Ducaten heraus gezogen haͤtten, ſonſten
nahmen ſie mir nichts. Jch hielt mich in Lich-
val
eine Zeitlang auf, umb einige Nachricht von
denen Raub-Voͤgeln zu erhalten, wie ich denn
eben der Urſache halben mich hier 4. Tage lang
aufgehalten habe: ich ſahe aber daß ich ſchwer-
lich zu meinen Zweck gelangen werde, ſo habe
ich auch zu Nilza eine fliegende Zeitung ver-
nommen, als ſolte mein Weib und ein Sohn
geſtorben ſeyn, verwundern ſich alſo meine
Hochgeehrte Herren nicht meiner Traurigkeit

wegen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0732" n="716"/>
ner Zeit, ließ ich mein Weib mit denen Kindern<lb/>
bey ihren Eltern, nahm 400. Rthlr zu mir,<lb/>
willens die&#x017F;e elende Arth an den Nagel zu hen-<lb/>
cken/ und mich einmahl an einen gewi&#x017F;&#x017F;en Orth<lb/>
niederzula&#x017F;&#x017F;en, al&#x017F;o mit dem Gelde wiederumb<lb/>
nach <hi rendition="#aq">Itali</hi>en zu gehen, und in <hi rendition="#aq">Doctorem</hi> zu <hi rendition="#aq">pro-<lb/>
movir</hi>en. Wann ich mein Geld <hi rendition="#aq">per</hi> Wech&#x017F;el<lb/>
nach <hi rendition="#aq">Venedig</hi> gemacht ha&#x0364;tte, ha&#x0364;tte ich be&#x017F;&#x017F;er ge-<lb/>
than, allein ich nahm es in Gold zu mir, nehete<lb/>
mir 100. <hi rendition="#aq">Ducat</hi>en in meine Unter-Ho&#x017F;en, die<lb/>
andern hundert ließ ich mir zwi&#x017F;chen zwey &#x017F;tar-<lb/>
cke Sohlen unter die Rei&#x017F;e-Schuhe machen, da-<lb/>
mit &#x017F;tellte ich meine Rei&#x017F;e fort. Allein! &#x017F;o vor-<lb/>
&#x017F;ichtig als ich immer &#x017F;eyn wolte, kunte ich doch<lb/>
nicht verhindern, daß einige Bu&#x017F;ch-Klepper<lb/>
zwi&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Nilza</hi> und <hi rendition="#aq">Lichval</hi> mir nicht meine<lb/>
Schuhe ausgezogen, die&#x017F;elben zer&#x017F;chnitten, und<lb/>
die 100. <hi rendition="#aq">Ducat</hi>en heraus gezogen ha&#x0364;tten, &#x017F;on&#x017F;ten<lb/>
nahmen &#x017F;ie mir nichts. Jch hielt mich in <hi rendition="#aq">Lich-<lb/>
val</hi> eine Zeitlang auf, umb einige Nachricht von<lb/>
denen Raub-Vo&#x0364;geln zu erhalten, wie ich denn<lb/>
eben der Ur&#x017F;ache halben mich hier 4. Tage lang<lb/>
aufgehalten habe: ich &#x017F;ahe aber daß ich &#x017F;chwer-<lb/>
lich zu meinen Zweck gelangen werde, &#x017F;o habe<lb/>
ich auch zu <hi rendition="#aq">Nilza</hi> eine fliegende Zeitung ver-<lb/>
nommen, als &#x017F;olte mein Weib und ein Sohn<lb/>
ge&#x017F;torben &#x017F;eyn, verwundern &#x017F;ich al&#x017F;o meine<lb/>
Hochgeehrte Herren nicht meiner Traurigkeit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wegen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[716/0732] ner Zeit, ließ ich mein Weib mit denen Kindern bey ihren Eltern, nahm 400. Rthlr zu mir, willens dieſe elende Arth an den Nagel zu hen- cken/ und mich einmahl an einen gewiſſen Orth niederzulaſſen, alſo mit dem Gelde wiederumb nach Italien zu gehen, und in Doctorem zu pro- moviren. Wann ich mein Geld per Wechſel nach Venedig gemacht haͤtte, haͤtte ich beſſer ge- than, allein ich nahm es in Gold zu mir, nehete mir 100. Ducaten in meine Unter-Hoſen, die andern hundert ließ ich mir zwiſchen zwey ſtar- cke Sohlen unter die Reiſe-Schuhe machen, da- mit ſtellte ich meine Reiſe fort. Allein! ſo vor- ſichtig als ich immer ſeyn wolte, kunte ich doch nicht verhindern, daß einige Buſch-Klepper zwiſchen Nilza und Lichval mir nicht meine Schuhe ausgezogen, dieſelben zerſchnitten, und die 100. Ducaten heraus gezogen haͤtten, ſonſten nahmen ſie mir nichts. Jch hielt mich in Lich- val eine Zeitlang auf, umb einige Nachricht von denen Raub-Voͤgeln zu erhalten, wie ich denn eben der Urſache halben mich hier 4. Tage lang aufgehalten habe: ich ſahe aber daß ich ſchwer- lich zu meinen Zweck gelangen werde, ſo habe ich auch zu Nilza eine fliegende Zeitung ver- nommen, als ſolte mein Weib und ein Sohn geſtorben ſeyn, verwundern ſich alſo meine Hochgeehrte Herren nicht meiner Traurigkeit wegen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/732
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 716. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/732>, abgerufen am 22.11.2024.