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Elsholtz, Johann Sigismund: Vom Gartenbaw. Cölln (Spree), 1666.

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Das VI. Cap.
Von der Wein-
lese.

AUff Laurentij wird der Wein verbladet: gegen Bar-
tholomäi fangen einige trauben an zu zeitigen/ und dem Wein-
herrn wegen gehabter mühe einen frölichen blick zu geben/ sonder-
lich wofern der jahrgang gut ist: die völlige reiffung aber ge-
schiehet allererst im October. Jn wehrender solcher zeitigung
muß das Hüten der Weingärten zur hand genommen werden
an denen orten/ da es nöhtig ist: sintemahl die reiffen trauben
leiden grossen drang von dieben/ von füchsen/ von krähen/ ra-
ben/ elstern und andern dergleichen vögeln. Der Blancken
trauben völlige zeitigung erscheinet/ wenn sie schön gelb/ füß/ wol durchkocht/ klebrig/
und die kernlein der beeren braunlich sind: die Rohten/ wenn sie ihre natürliche röhte
und süssigkeit erlanget: beyderley aber/ wenn die trauben nicht weiters zu nehmen/
sondern still zu stehen anfangen. Alsdan ist die zeit der Weinlese vorhanden/ welche
doch/ wenn der wein dickheutig/ noch wol so lang pfleget auff geschoben zu werden/ bis
ein paar fröste eingefallen/ die ihm sotane dicke haut verdünnern. Bey der Weinle-
se aber muß man folgende vier stück zuföderst beobachten: die Weinleser/ das Wein-
gefäß/ das Tretten und Pressen/ und das Fassen. Nach der Weinlese gehet so fort
newe arbeit an/ davon zugleich kurtzer bericht geschehen sol.

I. Die Weinleser.

An etlichen orten ist niemand vergönnet Wein zu lesen/ bis es von der Obrig-
keit auff einen gewissen tag öffentlich frey gegeben wird: und solcher Bann ist ein al-
ter brauch/ von der Römer zeit her rührende/ dadurch viel unordnung verhütet wird.
An allen orten aber stehet frey und ist nöhtig/ in zeiten ümb tüchtige Weinleser sich be-
mühen/ damit man nachmahls nicht genöhtiget werde/ Kinder oder alte schwache Leu-
te/ oder allerley loß gesindlein mit schaden an zunehmen. Sonderlich werden zu dem
Butten-tragen lange starcke Männer erfodert/ welche schwerer arbeit gewohnet/ und
im ausschütten nichts beyfallen lassen. Jm lesen sol man die Leute ermahnen/ daß sie
das Bind-stroh an den Stöcken mit auffschneiden/ und die Reben aus einander breiten/
so können sie desto besser zu den trauben gelangen/ und das holtz kan wol austrucknen:
gleichfalls daß sie die weinblätter/ noch andre unsaubrigkeit nicht mit unter die trau-
ben mengen. Jst man gesonnen/ unterschiedene weine zu machen/ die einander an
gütigkeit übertreffen/ so müssen im lesen die besten trauben besonders gesamlet werden.

II. Das Wein-gefäß.

Selbiges ist viererley/ und wird gebrauchet/ entweder die trauben bey der
weinlese darein zu samlen und zu tragen/ als da sind Eymer und Butten: oder selbi-
ge darin zu tretten/ als da sind Zuber/ Tienen/ und Böddemen: oder zu dem
Pressen/ als da sind die Spill- und Baumpressen: oder zum behalten/ als da sind

Ton-
K k 3
Das VI. Cap.
Von der Wein-
leſe.

AUff Laurentij wird der Wein verbladet: gegen Bar-
tholomaͤi fangen einige trauben an zu zeitigen/ und dem Wein-
herꝛn wegen gehabter muͤhe einen froͤlichen blick zu geben/ ſonder-
lich wofern der jahrgang gut iſt: die voͤllige reiffung aber ge-
ſchiehet allererſt im October. Jn wehrender ſolcher zeitigung
muß das Huͤten der Weingaͤrten zur hand genommen werden
an denen orten/ da es noͤhtig iſt: ſintemahl die reiffen trauben
leiden groſſen drang von dieben/ von fuͤchſen/ von kraͤhen/ ra-
ben/ elſtern und andern dergleichen voͤgeln. Der Blancken
trauben voͤllige zeitigung erſcheinet/ wenn ſie ſchoͤn gelb/ fuͤß/ wol durchkocht/ klebrig/
und die kernlein der beeren braunlich ſind: die Rohten/ wenn ſie ihre natuͤrliche roͤhte
und ſuͤſſigkeit erlanget: beyderley aber/ wenn die trauben nicht weiters zu nehmen/
ſondern ſtill zu ſtehen anfangen. Alsdan iſt die zeit der Weinleſe vorhanden/ welche
doch/ wenn der wein dickheutig/ noch wol ſo lang pfleget auff geſchoben zu werden/ bis
ein paar froͤſte eingefallen/ die ihm ſotane dicke haut verduͤnnern. Bey der Weinle-
ſe aber muß man folgende vier ſtuͤck zufoͤderſt beobachten: die Weinleſer/ das Wein-
gefaͤß/ das Tretten und Preſſen/ und das Faſſen. Nach der Weinleſe gehet ſo fort
newe arbeit an/ davon zugleich kurtzer bericht geſchehen ſol.

I. Die Weinleſer.

An etlichen orten iſt niemand vergoͤnnet Wein zu leſen/ bis es von der Obrig-
keit auff einen gewiſſen tag oͤffentlich frey gegeben wird: und ſolcher Bann iſt ein al-
ter brauch/ von der Roͤmer zeit her ruͤhrende/ dadurch viel unordnung verhuͤtet wird.
An allen orten aber ſtehet frey und iſt noͤhtig/ in zeiten uͤmb tuͤchtige Weinleſer ſich be-
muͤhen/ damit man nachmahls nicht genoͤhtiget werde/ Kinder oder alte ſchwache Leu-
te/ oder allerley loß geſindlein mit ſchaden an zunehmen. Sonderlich werden zu dem
Butten-tragen lange ſtarcke Maͤnner erfodert/ welche ſchwerer arbeit gewohnet/ und
im ausſchuͤtten nichts beyfallen laſſen. Jm leſen ſol man die Leute ermahnen/ daß ſie
das Bind-ſtroh an den Stoͤcken mit auffſchneiden/ und die Reben aus einander breiten/
ſo koͤnnen ſie deſto beſſer zu den trauben gelangen/ und das holtz kan wol austrucknen:
gleichfalls daß ſie die weinblaͤtter/ noch andre unſaubrigkeit nicht mit unter die trau-
ben mengen. Jſt man geſonnen/ unterſchiedene weine zu machen/ die einander an
guͤtigkeit uͤbertreffen/ ſo muͤſſen im leſen die beſten trauben beſonders geſamlet werden.

II. Das Wein-gefäß.

Selbiges iſt viererley/ und wird gebrauchet/ entweder die trauben bey der
weinleſe darein zu ſamlen und zu tragen/ als da ſind Eymer und Butten: oder ſelbi-
ge darin zu tretten/ als da ſind Zuber/ Tienen/ und Boͤddemen: oder zu dem
Preſſen/ als da ſind die Spill- und Baumpreſſen: oder zum behalten/ als da ſind

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[261/0299] Das VI. Cap. Von der Wein- leſe. AUff Laurentij wird der Wein verbladet: gegen Bar- tholomaͤi fangen einige trauben an zu zeitigen/ und dem Wein- herꝛn wegen gehabter muͤhe einen froͤlichen blick zu geben/ ſonder- lich wofern der jahrgang gut iſt: die voͤllige reiffung aber ge- ſchiehet allererſt im October. Jn wehrender ſolcher zeitigung muß das Huͤten der Weingaͤrten zur hand genommen werden an denen orten/ da es noͤhtig iſt: ſintemahl die reiffen trauben leiden groſſen drang von dieben/ von fuͤchſen/ von kraͤhen/ ra- ben/ elſtern und andern dergleichen voͤgeln. Der Blancken trauben voͤllige zeitigung erſcheinet/ wenn ſie ſchoͤn gelb/ fuͤß/ wol durchkocht/ klebrig/ und die kernlein der beeren braunlich ſind: die Rohten/ wenn ſie ihre natuͤrliche roͤhte und ſuͤſſigkeit erlanget: beyderley aber/ wenn die trauben nicht weiters zu nehmen/ ſondern ſtill zu ſtehen anfangen. Alsdan iſt die zeit der Weinleſe vorhanden/ welche doch/ wenn der wein dickheutig/ noch wol ſo lang pfleget auff geſchoben zu werden/ bis ein paar froͤſte eingefallen/ die ihm ſotane dicke haut verduͤnnern. Bey der Weinle- ſe aber muß man folgende vier ſtuͤck zufoͤderſt beobachten: die Weinleſer/ das Wein- gefaͤß/ das Tretten und Preſſen/ und das Faſſen. Nach der Weinleſe gehet ſo fort newe arbeit an/ davon zugleich kurtzer bericht geſchehen ſol. I. Die Weinleſer. An etlichen orten iſt niemand vergoͤnnet Wein zu leſen/ bis es von der Obrig- keit auff einen gewiſſen tag oͤffentlich frey gegeben wird: und ſolcher Bann iſt ein al- ter brauch/ von der Roͤmer zeit her ruͤhrende/ dadurch viel unordnung verhuͤtet wird. An allen orten aber ſtehet frey und iſt noͤhtig/ in zeiten uͤmb tuͤchtige Weinleſer ſich be- muͤhen/ damit man nachmahls nicht genoͤhtiget werde/ Kinder oder alte ſchwache Leu- te/ oder allerley loß geſindlein mit ſchaden an zunehmen. Sonderlich werden zu dem Butten-tragen lange ſtarcke Maͤnner erfodert/ welche ſchwerer arbeit gewohnet/ und im ausſchuͤtten nichts beyfallen laſſen. Jm leſen ſol man die Leute ermahnen/ daß ſie das Bind-ſtroh an den Stoͤcken mit auffſchneiden/ und die Reben aus einander breiten/ ſo koͤnnen ſie deſto beſſer zu den trauben gelangen/ und das holtz kan wol austrucknen: gleichfalls daß ſie die weinblaͤtter/ noch andre unſaubrigkeit nicht mit unter die trau- ben mengen. Jſt man geſonnen/ unterſchiedene weine zu machen/ die einander an guͤtigkeit uͤbertreffen/ ſo muͤſſen im leſen die beſten trauben beſonders geſamlet werden. II. Das Wein-gefäß. Selbiges iſt viererley/ und wird gebrauchet/ entweder die trauben bey der weinleſe darein zu ſamlen und zu tragen/ als da ſind Eymer und Butten: oder ſelbi- ge darin zu tretten/ als da ſind Zuber/ Tienen/ und Boͤddemen: oder zu dem Preſſen/ als da ſind die Spill- und Baumpreſſen: oder zum behalten/ als da ſind Ton- K k 3

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Zitationshilfe: Elsholtz, Johann Sigismund: Vom Gartenbaw. Cölln (Spree), 1666, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/elssholtz_gartenbaw_1666/299>, abgerufen am 27.11.2024.