Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite
pen_529.001

Deines Aufblicks, deines Lächelns Lust, pen_529.002
Und dein erster Schritt, dein erstes Stammeln: pen_529.003
Alles wird itzt Dolchstich unsrer Brust. pen_529.004
Traumgewebe war es! Noch empfunden, pen_529.005
Schien es Wahrheit dem getäuschten Blick; pen_529.006
Aber itzt, hinweggerückt, verschwunden, pen_529.007
Läßt es Reu' und Sehnsucht uns zurück. pen_529.008
Aber nein! Auch was uns bleibt, der Schatten pen_529.009
Jenes süßen Traums ist doch uns werth. pen_529.010
Der Gedanke, daß wir einst dich hatten, pen_529.011
Wenn er nicht mehr wild die Brust durchfährt pen_529.012
Wenn der Schauder nun in Schwermuth schwindet, pen_529.013
pen_529.014
Und der Gram nicht mehr so wüthend nagt, pen_529.015
Unser Herz die Stille wieder findet, pen_529.016
Die der Wunde Pein ihm noch versagt: pen_529.017
O! dann giebt belebtern, sanftern Bildern pen_529.018
Diese stille, süße Schwermuth Raum. pen_529.019
Sie wird uns das Leben schöner schildern, pen_529.020
Nicht als eitlen, wesenlosen Traum; pen_529.021
Nein, als den umwölkten, trüben Morgen, pen_529.022
Bald vom heitern Sonnenglanz ereilt, pen_529.023
Dessen Strahl die Nebel unsrer Sorgen, pen_529.024
Deiner Leiden Dämmrung, früh zertheilt. pen_529.025
Weinende Gefährtinn meines Lebens,

pen_529.001

Deines Aufblicks, deines Lächelns Lust, pen_529.002
Und dein erster Schritt, dein erstes Stammeln: pen_529.003
Alles wird itzt Dolchstich unsrer Brust. pen_529.004
Traumgewebe war es! Noch empfunden, pen_529.005
Schien es Wahrheit dem getäuschten Blick; pen_529.006
Aber itzt, hinweggerückt, verschwunden, pen_529.007
Läßt es Reu' und Sehnsucht uns zurück. pen_529.008
  Aber nein! Auch was uns bleibt, der Schatten pen_529.009
Jenes süßen Traums ist doch uns werth. pen_529.010
Der Gedanke, daß wir einst dich hatten, pen_529.011
Wenn er nicht mehr wild die Brust durchfährt pen_529.012
Wenn der Schauder nun in Schwermuth schwindet, pen_529.013
pen_529.014
Und der Gram nicht mehr so wüthend nagt, pen_529.015
Unser Herz die Stille wieder findet, pen_529.016
Die der Wunde Pein ihm noch versagt: pen_529.017
O! dann giebt belebtern, sanftern Bildern pen_529.018
Diese stille, süße Schwermuth Raum. pen_529.019
Sie wird uns das Leben schöner schildern, pen_529.020
Nicht als eitlen, wesenlosen Traum; pen_529.021
Nein, als den umwölkten, trüben Morgen, pen_529.022
Bald vom heitern Sonnenglanz ereilt, pen_529.023
Dessen Strahl die Nebel unsrer Sorgen, pen_529.024
Deiner Leiden Dämmrung, früh zertheilt. pen_529.025
  Weinende Gefährtinn meines Lebens,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0572" n="529"/>
        <lb n="pen_529.001"/>
        <p> <hi rendition="#aq">
            <lg>
              <l>Deines Aufblicks, deines Lächelns Lust,</l>
              <lb n="pen_529.002"/>
              <l>Und dein erster Schritt, dein erstes Stammeln:</l>
              <lb n="pen_529.003"/>
              <l>Alles wird itzt Dolchstich unsrer Brust.</l>
              <lb n="pen_529.004"/>
              <l>Traumgewebe war es! Noch empfunden,</l>
              <lb n="pen_529.005"/>
              <l>Schien es Wahrheit dem getäuschten Blick;</l>
              <lb n="pen_529.006"/>
              <l>Aber itzt, hinweggerückt, verschwunden,</l>
              <lb n="pen_529.007"/>
              <l>Läßt es Reu' und Sehnsucht uns zurück.</l>
              <lb n="pen_529.008"/>
              <l>  Aber nein! Auch was uns bleibt, der Schatten</l>
              <lb n="pen_529.009"/>
              <l>Jenes süßen Traums ist doch uns werth.</l>
              <lb n="pen_529.010"/>
              <l>Der Gedanke, daß wir einst dich hatten,</l>
              <lb n="pen_529.011"/>
              <l>Wenn er nicht mehr wild die Brust durchfährt</l>
              <lb n="pen_529.012"/>
              <l>Wenn der Schauder nun in Schwermuth schwindet,</l>
              <lb n="pen_529.013"/>
              <l/>
              <lb n="pen_529.014"/>
              <l>Und der Gram nicht mehr so wüthend nagt,</l>
              <lb n="pen_529.015"/>
              <l>Unser Herz die Stille wieder findet,</l>
              <lb n="pen_529.016"/>
              <l>Die der Wunde Pein ihm noch versagt:</l>
              <lb n="pen_529.017"/>
              <l>O! dann giebt belebtern, sanftern Bildern</l>
              <lb n="pen_529.018"/>
              <l>Diese stille, süße Schwermuth Raum.</l>
              <lb n="pen_529.019"/>
              <l>Sie wird uns das Leben schöner schildern,</l>
              <lb n="pen_529.020"/>
              <l>Nicht als eitlen, wesenlosen Traum;</l>
              <lb n="pen_529.021"/>
              <l>Nein, als den umwölkten, trüben Morgen,</l>
              <lb n="pen_529.022"/>
              <l>Bald vom heitern Sonnenglanz ereilt,</l>
              <lb n="pen_529.023"/>
              <l>Dessen Strahl die Nebel unsrer Sorgen,</l>
              <lb n="pen_529.024"/>
              <l>Deiner Leiden Dämmrung, früh zertheilt.</l>
              <lb n="pen_529.025"/>
              <l>  Weinende Gefährtinn meines Lebens,</l>
            </lg>
          </hi> </p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[529/0572] pen_529.001 Deines Aufblicks, deines Lächelns Lust, pen_529.002 Und dein erster Schritt, dein erstes Stammeln: pen_529.003 Alles wird itzt Dolchstich unsrer Brust. pen_529.004 Traumgewebe war es! Noch empfunden, pen_529.005 Schien es Wahrheit dem getäuschten Blick; pen_529.006 Aber itzt, hinweggerückt, verschwunden, pen_529.007 Läßt es Reu' und Sehnsucht uns zurück. pen_529.008   Aber nein! Auch was uns bleibt, der Schatten pen_529.009 Jenes süßen Traums ist doch uns werth. pen_529.010 Der Gedanke, daß wir einst dich hatten, pen_529.011 Wenn er nicht mehr wild die Brust durchfährt pen_529.012 Wenn der Schauder nun in Schwermuth schwindet, pen_529.013 pen_529.014 Und der Gram nicht mehr so wüthend nagt, pen_529.015 Unser Herz die Stille wieder findet, pen_529.016 Die der Wunde Pein ihm noch versagt: pen_529.017 O! dann giebt belebtern, sanftern Bildern pen_529.018 Diese stille, süße Schwermuth Raum. pen_529.019 Sie wird uns das Leben schöner schildern, pen_529.020 Nicht als eitlen, wesenlosen Traum; pen_529.021 Nein, als den umwölkten, trüben Morgen, pen_529.022 Bald vom heitern Sonnenglanz ereilt, pen_529.023 Dessen Strahl die Nebel unsrer Sorgen, pen_529.024 Deiner Leiden Dämmrung, früh zertheilt. pen_529.025   Weinende Gefährtinn meines Lebens,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/572
Zitationshilfe: Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/572>, abgerufen am 22.11.2024.