Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806.pen_022.001 Poetisches Genie ist nun, nach unsrer pen_022.002 pen_022.003
gehen, deren einer durch den andern gehindert pen_022.004 würde, und das Ding würde eher Unding als pen_022.005 Mittelding seyn. 2) Die verschiedenen Theile pen_022.006 können einander so unähnlich, so heterogen pen_022.007 seyn, daß das Werk in Absicht des einen etwas pen_022.008 ganz anders als in Absicht des andern ist, und pen_022.009 dann läßt es sich freilich unter keine bestimmte pen_022.010 Gattung bringen. 3) Wenn in einem Werke pen_022.011 nicht Alles geschehen ist was zur Erreichung pen_022.012 des Endzwecks geschehen konnte, so macht dieser pen_022.013 Umstand das Werk insofern mangelhaft, pen_022.014 aber wirft es noch nicht aus der Gattung heraus. pen_022.015 An Geßners Idyllen z. B. mangelt Etwas, pen_022.016 weil sie nicht versificirt sind; aber sie bleiben pen_022.017 dennoch Gedichte. 4) Wenn in einem Werke pen_022.018 für den Endzweck zu viel geschehen ist; so pen_022.019 hat das Werk insoweit einen Fehler, aber hört pen_022.020 darum noch nicht auf, von der und der Gattung pen_022.021 zu seyn, Ein Geschichtschreiber kann sich pen_022.022 in seiner Sprache etwas zu sehr dem poetischen pen_022.023 Tone nähern; er bleibt darum doch ein Geschichtschreiber. pen_022.024 - Die weitere Entwickelung pen_022.025 des Begriffs der Lebhaftigkeit wird sich unten pen_022.026 beim Lehrgedichte finden. pen_022.001 Poetisches Genie ist nun, nach unsrer pen_022.002 pen_022.003
gehen, deren einer durch den andern gehindert pen_022.004 würde, und das Ding würde eher Unding als pen_022.005 Mittelding seyn. 2) Die verschiedenen Theile pen_022.006 können einander so unähnlich, so heterogen pen_022.007 seyn, daß das Werk in Absicht des einen etwas pen_022.008 ganz anders als in Absicht des andern ist, und pen_022.009 dann läßt es sich freilich unter keine bestimmte pen_022.010 Gattung bringen. 3) Wenn in einem Werke pen_022.011 nicht Alles geschehen ist was zur Erreichung pen_022.012 des Endzwecks geschehen konnte, so macht dieser pen_022.013 Umstand das Werk insofern mangelhaft, pen_022.014 aber wirft es noch nicht aus der Gattung heraus. pen_022.015 An Geßners Idyllen z. B. mangelt Etwas, pen_022.016 weil sie nicht versificirt sind; aber sie bleiben pen_022.017 dennoch Gedichte. 4) Wenn in einem Werke pen_022.018 für den Endzweck zu viel geschehen ist; so pen_022.019 hat das Werk insoweit einen Fehler, aber hört pen_022.020 darum noch nicht auf, von der und der Gattung pen_022.021 zu seyn, Ein Geschichtschreiber kann sich pen_022.022 in seiner Sprache etwas zu sehr dem poetischen pen_022.023 Tone nähern; er bleibt darum doch ein Geschichtschreiber. pen_022.024 – Die weitere Entwickelung pen_022.025 des Begriffs der Lebhaftigkeit wird sich unten pen_022.026 beim Lehrgedichte finden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0063" n="22"/> <lb n="pen_022.001"/> <p> Poetisches <hi rendition="#i">Genie</hi> ist nun, nach unsrer <lb n="pen_022.002"/> Erklärung des Gedichts, die Fähigkeit, <note xml:id="pen_021_1b" prev="#pen_021_1a" place="foot" n="*"><lb n="pen_022.003"/> gehen, deren einer durch den andern gehindert <lb n="pen_022.004"/> würde, und das Ding würde eher Unding als <lb n="pen_022.005"/> Mittelding seyn. 2) Die verschiedenen Theile <lb n="pen_022.006"/> können einander so unähnlich, so heterogen <lb n="pen_022.007"/> seyn, daß das Werk in Absicht des einen etwas <lb n="pen_022.008"/> ganz anders als in Absicht des andern ist, und <lb n="pen_022.009"/> dann läßt es sich freilich unter keine bestimmte <lb n="pen_022.010"/> Gattung bringen. 3) Wenn in einem Werke <lb n="pen_022.011"/> nicht Alles geschehen ist was zur Erreichung <lb n="pen_022.012"/> des Endzwecks geschehen konnte, so macht dieser <lb n="pen_022.013"/> Umstand das Werk insofern mangelhaft, <lb n="pen_022.014"/> aber wirft es noch nicht aus der Gattung heraus. <lb n="pen_022.015"/> An Geßners Idyllen z. B. mangelt Etwas, <lb n="pen_022.016"/> weil sie nicht versificirt sind; aber sie bleiben <lb n="pen_022.017"/> dennoch Gedichte. 4) Wenn in einem Werke <lb n="pen_022.018"/> für den Endzweck zu viel geschehen ist; so <lb n="pen_022.019"/> hat das Werk insoweit einen Fehler, aber hört <lb n="pen_022.020"/> darum noch nicht auf, von der und der Gattung <lb n="pen_022.021"/> zu seyn, Ein Geschichtschreiber kann sich <lb n="pen_022.022"/> in seiner Sprache etwas zu sehr dem poetischen <lb n="pen_022.023"/> Tone nähern; er bleibt darum doch ein Geschichtschreiber. <lb n="pen_022.024"/> – Die weitere Entwickelung <lb n="pen_022.025"/> des Begriffs der Lebhaftigkeit wird sich unten <lb n="pen_022.026"/> beim Lehrgedichte finden.</note> </p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0063]
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Poetisches Genie ist nun, nach unsrer pen_022.002
Erklärung des Gedichts, die Fähigkeit, *
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gehen, deren einer durch den andern gehindert pen_022.004
würde, und das Ding würde eher Unding als pen_022.005
Mittelding seyn. 2) Die verschiedenen Theile pen_022.006
können einander so unähnlich, so heterogen pen_022.007
seyn, daß das Werk in Absicht des einen etwas pen_022.008
ganz anders als in Absicht des andern ist, und pen_022.009
dann läßt es sich freilich unter keine bestimmte pen_022.010
Gattung bringen. 3) Wenn in einem Werke pen_022.011
nicht Alles geschehen ist was zur Erreichung pen_022.012
des Endzwecks geschehen konnte, so macht dieser pen_022.013
Umstand das Werk insofern mangelhaft, pen_022.014
aber wirft es noch nicht aus der Gattung heraus. pen_022.015
An Geßners Idyllen z. B. mangelt Etwas, pen_022.016
weil sie nicht versificirt sind; aber sie bleiben pen_022.017
dennoch Gedichte. 4) Wenn in einem Werke pen_022.018
für den Endzweck zu viel geschehen ist; so pen_022.019
hat das Werk insoweit einen Fehler, aber hört pen_022.020
darum noch nicht auf, von der und der Gattung pen_022.021
zu seyn, Ein Geschichtschreiber kann sich pen_022.022
in seiner Sprache etwas zu sehr dem poetischen pen_022.023
Tone nähern; er bleibt darum doch ein Geschichtschreiber. pen_022.024
– Die weitere Entwickelung pen_022.025
des Begriffs der Lebhaftigkeit wird sich unten pen_022.026
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Zitationshilfe: | Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/63>, abgerufen am 16.07.2024. |