pen_050.001 eine alberne Erdichtung des Menschen. Er mag pen_050.002 selbst ein solcher Merops seyn: weil er nur gar pen_050.003 zu gern den Himmel erfliegen mögte, ohne die pen_050.004 Erde auch nur einen Augenblick aus dem Gesichte pen_050.005 zu verlieren.
pen_050.006
[Ist von Lessing.]
pen_050.007
Hier haben wir ganz gewiß ein Bild; pen_050.008 aber haben wir eine Fabel? In den vorigen pen_050.009 Stücken ward uns das Erdichtete pen_050.010 als wirklich geschehen erzählt; hier hingegen pen_050.011 giebt man es für nichts als Erdichtung. pen_050.012 Dieses, empfinden wir, sollte nicht pen_050.013 seyn; die Wirklichkeit ist zur Fabel nothwendig, pen_050.014 und wir wollen also statt Bild pen_050.015 lieber Factum sagen. - Doch gesetzt nun pen_050.016 auch, daß wir dem Merops die Wirklichkeit pen_050.017 gäben, und den Uhu für: Ei nicht pen_050.018 doch! sagen ließen: "Ei ja doch!" würde pen_050.019 das Stück dann zur Fabel? Es bliebe pen_050.020 noch immer ein bloßes Gleichniß, in welches pen_050.021 der Dichter durch seinen Witz und
pen_050.001 eine alberne Erdichtung des Menschen. Er mag pen_050.002 selbst ein solcher Merops seyn: weil er nur gar pen_050.003 zu gern den Himmel erfliegen mögte, ohne die pen_050.004 Erde auch nur einen Augenblick aus dem Gesichte pen_050.005 zu verlieren.
pen_050.006
[Ist von Lessing.]
pen_050.007
Hier haben wir ganz gewiß ein Bild; pen_050.008 aber haben wir eine Fabel? In den vorigen pen_050.009 Stücken ward uns das Erdichtete pen_050.010 als wirklich geschehen erzählt; hier hingegen pen_050.011 giebt man es für nichts als Erdichtung. pen_050.012 Dieses, empfinden wir, sollte nicht pen_050.013 seyn; die Wirklichkeit ist zur Fabel nothwendig, pen_050.014 und wir wollen also statt Bild pen_050.015 lieber Factum sagen. – Doch gesetzt nun pen_050.016 auch, daß wir dem Merops die Wirklichkeit pen_050.017 gäben, und den Uhu für: Ei nicht pen_050.018 doch! sagen ließen: „Ei ja doch!“ würde pen_050.019 das Stück dann zur Fabel? Es bliebe pen_050.020 noch immer ein bloßes Gleichniß, in welches pen_050.021 der Dichter durch seinen Witz und
<TEI><text><body><divn="1"><p><hirendition="#aq"><pbfacs="#f0091"n="50"/><lbn="pen_050.001"/>
eine alberne Erdichtung des Menschen. Er mag <lbn="pen_050.002"/>
selbst ein solcher Merops seyn: weil er nur gar <lbn="pen_050.003"/>
zu gern den Himmel erfliegen mögte, ohne die <lbn="pen_050.004"/>
Erde auch nur einen Augenblick aus dem Gesichte <lbn="pen_050.005"/>
zu verlieren.</hi></p><lbn="pen_050.006"/><p><hirendition="#right"><hirendition="#aq">[Ist von <hirendition="#i">Lessing.</hi>]</hi></hi></p><lbn="pen_050.007"/><p> Hier haben wir ganz gewiß ein Bild; <lbn="pen_050.008"/>
aber haben wir eine Fabel? In den vorigen <lbn="pen_050.009"/>
Stücken ward uns das Erdichtete <lbn="pen_050.010"/>
als wirklich geschehen erzählt; hier hingegen <lbn="pen_050.011"/>
giebt man es für nichts als Erdichtung. <lbn="pen_050.012"/>
Dieses, empfinden wir, sollte nicht <lbn="pen_050.013"/>
seyn; die Wirklichkeit ist zur Fabel nothwendig, <lbn="pen_050.014"/>
und wir wollen also statt Bild <lbn="pen_050.015"/>
lieber <hirendition="#i">Factum</hi> sagen. – Doch gesetzt nun <lbn="pen_050.016"/>
auch, daß wir dem Merops die Wirklichkeit <lbn="pen_050.017"/>
gäben, und den Uhu für: Ei nicht <lbn="pen_050.018"/>
doch! sagen ließen: „Ei ja doch!“ würde <lbn="pen_050.019"/>
das Stück dann zur Fabel? Es bliebe <lbn="pen_050.020"/>
noch immer ein bloßes Gleichniß, in welches <lbn="pen_050.021"/>
der Dichter durch seinen Witz und
</p></div></body></text></TEI>
[50/0091]
pen_050.001
eine alberne Erdichtung des Menschen. Er mag pen_050.002
selbst ein solcher Merops seyn: weil er nur gar pen_050.003
zu gern den Himmel erfliegen mögte, ohne die pen_050.004
Erde auch nur einen Augenblick aus dem Gesichte pen_050.005
zu verlieren.
pen_050.006
[Ist von Lessing.]
pen_050.007
Hier haben wir ganz gewiß ein Bild; pen_050.008
aber haben wir eine Fabel? In den vorigen pen_050.009
Stücken ward uns das Erdichtete pen_050.010
als wirklich geschehen erzählt; hier hingegen pen_050.011
giebt man es für nichts als Erdichtung. pen_050.012
Dieses, empfinden wir, sollte nicht pen_050.013
seyn; die Wirklichkeit ist zur Fabel nothwendig, pen_050.014
und wir wollen also statt Bild pen_050.015
lieber Factum sagen. – Doch gesetzt nun pen_050.016
auch, daß wir dem Merops die Wirklichkeit pen_050.017
gäben, und den Uhu für: Ei nicht pen_050.018
doch! sagen ließen: „Ei ja doch!“ würde pen_050.019
das Stück dann zur Fabel? Es bliebe pen_050.020
noch immer ein bloßes Gleichniß, in welches pen_050.021
der Dichter durch seinen Witz und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/91>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.