Am 11ten Jul. setzte ich, in Gesellschaft von 10 Reisenden zu Pferde, über den Wabasch, und betrat den Illinois-Staat.
Hat den Reisenden von der Küste des at- landischen Meers her das ewige Reisen in Wäl- dern ermüdet: so glaubt er sich in eine andere Weltgegend versetzt, sobald er über den Wabasch kömmt und jene großen Wiesenflächen (Prairies) mit kleinen Holzrevieren abwechselnd, vor seinen Augen ausgearbeitet sieht. Doch diese ist Eine der größten und durch den Holzmangel zur Be- bauung eben nicht sehr geeigneten Wiesen.
Nach einer 22 Meilen langen Reise, fort- während durch diese Prairien, erreichten wir das Wirthshaus. Es war ganz mit Reisenden ange- füllt. Demohnachtet wurde Jeder genügend be- dient, die Pferde gut in Acht genommen, und nur in Ansehung des Nachtlagers war die Be- quemlichkeit freilich nicht groß; Jeder mußte sich auf dem Fußboden sein Bette zubereiten so gut er konnte, und auch hier zeigt der Amerikaner ei- ne besondere Unbefangenheit, welche Folge der edeln Freiheit ist; Alles macht sich ohne Umstände und Complimente. Diese Art zu leben, welche
Ebwardsville den 29ſten Jul. 1820.
Am 11ten Jul. ſetzte ich, in Geſellſchaft von 10 Reiſenden zu Pferde, uͤber den Wabaſch, und betrat den Illinois-Staat.
Hat den Reiſenden von der Kuͤſte des at- landiſchen Meers her das ewige Reiſen in Waͤl- dern ermuͤdet: ſo glaubt er ſich in eine andere Weltgegend verſetzt, ſobald er uͤber den Wabaſch koͤmmt und jene großen Wieſenflaͤchen (Prairies) mit kleinen Holzrevieren abwechſelnd, vor ſeinen Augen ausgearbeitet ſieht. Doch dieſe iſt Eine der groͤßten und durch den Holzmangel zur Be- bauung eben nicht ſehr geeigneten Wieſen.
Nach einer 22 Meilen langen Reiſe, fort- waͤhrend durch dieſe Prairien, erreichten wir das Wirthshaus. Es war ganz mit Reiſenden ange- fuͤllt. Demohnachtet wurde Jeder genuͤgend be- dient, die Pferde gut in Acht genommen, und nur in Anſehung des Nachtlagers war die Be- quemlichkeit freilich nicht groß; Jeder mußte ſich auf dem Fußboden ſein Bette zubereiten ſo gut er konnte, und auch hier zeigt der Amerikaner ei- ne beſondere Unbefangenheit, welche Folge der edeln Freiheit iſt; Alles macht ſich ohne Umſtaͤnde und Complimente. Dieſe Art zu leben, welche
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Ebwardsville den 29ſten Jul. 1820.
Am 11ten Jul. ſetzte ich, in Geſellſchaft von
10 Reiſenden zu Pferde, uͤber den Wabaſch, und
betrat den Illinois-Staat.
Hat den Reiſenden von der Kuͤſte des at-
landiſchen Meers her das ewige Reiſen in Waͤl-
dern ermuͤdet: ſo glaubt er ſich in eine andere
Weltgegend verſetzt, ſobald er uͤber den Wabaſch
koͤmmt und jene großen Wieſenflaͤchen (Prairies)
mit kleinen Holzrevieren abwechſelnd, vor ſeinen
Augen ausgearbeitet ſieht. Doch dieſe iſt Eine
der groͤßten und durch den Holzmangel zur Be-
bauung eben nicht ſehr geeigneten Wieſen.
Nach einer 22 Meilen langen Reiſe, fort-
waͤhrend durch dieſe Prairien, erreichten wir das
Wirthshaus. Es war ganz mit Reiſenden ange-
fuͤllt. Demohnachtet wurde Jeder genuͤgend be-
dient, die Pferde gut in Acht genommen, und
nur in Anſehung des Nachtlagers war die Be-
quemlichkeit freilich nicht groß; Jeder mußte ſich
auf dem Fußboden ſein Bette zubereiten ſo gut
er konnte, und auch hier zeigt der Amerikaner ei-
ne beſondere Unbefangenheit, welche Folge der
edeln Freiheit iſt; Alles macht ſich ohne Umſtaͤnde
und Complimente. Dieſe Art zu leben, welche
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Ernst, Ferdinand: Bemerkungen auf einer Reise durch das Innere der vereinigten Staaten von Nord-Amerika im Jahre 1819. Hildesheim, 1820, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ernst_nordamerika_1820/92>, abgerufen am 17.07.2024.
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