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Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

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Denn bei Gott, 's fand sich erst Einer,
Der mein Herz ließ höher schlagen -- --
Und der -- --" "Konnte er's nicht wagen,
Euch um Herz und Hand zu bitten?
O, ich weiß, streng sind die Sitten
Eures Stand's!" nickt trüb die Dirne.
Nella mit umwölkter Stirne,
Ihre rothen Lippen nagend
Und die Blicke niederschlagend
Finster, ohne aufzurichten
Haupt und Nacken, spricht: "Mit nichten!
Den grad' will ich ja verlassen,
Denn just diesen -- muß ich hassen!"
"Hassen?" -- "Ja! mit gutem Grunde.
Aber jetzt gieb Du mir Kunde,
Gudula, von Deinem Leben,
Ob Dich Freunde hier umgeben?
Hast Du Eltern?" "In der Klause
Bei dem Stift bin ich zu Hause,"
Nickt das Waldkind, träum'risch sinnend,
Seine schlichte Mähr' beginnend,
"Mütterlein war früh gestorben,
Und als sich d'rauf neu geworben
Vater eine Hausfrau, Dorte,
Hört' ich doch nie rauhe Worte,
Wurde treu von ihr gepfleget,
Wohlgehütet und geheget.
Obwohl sie hernach gegeben
Dreien Buben noch das Leben,
Hab' ich stets doch sie gefunden
Lieb und gut, zu allen Stunden.
Denn bei Gott, 's fand ſich erſt Einer,
Der mein Herz ließ höher ſchlagen — —
Und der — —“ „Konnte er's nicht wagen,
Euch um Herz und Hand zu bitten?
O, ich weiß, ſtreng ſind die Sitten
Eures Stand's!“ nickt trüb die Dirne.
Nella mit umwölkter Stirne,
Ihre rothen Lippen nagend
Und die Blicke niederſchlagend
Finſter, ohne aufzurichten
Haupt und Nacken, ſpricht: „Mit nichten!
Den grad' will ich ja verlaſſen,
Denn juſt dieſen — muß ich haſſen!“
„Haſſen?“ — „Ja! mit gutem Grunde.
Aber jetzt gieb Du mir Kunde,
Gudula, von Deinem Leben,
Ob Dich Freunde hier umgeben?
Haſt Du Eltern?“ „In der Klauſe
Bei dem Stift bin ich zu Hauſe,“
Nickt das Waldkind, träum'riſch ſinnend,
Seine ſchlichte Mähr' beginnend,
„Mütterlein war früh geſtorben,
Und als ſich d'rauf neu geworben
Vater eine Hausfrau, Dorte,
Hört' ich doch nie rauhe Worte,
Wurde treu von ihr gepfleget,
Wohlgehütet und geheget.
Obwohl ſie hernach gegeben
Dreien Buben noch das Leben,
Hab' ich ſtets doch ſie gefunden
Lieb und gut, zu allen Stunden.
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[102/0116] Denn bei Gott, 's fand ſich erſt Einer, Der mein Herz ließ höher ſchlagen — — Und der — —“ „Konnte er's nicht wagen, Euch um Herz und Hand zu bitten? O, ich weiß, ſtreng ſind die Sitten Eures Stand's!“ nickt trüb die Dirne. Nella mit umwölkter Stirne, Ihre rothen Lippen nagend Und die Blicke niederſchlagend Finſter, ohne aufzurichten Haupt und Nacken, ſpricht: „Mit nichten! Den grad' will ich ja verlaſſen, Denn juſt dieſen — muß ich haſſen!“ „Haſſen?“ — „Ja! mit gutem Grunde. Aber jetzt gieb Du mir Kunde, Gudula, von Deinem Leben, Ob Dich Freunde hier umgeben? Haſt Du Eltern?“ „In der Klauſe Bei dem Stift bin ich zu Hauſe,“ Nickt das Waldkind, träum'riſch ſinnend, Seine ſchlichte Mähr' beginnend, „Mütterlein war früh geſtorben, Und als ſich d'rauf neu geworben Vater eine Hausfrau, Dorte, Hört' ich doch nie rauhe Worte, Wurde treu von ihr gepfleget, Wohlgehütet und geheget. Obwohl ſie hernach gegeben Dreien Buben noch das Leben, Hab' ich ſtets doch ſie gefunden Lieb und gut, zu allen Stunden.

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Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/116>, abgerufen am 21.11.2024.