Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Das Feld nicht um Haares Breite.
Welch' hitziger Stoß jetzt; doch schnell und gewandt Parirt ihn die Katze. Hernieder zum Sand Splittert's vom lindenen Schilde; Und eingeleget die Lanze mit Macht, Auf die Maus wirft die Katze sich. -- Beben Faßt Nella. Wehe! -- Es stampfet und kracht -- Die Maus aus dem Sattel zu heben, Trifft furchtbar der Stoß, -- sie wankt auch, sie sinkt, Und schmetternder Hornstoß, Volksjubel erklingt: "Die Maus, die Maus ist besieget!" Zu Nellas Füßen der Sieger jetzt kniet, Den duftigen Lohn zu empfangen, Und als er der Holden ins Auge sieht, Da glühen die farblosen Wangen, Sie neigt sich hernieder, mit zitternder Hand Das Kränzlein sie um die Stirne ihm wand, Und starrt, und starrt in sein Auge. Da drückt er die Hand ihr, ganz gegen den Brauch, Und flüstert ihr leise entgegen: "Besiegte die Katze die Gegnerin auch, Hat zu Füßen sie doch ihr gelegen! Und streckt' sie zum Sand auch das Mäuslein zur Stund', Ist selber sie doch viel todeswund Von ihm in das Herze getroffen!" -- Auf der Wartburg flackern die Kerzen im Saal, Da tönen die Pauken und Geigen, Da schreitet man nach dem festlichen Mahl Mit Jubel und Lachen zum Reigen. Der Katzenritter, wer hat ihn geseh'n? Er nahm seinen Lohn nur, um schweigend zu geh'n? Das Feld nicht um Haares Breite.
Welch' hitziger Stoß jetzt; doch ſchnell und gewandt Parirt ihn die Katze. Hernieder zum Sand Splittert's vom lindenen Schilde; Und eingeleget die Lanze mit Macht, Auf die Maus wirft die Katze ſich. — Beben Faßt Nella. Wehe! — Es ſtampfet und kracht — Die Maus aus dem Sattel zu heben, Trifft furchtbar der Stoß, — ſie wankt auch, ſie ſinkt, Und ſchmetternder Hornſtoß, Volksjubel erklingt: „Die Maus, die Maus iſt beſieget!“ Zu Nellas Füßen der Sieger jetzt kniet, Den duftigen Lohn zu empfangen, Und als er der Holden ins Auge ſieht, Da glühen die farbloſen Wangen, Sie neigt ſich hernieder, mit zitternder Hand Das Kränzlein ſie um die Stirne ihm wand, Und ſtarrt, und ſtarrt in ſein Auge. Da drückt er die Hand ihr, ganz gegen den Brauch, Und flüſtert ihr leiſe entgegen: „Beſiegte die Katze die Gegnerin auch, Hat zu Füßen ſie doch ihr gelegen! Und ſtreckt' ſie zum Sand auch das Mäuslein zur Stund', Iſt ſelber ſie doch viel todeswund Von ihm in das Herze getroffen!“ — Auf der Wartburg flackern die Kerzen im Saal, Da tönen die Pauken und Geigen, Da ſchreitet man nach dem feſtlichen Mahl Mit Jubel und Lachen zum Reigen. Der Katzenritter, wer hat ihn geſeh'n? Er nahm ſeinen Lohn nur, um ſchweigend zu geh'n? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0147" n="133"/> <lg n="6"> <l>Das Feld nicht um Haares Breite.</l><lb/> <l>Welch' hitziger Stoß jetzt; doch ſchnell und gewandt</l><lb/> <l>Parirt ihn die Katze. Hernieder zum Sand</l><lb/> <l>Splittert's vom lindenen Schilde;</l><lb/> <l>Und eingeleget die Lanze mit Macht,</l><lb/> <l>Auf die Maus wirft die Katze ſich. — Beben</l><lb/> <l>Faßt Nella. Wehe! — Es ſtampfet und kracht —</l><lb/> <l>Die Maus aus dem Sattel zu heben,</l><lb/> <l>Trifft furchtbar der Stoß, — ſie wankt auch, ſie ſinkt,</l><lb/> <l>Und ſchmetternder Hornſtoß, Volksjubel erklingt:</l><lb/> <l>„Die Maus, die Maus iſt beſieget!“</l><lb/> <l>Zu Nellas Füßen der Sieger jetzt kniet,</l><lb/> <l>Den duftigen Lohn zu empfangen,</l><lb/> <l>Und als er der Holden ins Auge ſieht,</l><lb/> <l>Da glühen die farbloſen Wangen,</l><lb/> <l>Sie neigt ſich hernieder, mit zitternder Hand</l><lb/> <l>Das Kränzlein ſie um die Stirne ihm wand,</l><lb/> <l>Und ſtarrt, und ſtarrt in ſein Auge.</l><lb/> <l>Da drückt er die Hand ihr, ganz gegen den Brauch,</l><lb/> <l>Und flüſtert ihr leiſe entgegen:</l><lb/> <l>„Beſiegte die Katze die Gegnerin auch,</l><lb/> <l>Hat zu Füßen ſie doch ihr gelegen!</l><lb/> <l>Und ſtreckt' ſie zum Sand auch das Mäuslein zur Stund',</l><lb/> <l>Iſt ſelber ſie doch viel todeswund</l><lb/> <l>Von ihm in das Herze getroffen!“ —</l><lb/> <l>Auf der Wartburg flackern die Kerzen im Saal,</l><lb/> <l>Da tönen die Pauken und Geigen,</l><lb/> <l>Da ſchreitet man nach dem feſtlichen Mahl</l><lb/> <l>Mit Jubel und Lachen zum Reigen.</l><lb/> <l>Der Katzenritter, wer hat ihn geſeh'n?</l><lb/> <l>Er nahm ſeinen Lohn nur, um ſchweigend zu geh'n?</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [133/0147]
Das Feld nicht um Haares Breite.
Welch' hitziger Stoß jetzt; doch ſchnell und gewandt
Parirt ihn die Katze. Hernieder zum Sand
Splittert's vom lindenen Schilde;
Und eingeleget die Lanze mit Macht,
Auf die Maus wirft die Katze ſich. — Beben
Faßt Nella. Wehe! — Es ſtampfet und kracht —
Die Maus aus dem Sattel zu heben,
Trifft furchtbar der Stoß, — ſie wankt auch, ſie ſinkt,
Und ſchmetternder Hornſtoß, Volksjubel erklingt:
„Die Maus, die Maus iſt beſieget!“
Zu Nellas Füßen der Sieger jetzt kniet,
Den duftigen Lohn zu empfangen,
Und als er der Holden ins Auge ſieht,
Da glühen die farbloſen Wangen,
Sie neigt ſich hernieder, mit zitternder Hand
Das Kränzlein ſie um die Stirne ihm wand,
Und ſtarrt, und ſtarrt in ſein Auge.
Da drückt er die Hand ihr, ganz gegen den Brauch,
Und flüſtert ihr leiſe entgegen:
„Beſiegte die Katze die Gegnerin auch,
Hat zu Füßen ſie doch ihr gelegen!
Und ſtreckt' ſie zum Sand auch das Mäuslein zur Stund',
Iſt ſelber ſie doch viel todeswund
Von ihm in das Herze getroffen!“ —
Auf der Wartburg flackern die Kerzen im Saal,
Da tönen die Pauken und Geigen,
Da ſchreitet man nach dem feſtlichen Mahl
Mit Jubel und Lachen zum Reigen.
Der Katzenritter, wer hat ihn geſeh'n?
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