Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Im Eiskristall sich bricht,
Wie er die weißen Zinnen
In Schamesröthe taucht,
Wenn glühend seine Küsse
Auf ihre Stirn er haucht!
Da hängt vom Tannenaste
Der hellgefrorne Tand,
Eiszapfen, lang und zackig
Und blitzend wie Demant!
Und droben an dem Thurme
Der alte Wetterdrach'
Gähnt unter weißer Mütze
Verschlafen von dem Dach
Und blinzt herab zum Hofe,
Wo von dem Fensterrand
Den Schnee in Silberflocken
Stäubt schlanke Frauenhand.
Schön Nella ist's und Guda,
Die schaffen dort sich Platz,
Die Krumen auszustreuen
Für Täublein, Meis' und Spatz.
Hei, wie das lustig flattert
Und zwitschert, pickt und schwirrt,
Vom Wald selbst hat sich heute
Manch' Gast hierher verirrt;
Der thut noch scheu und blöde,
Faßt zu und schrickt davon.
Da lob' ich mir den Spatzen,
Den kecklichen Patron,
Der stets bei Nellas Händen
So nah wie möglich sitzt,
Im Eiskriſtall ſich bricht,
Wie er die weißen Zinnen
In Schamesröthe taucht,
Wenn glühend ſeine Küſſe
Auf ihre Stirn er haucht!
Da hängt vom Tannenaſte
Der hellgefrorne Tand,
Eiszapfen, lang und zackig
Und blitzend wie Demant!
Und droben an dem Thurme
Der alte Wetterdrach'
Gähnt unter weißer Mütze
Verſchlafen von dem Dach
Und blinzt herab zum Hofe,
Wo von dem Fenſterrand
Den Schnee in Silberflocken
Stäubt ſchlanke Frauenhand.
Schön Nella iſt's und Guda,
Die ſchaffen dort ſich Platz,
Die Krumen auszuſtreuen
Für Täublein, Meiſ' und Spatz.
Hei, wie das luſtig flattert
Und zwitſchert, pickt und ſchwirrt,
Vom Wald ſelbſt hat ſich heute
Manch' Gaſt hierher verirrt;
Der thut noch ſcheu und blöde,
Faßt zu und ſchrickt davon.
Da lob' ich mir den Spatzen,
Den kecklichen Patron,
Der ſtets bei Nellas Händen
So nah wie möglich ſitzt,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0196" n="182"/>
          <lg n="2">
            <l>Im Eiskri&#x017F;tall &#x017F;ich bricht,</l><lb/>
            <l>Wie er die weißen Zinnen</l><lb/>
            <l>In Schamesröthe taucht,</l><lb/>
            <l>Wenn glühend &#x017F;eine Kü&#x017F;&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Auf ihre Stirn er haucht!</l><lb/>
            <l>Da hängt vom Tannena&#x017F;te</l><lb/>
            <l>Der hellgefrorne Tand,</l><lb/>
            <l>Eiszapfen, lang und zackig</l><lb/>
            <l>Und blitzend wie Demant!</l><lb/>
            <l>Und droben an dem Thurme</l><lb/>
            <l>Der alte Wetterdrach'</l><lb/>
            <l>Gähnt unter weißer Mütze</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;chlafen von dem Dach</l><lb/>
            <l>Und blinzt herab zum Hofe,</l><lb/>
            <l>Wo von dem Fen&#x017F;terrand</l><lb/>
            <l>Den Schnee in Silberflocken</l><lb/>
            <l>Stäubt &#x017F;chlanke Frauenhand.</l><lb/>
            <l>Schön Nella i&#x017F;t's und Guda,</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;chaffen dort &#x017F;ich Platz,</l><lb/>
            <l>Die Krumen auszu&#x017F;treuen</l><lb/>
            <l>Für Täublein, Mei&#x017F;' und Spatz.</l><lb/>
            <l>Hei, wie das lu&#x017F;tig flattert</l><lb/>
            <l>Und zwit&#x017F;chert, pickt und &#x017F;chwirrt,</l><lb/>
            <l>Vom Wald &#x017F;elb&#x017F;t hat &#x017F;ich heute</l><lb/>
            <l>Manch' Ga&#x017F;t hierher verirrt;</l><lb/>
            <l>Der thut noch &#x017F;cheu und blöde,</l><lb/>
            <l>Faßt zu und &#x017F;chrickt davon.</l><lb/>
            <l>Da lob' ich mir den Spatzen,</l><lb/>
            <l>Den kecklichen Patron,</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;tets bei Nellas Händen</l><lb/>
            <l>So nah wie möglich &#x017F;itzt,</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0196] Im Eiskriſtall ſich bricht, Wie er die weißen Zinnen In Schamesröthe taucht, Wenn glühend ſeine Küſſe Auf ihre Stirn er haucht! Da hängt vom Tannenaſte Der hellgefrorne Tand, Eiszapfen, lang und zackig Und blitzend wie Demant! Und droben an dem Thurme Der alte Wetterdrach' Gähnt unter weißer Mütze Verſchlafen von dem Dach Und blinzt herab zum Hofe, Wo von dem Fenſterrand Den Schnee in Silberflocken Stäubt ſchlanke Frauenhand. Schön Nella iſt's und Guda, Die ſchaffen dort ſich Platz, Die Krumen auszuſtreuen Für Täublein, Meiſ' und Spatz. Hei, wie das luſtig flattert Und zwitſchert, pickt und ſchwirrt, Vom Wald ſelbſt hat ſich heute Manch' Gaſt hierher verirrt; Der thut noch ſcheu und blöde, Faßt zu und ſchrickt davon. Da lob' ich mir den Spatzen, Den kecklichen Patron, Der ſtets bei Nellas Händen So nah wie möglich ſitzt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/196
Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/196>, abgerufen am 21.11.2024.