Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

Bild:
<< vorherige Seite
von der andern ehe.
Hundert und eilftes haubtstück
von der andern ehe.
§ 830

Sich verentern oder veranern, hiße zwar sichdie andre
ehe war bei
den Teut-
schen ver-
haßt.

der jungferschaft begeben, oder sich verehe-
ligen, Keyßler in den antiquitat. septemtr. s.
489. Es konte aber die verenderung nur einmal
geschehen; denn die andre ehe war bei den Teut-
schen sehr verhast, wie solches Tacitus cap. 19
bereits angemerket hat. Im sprüchworte hise es
daher: stiefvater, stiefmutter; imgleichen: wenn
die henne zum hane kommet vergisset sie irer jun-
gen, Pistorius cent. X par. 39 und 40 s. 998
fgg. Hert. lib. I par. 71. Die Teutschen hil-
ten eben sowohl, als andere völker die widerhol-
ten ehen für unkeusch, und wolten deswegen, daß
nur die jungfrauen, nicht aber die witben heira-
ten sollten. Und ob sie gleich die anderweite ver-
eheligung den letztern nicht gänzlich untersageten,
sondern wohl erlaubeten; so musten sie iedoch sol-
che freiheit mit erlegung einer gewissen strafe büs-
sen, welche bei den Franken die reubus, oder rei-
pus genennet wurde, Hofmann in den obseruat.
iuris Germanici
s. 81, von Eccard ad legem
salicam
s. 88, Gundling de emtione vxor.
cap. I
§ 22 fg. Es ist auch sotaner gebrauch an
vilen orten in übung verbliben. Disemnach die
witben und sogar witber verbunden sind, die her-
gebrachte strafe abzutragen. Die witben müssen
an einigen orten die inen bestimmte strafe in einem
beutel one nat, welchen man den witben- oder
bocks-beutel nennet, dem richter überbringen,
Knorre in den rechtlichen anmerkungen s. 247 fgg.

und
Z 2
von der andern ehe.
Hundert und eilftes haubtſtuͤck
von der andern ehe.
§ 830

Sich verentern oder veranern, hiße zwar ſichdie andre
ehe war bei
den Teut-
ſchen ver-
haßt.

der jungferſchaft begeben, oder ſich verehe-
ligen, Keyßler in den antiquitat. ſeptemtr. ſ.
489. Es konte aber die verenderung nur einmal
geſchehen; denn die andre ehe war bei den Teut-
ſchen ſehr verhaſt, wie ſolches Tacitus cap. 19
bereits angemerket hat. Im ſpruͤchworte hiſe es
daher: ſtiefvater, ſtiefmutter; imgleichen: wenn
die henne zum hane kommet vergiſſet ſie irer jun-
gen, Piſtorius cent. X par. 39 und 40 ſ. 998
fgg. Hert. lib. I par. 71. Die Teutſchen hil-
ten eben ſowohl, als andere voͤlker die widerhol-
ten ehen fuͤr unkeuſch, und wolten deswegen, daß
nur die jungfrauen, nicht aber die witben heira-
ten ſollten. Und ob ſie gleich die anderweite ver-
eheligung den letztern nicht gaͤnzlich unterſageten,
ſondern wohl erlaubeten; ſo muſten ſie iedoch ſol-
che freiheit mit erlegung einer gewiſſen ſtrafe buͤſ-
ſen, welche bei den Franken die reubus, oder rei-
pus genennet wurde, Hofmann in den obſeruat.
iuris Germanici
ſ. 81, von Eccard ad legem
ſalicam
ſ. 88, Gundling de emtione vxor.
cap. I
§ 22 fg. Es iſt auch ſotaner gebrauch an
vilen orten in uͤbung verbliben. Diſemnach die
witben und ſogar witber verbunden ſind, die her-
gebrachte ſtrafe abzutragen. Die witben muͤſſen
an einigen orten die inen beſtimmte ſtrafe in einem
beutel one nat, welchen man den witben- oder
bocks-beutel nennet, dem richter uͤberbringen,
Knorre in den rechtlichen anmerkungen ſ. 247 fgg.

und
Z 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0367" n="355"/>
      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von der andern ehe.</hi> </fw><lb/>
      <div n="2">
        <head> <hi rendition="#b">Hundert und eilftes haubt&#x017F;tu&#x0364;ck<lb/>
von der andern ehe.</hi> </head><lb/>
        <div n="3">
          <head>§ 830</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">S</hi>ich verentern oder veranern, hiße zwar &#x017F;ich<note place="right">die andre<lb/>
ehe war bei<lb/>
den Teut-<lb/>
&#x017F;chen ver-<lb/>
haßt.</note><lb/>
der jungfer&#x017F;chaft begeben, oder &#x017F;ich verehe-<lb/>
ligen, <hi rendition="#fr">Keyßler</hi> in den <hi rendition="#aq">antiquitat. &#x017F;eptemtr.</hi> &#x017F;.<lb/>
489. Es konte aber die verenderung nur einmal<lb/>
ge&#x017F;chehen; denn die andre ehe war bei den Teut-<lb/>
&#x017F;chen &#x017F;ehr verha&#x017F;t, wie &#x017F;olches <hi rendition="#fr">Tacitus</hi> cap. 19<lb/>
bereits angemerket hat. Im &#x017F;pru&#x0364;chworte hi&#x017F;e es<lb/>
daher: &#x017F;tiefvater, &#x017F;tiefmutter; imgleichen: wenn<lb/>
die henne zum hane kommet vergi&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ie irer jun-<lb/>
gen, <hi rendition="#fr">Pi&#x017F;torius</hi> cent. <hi rendition="#aq">X</hi> par. 39 und 40 &#x017F;. 998<lb/>
fgg. <hi rendition="#fr">Hert.</hi> <hi rendition="#aq">lib. I</hi> par. 71. Die Teut&#x017F;chen hil-<lb/>
ten eben &#x017F;owohl, als andere vo&#x0364;lker die widerhol-<lb/>
ten ehen fu&#x0364;r unkeu&#x017F;ch, und wolten deswegen, daß<lb/>
nur die jungfrauen, nicht aber die witben heira-<lb/>
ten &#x017F;ollten. Und ob &#x017F;ie gleich die anderweite ver-<lb/>
eheligung den letztern nicht ga&#x0364;nzlich unter&#x017F;ageten,<lb/>
&#x017F;ondern wohl erlaubeten; &#x017F;o mu&#x017F;ten &#x017F;ie iedoch &#x017F;ol-<lb/>
che freiheit mit erlegung einer gewi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;trafe bu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, welche bei den Franken die reubus, oder rei-<lb/>
pus genennet wurde, <hi rendition="#fr">Hofmann</hi> in den <hi rendition="#aq">ob&#x017F;eruat.<lb/>
iuris Germanici</hi> &#x017F;. 81, <hi rendition="#fr">von Eccard</hi> <hi rendition="#aq">ad legem<lb/>
&#x017F;alicam</hi> &#x017F;. 88, <hi rendition="#fr">Gundling</hi> <hi rendition="#aq">de emtione vxor.<lb/>
cap. I</hi> § 22 fg. Es i&#x017F;t auch &#x017F;otaner gebrauch an<lb/>
vilen orten in u&#x0364;bung verbliben. Di&#x017F;emnach die<lb/>
witben und &#x017F;ogar witber verbunden &#x017F;ind, die her-<lb/>
gebrachte &#x017F;trafe abzutragen. Die witben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
an einigen orten die inen be&#x017F;timmte &#x017F;trafe in einem<lb/>
beutel one nat, welchen man den witben- oder<lb/>
bocks-beutel nennet, dem richter u&#x0364;berbringen,<lb/><hi rendition="#fr">Knorre</hi> in den rechtlichen anmerkungen &#x017F;. 247 fgg.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z 2</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[355/0367] von der andern ehe. Hundert und eilftes haubtſtuͤck von der andern ehe. § 830 Sich verentern oder veranern, hiße zwar ſich der jungferſchaft begeben, oder ſich verehe- ligen, Keyßler in den antiquitat. ſeptemtr. ſ. 489. Es konte aber die verenderung nur einmal geſchehen; denn die andre ehe war bei den Teut- ſchen ſehr verhaſt, wie ſolches Tacitus cap. 19 bereits angemerket hat. Im ſpruͤchworte hiſe es daher: ſtiefvater, ſtiefmutter; imgleichen: wenn die henne zum hane kommet vergiſſet ſie irer jun- gen, Piſtorius cent. X par. 39 und 40 ſ. 998 fgg. Hert. lib. I par. 71. Die Teutſchen hil- ten eben ſowohl, als andere voͤlker die widerhol- ten ehen fuͤr unkeuſch, und wolten deswegen, daß nur die jungfrauen, nicht aber die witben heira- ten ſollten. Und ob ſie gleich die anderweite ver- eheligung den letztern nicht gaͤnzlich unterſageten, ſondern wohl erlaubeten; ſo muſten ſie iedoch ſol- che freiheit mit erlegung einer gewiſſen ſtrafe buͤſ- ſen, welche bei den Franken die reubus, oder rei- pus genennet wurde, Hofmann in den obſeruat. iuris Germanici ſ. 81, von Eccard ad legem ſalicam ſ. 88, Gundling de emtione vxor. cap. I § 22 fg. Es iſt auch ſotaner gebrauch an vilen orten in uͤbung verbliben. Diſemnach die witben und ſogar witber verbunden ſind, die her- gebrachte ſtrafe abzutragen. Die witben muͤſſen an einigen orten die inen beſtimmte ſtrafe in einem beutel one nat, welchen man den witben- oder bocks-beutel nennet, dem richter uͤberbringen, Knorre in den rechtlichen anmerkungen ſ. 247 fgg. und die andre ehe war bei den Teut- ſchen ver- haßt. Z 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/367
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/367>, abgerufen am 24.11.2024.