derjenige arm, welcher die nöthigen proceß-kosten zu tragen nicht vermag, Estors anfangsgründe des gemeinen und reichs-processes, tit. 300 § 2341 fg. s. 890. Tacitus cap. 24 hält die Teutschen für arm. Der kaiser Carl der große verordnete, daß den armen, wittben und waisen das recht strecklich gesprochen werde, Hert, vol. 2 T. I s. 193, welches bis diese stunde ieder kaiser bei der krönung eidlich zusagen muß. Besage concept der cammer- gerichtsordnung 1th. tit. 55 soll ihnen das recht umsonst gesprochen werden. Sie müssen die ar- mut anzeigen und vermittels eines zeugnisses der oberkeit oder glaubwürdiger personen bescheinigen, Estor am a. o. § 2345. Der arme ist zu warnen, sich wohl zu prüfen: ob er eine gerechte sache zu haben vermeine, widrigenfalls er nach befinden eine leibesstrafe zu gewarten hat, Estor am a. o. § 2357. Nach diesem vorgange wird er zum ar- meneide gelassen, Samuel Schulzde pauperi- bus in camera litigantibus. Es wird ihm ein advocat beigegeben, welcher ihm umsonst dienen muß, wie nicht minder der anwalt. Unterdessen dienet den armen das Teutsche sprüchwort: "arm "seyn ist keine schande, noch unehr", Pistorius cent. 2 par. 37 und 38 s. 178 fg. Hertlib. 1 par. 64 s. 337 vol. II, T. III, zum troste.
Dreizehentes haubtstück von den bettlern.
§ 106
Das betteln war bei den Teutschen verboten,das betteln ist verboten kapitularia Francorum lib. I cap. 118. Bet- teln bedeutet so viel, als oft bitten, sihe Launojus de cura ecclesiae pro miseris et pauperibus.
Es
Chriſten und Juͤden.
derjenige arm, welcher die noͤthigen proceß-koſten zu tragen nicht vermag, Eſtors anfangsgruͤnde des gemeinen und reichs-proceſſes, tit. 300 § 2341 fg. ſ. 890. Tacitus cap. 24 haͤlt die Teutſchen fuͤr arm. Der kaiſer Carl der große verordnete, daß den armen, wittben und waiſen das recht ſtrecklich geſprochen werde, Hert, vol. 2 T. I ſ. 193, welches bis dieſe ſtunde ieder kaiſer bei der kroͤnung eidlich zuſagen muß. Beſage concept der cammer- gerichtsordnung 1th. tit. 55 ſoll ihnen das recht umſonſt geſprochen werden. Sie muͤſſen die ar- mut anzeigen und vermittels eines zeugniſſes der oberkeit oder glaubwuͤrdiger perſonen beſcheinigen, Eſtor am a. o. § 2345. Der arme iſt zu warnen, ſich wohl zu pruͤfen: ob er eine gerechte ſache zu haben vermeine, widrigenfalls er nach befinden eine leibesſtrafe zu gewarten hat, Eſtor am a. o. § 2357. Nach dieſem vorgange wird er zum ar- meneide gelaſſen, Samuel Schulzde pauperi- bus in camera litigantibus. Es wird ihm ein advocat beigegeben, welcher ihm umſonſt dienen muß, wie nicht minder der anwalt. Unterdeſſen dienet den armen das Teutſche ſpruͤchwort: „arm „ſeyn iſt keine ſchande, noch unehr„, Piſtorius cent. 2 par. 37 und 38 ſ. 178 fg. Hertlib. 1 par. 64 ſ. 337 vol. II, T. III, zum troſte.
Dreizehentes haubtſtuͤck von den bettlern.
§ 106
Das betteln war bei den Teutſchen verboten,das betteln iſt verboten kapitularia Francorum lib. I cap. 118. Bet- teln bedeutet ſo viel, als oft bitten, ſihe Launojus de cura eccleſiae pro miſeris et pauperibus.
Es
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0055"n="45"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Chriſten und Juͤden.</hi></fw><lb/>
derjenige arm, welcher die noͤthigen proceß-koſten<lb/>
zu tragen nicht vermag, <hirendition="#fr">Eſtors</hi> anfangsgruͤnde<lb/>
des gemeinen und reichs-proceſſes, tit. 300 § 2341<lb/>
fg. ſ. 890. <hirendition="#fr">Tacitus</hi> cap. 24 haͤlt die Teutſchen<lb/>
fuͤr arm. Der kaiſer Carl der große verordnete,<lb/>
daß den armen, wittben und waiſen das recht<lb/>ſtrecklich geſprochen werde, <hirendition="#fr">Hert,</hi> vol. 2 <hirendition="#aq">T. I</hi>ſ. 193,<lb/>
welches bis dieſe ſtunde ieder kaiſer bei der kroͤnung<lb/>
eidlich zuſagen muß. Beſage <hirendition="#fr">concept der cammer-<lb/>
gerichtsordnung</hi> 1th. tit. 55 ſoll ihnen das recht<lb/>
umſonſt geſprochen werden. Sie muͤſſen die ar-<lb/>
mut anzeigen und vermittels eines zeugniſſes der<lb/>
oberkeit oder glaubwuͤrdiger perſonen beſcheinigen,<lb/><hirendition="#fr">Eſtor</hi> am a. o. § 2345. Der arme iſt zu warnen,<lb/>ſich wohl zu pruͤfen: ob er eine gerechte ſache zu<lb/>
haben vermeine, widrigenfalls er nach befinden<lb/>
eine leibesſtrafe zu gewarten hat, <hirendition="#fr">Eſtor</hi> am a. o.<lb/>
§ 2357. Nach dieſem vorgange wird er zum ar-<lb/>
meneide gelaſſen, <hirendition="#fr">Samuel Schulz</hi><hirendition="#aq">de pauperi-<lb/>
bus in camera litigantibus.</hi> Es wird ihm ein<lb/>
advocat beigegeben, welcher ihm umſonſt dienen<lb/>
muß, wie nicht minder der anwalt. Unterdeſſen<lb/>
dienet den armen das Teutſche ſpruͤchwort: „arm<lb/>„ſeyn iſt keine ſchande, noch unehr„, <hirendition="#fr">Piſtorius</hi><lb/>
cent. 2 par. 37 und 38 ſ. 178 fg. <hirendition="#fr">Hert</hi><hirendition="#aq">lib.</hi> 1 par. 64<lb/>ſ. 337 vol. <hirendition="#aq">II, T. III,</hi> zum troſte.</p></div></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Dreizehentes haubtſtuͤck<lb/><hirendition="#g">von den bettlern</hi>.</hi></head><lb/><divn="3"><head>§ 106</head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>as betteln war bei den Teutſchen verboten,<noteplace="right">das betteln<lb/>
iſt verboten</note><lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#i">kapitularia Francorum</hi> lib. I</hi> cap. 118. Bet-<lb/>
teln bedeutet ſo viel, als oft bitten, ſihe <hirendition="#fr">Launojus</hi><lb/><hirendition="#aq">de cura eccleſiae pro miſeris et pauperibus.</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Es</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[45/0055]
Chriſten und Juͤden.
derjenige arm, welcher die noͤthigen proceß-koſten
zu tragen nicht vermag, Eſtors anfangsgruͤnde
des gemeinen und reichs-proceſſes, tit. 300 § 2341
fg. ſ. 890. Tacitus cap. 24 haͤlt die Teutſchen
fuͤr arm. Der kaiſer Carl der große verordnete,
daß den armen, wittben und waiſen das recht
ſtrecklich geſprochen werde, Hert, vol. 2 T. I ſ. 193,
welches bis dieſe ſtunde ieder kaiſer bei der kroͤnung
eidlich zuſagen muß. Beſage concept der cammer-
gerichtsordnung 1th. tit. 55 ſoll ihnen das recht
umſonſt geſprochen werden. Sie muͤſſen die ar-
mut anzeigen und vermittels eines zeugniſſes der
oberkeit oder glaubwuͤrdiger perſonen beſcheinigen,
Eſtor am a. o. § 2345. Der arme iſt zu warnen,
ſich wohl zu pruͤfen: ob er eine gerechte ſache zu
haben vermeine, widrigenfalls er nach befinden
eine leibesſtrafe zu gewarten hat, Eſtor am a. o.
§ 2357. Nach dieſem vorgange wird er zum ar-
meneide gelaſſen, Samuel Schulz de pauperi-
bus in camera litigantibus. Es wird ihm ein
advocat beigegeben, welcher ihm umſonſt dienen
muß, wie nicht minder der anwalt. Unterdeſſen
dienet den armen das Teutſche ſpruͤchwort: „arm
„ſeyn iſt keine ſchande, noch unehr„, Piſtorius
cent. 2 par. 37 und 38 ſ. 178 fg. Hert lib. 1 par. 64
ſ. 337 vol. II, T. III, zum troſte.
Dreizehentes haubtſtuͤck
von den bettlern.
§ 106
Das betteln war bei den Teutſchen verboten,
kapitularia Francorum lib. I cap. 118. Bet-
teln bedeutet ſo viel, als oft bitten, ſihe Launojus
de cura eccleſiae pro miſeris et pauperibus.
Es
das betteln
iſt verboten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/55>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.