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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758.

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LXIIII haubtstück vom pachten,
nicht zufriden seyn; so bleibet es auf deren gefar,
gegen vorstand, das urthels-mäßige zu bezaleu,
stehen. Jndeß sind deßfalls keine weiterungen zu
verstatten, sondern die sache ist in 14 tagen zu en-
digen.

§ 4590
wie es mit
den gemih-
teten pferden
des versehens
halber zu hal-
ten ist?

Allermaßen aber ein ieder student und soldat
immer unschuldig seyn wollen, auch den behelf:
wie sie kein versehen begangen hätten, vorschüzen;
gleichwohl wer ihr reiten kennet, auch die klepper
betrachtet, der weiß oft nicht: wem man glauben
soll? der student und der Hippocrates oder pferde-
halter haben ein ieder vermutungen wider sich.
Bescheiniget der vermihter die güte seines pfer-
des; so siget er ob. Sonst wird ein durchschnidt
gemachet.

§ 4591
bei dem ver-
sehen hilft
die einrede
des schicksa-
les nicht.

Allein da ist der, welcher geritten hat, flugs
mit der ausrede des schicksales bei der hand. Wenn
aber ein versehen vorgegangen ist, so fället diser be-
helf weg. Man warnete einen, ungefär 1744, zu
Camsdorf befindlichen studenten über die Saal-
brücke gen Jena izt nicht zu reiten. Allein er fol-
gete dem rate nicht, sondern ritte zu. Als er auf
der Saalbrücke sich befande, fil ein starker bliz.
Das pferd sezte mit dem reiter von der brücke her-
unter auf den gries, das pferd verreckete, und der
student erlidte grosen schaden am rück-kreuze. Hir
muß der reiter dennoch das pferd bezalen; denn ein
versehen ging vor dem schicksale her.

§ 4592
des Lübischen
rechtes ver-
ordnung der
pferde-mihte
halber

Das Lübische recht verordnet im IIIten teile
tit. VIII art. 4 daß, wer ein pferd um gelt mihtet,
obwohl dasselbige einen schaden bekömmt, er sey,
wie er wolle, so darf er doch den schaden nicht gel-

ten,

LXIIII haubtſtuͤck vom pachten,
nicht zufriden ſeyn; ſo bleibet es auf deren gefar,
gegen vorſtand, das urthels-maͤßige zu bezaleu,
ſtehen. Jndeß ſind deßfalls keine weiterungen zu
verſtatten, ſondern die ſache iſt in 14 tagen zu en-
digen.

§ 4590
wie es mit
den gemih-
teten pferden
des verſehens
halber zu hal-
ten iſt?

Allermaßen aber ein ieder ſtudent und ſoldat
immer unſchuldig ſeyn wollen, auch den behelf:
wie ſie kein verſehen begangen haͤtten, vorſchuͤzen;
gleichwohl wer ihr reiten kennet, auch die klepper
betrachtet, der weiß oft nicht: wem man glauben
ſoll? der ſtudent und der Hippocrates oder pferde-
halter haben ein ieder vermutungen wider ſich.
Beſcheiniget der vermihter die guͤte ſeines pfer-
des; ſo ſiget er ob. Sonſt wird ein durchſchnidt
gemachet.

§ 4591
bei dem ver-
ſehen hilft
die einrede
des ſchickſa-
les nicht.

Allein da iſt der, welcher geritten hat, flugs
mit der ausrede des ſchickſales bei der hand. Wenn
aber ein verſehen vorgegangen iſt, ſo faͤllet diſer be-
helf weg. Man warnete einen, ungefaͤr 1744, zu
Camsdorf befindlichen ſtudenten uͤber die Saal-
bruͤcke gen Jena izt nicht zu reiten. Allein er fol-
gete dem rate nicht, ſondern ritte zu. Als er auf
der Saalbruͤcke ſich befande, fil ein ſtarker bliz.
Das pferd ſezte mit dem reiter von der bruͤcke her-
unter auf den gries, das pferd verreckete, und der
ſtudent erlidte groſen ſchaden am ruͤck-kreuze. Hir
muß der reiter dennoch das pferd bezalen; denn ein
verſehen ging vor dem ſchickſale her.

§ 4592
des Luͤbiſchen
rechtes ver-
ordnung der
pferde-mihte
halber

Das Luͤbiſche recht verordnet im IIIten teile
tit. VIII art. 4 daß, wer ein pferd um gelt mihtet,
obwohl daſſelbige einen ſchaden bekoͤmmt, er ſey,
wie er wolle, ſo darf er doch den ſchaden nicht gel-

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[702/0750] LXIIII haubtſtuͤck vom pachten, nicht zufriden ſeyn; ſo bleibet es auf deren gefar, gegen vorſtand, das urthels-maͤßige zu bezaleu, ſtehen. Jndeß ſind deßfalls keine weiterungen zu verſtatten, ſondern die ſache iſt in 14 tagen zu en- digen. § 4590 Allermaßen aber ein ieder ſtudent und ſoldat immer unſchuldig ſeyn wollen, auch den behelf: wie ſie kein verſehen begangen haͤtten, vorſchuͤzen; gleichwohl wer ihr reiten kennet, auch die klepper betrachtet, der weiß oft nicht: wem man glauben ſoll? der ſtudent und der Hippocrates oder pferde- halter haben ein ieder vermutungen wider ſich. Beſcheiniget der vermihter die guͤte ſeines pfer- des; ſo ſiget er ob. Sonſt wird ein durchſchnidt gemachet. § 4591 Allein da iſt der, welcher geritten hat, flugs mit der ausrede des ſchickſales bei der hand. Wenn aber ein verſehen vorgegangen iſt, ſo faͤllet diſer be- helf weg. Man warnete einen, ungefaͤr 1744, zu Camsdorf befindlichen ſtudenten uͤber die Saal- bruͤcke gen Jena izt nicht zu reiten. Allein er fol- gete dem rate nicht, ſondern ritte zu. Als er auf der Saalbruͤcke ſich befande, fil ein ſtarker bliz. Das pferd ſezte mit dem reiter von der bruͤcke her- unter auf den gries, das pferd verreckete, und der ſtudent erlidte groſen ſchaden am ruͤck-kreuze. Hir muß der reiter dennoch das pferd bezalen; denn ein verſehen ging vor dem ſchickſale her. § 4592 Das Luͤbiſche recht verordnet im IIIten teile tit. VIII art. 4 daß, wer ein pferd um gelt mihtet, obwohl daſſelbige einen ſchaden bekoͤmmt, er ſey, wie er wolle, ſo darf er doch den ſchaden nicht gel- ten,

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758, S. 702. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit02_1758/750>, abgerufen am 22.11.2024.