getan hat. Wer allso eine sache nicht fodert, bin- nen der zeit, da er sie fodern soll, und erweisen kan; vilmehr graß darüber wachsen, das ist, die sache dunkel werden lässet, und versäumet, oder schweiget: sie zu fodern, da deren umstände noch klar sind; der wird seines rechtes, und seiner fode- rung verlustig. Allso bedeutet die verjärung bei den Teutschen sovil, als die schuzwehre: daß der- jenige nach der abgelauffenen verjärung, welcher etwas von mir verlanget, kein recht habe, das ist, daß die sache ganz dunkel, auch unlauter gewor- den sei. Daher saget der gemeine mann: laß doch kein graß darüber wachsen; erinnert ihn doch; es wächset sonst graß darüber; oder es kömmt sonst in vergessenheit. Wofern auf solche weise eine sache rechtlich nicht begeret wurde; mithin ausser acht gelassen war, kam sie in vergessenheit, und in eine solche verdunkelung, daß man sein recht nicht mehr erweisen konnte. Aeusserte sich dises; so wär es aus. Die ausrede der verlegen- heit stand dem kläger im wege. Man saget: das sind verlegene händel; bleibe zu hause mit deinen aufgewärmeten sachen. Diweil auch die Teut- sche alles nach dem herkommen beurteilen; so heis- set es: er hat es so hergebracht; wobei auf die länge der zeit gesehen wird, welche ordentlicher weise, und gemeiniglich auf 30 jare gesezet ist; (§ 2876 des 1ten th.); ob es schon auch noch an- dere verjärungen von verschidenen zeiten, wochen, monaten, und jaren gibet (§ 2878 des 2ten, und § 1876 des 3ten th.), Freiherr von Senkenberg select. T. III, s. 544, und im proloq. § 15, s. 50, Joh. Sam. Strykde praeseript. rerum vltra ma- re adlatarum, Halle 1710; mithin wird das her- kommen durch die verjärung bestätiget. Wenn allso einer die sache 30 jare etc mit recht, oder als
eigen-
Q q q 4
II b., LXVI h. von den verjaͤrungen.
getan hat. Wer allſo eine ſache nicht fodert, bin- nen der zeit, da er ſie fodern ſoll, und erweiſen kan; vilmehr graß daruͤber wachſen, das iſt, die ſache dunkel werden laͤſſet, und verſaͤumet, oder ſchweiget: ſie zu fodern, da deren umſtaͤnde noch klar ſind; der wird ſeines rechtes, und ſeiner fode- rung verluſtig. Allſo bedeutet die verjaͤrung bei den Teutſchen ſovil, als die ſchuzwehre: daß der- jenige nach der abgelauffenen verjaͤrung, welcher etwas von mir verlanget, kein recht habe, das iſt, daß die ſache ganz dunkel, auch unlauter gewor- den ſei. Daher ſaget der gemeine mann: laß doch kein graß daruͤber wachſen; erinnert ihn doch; es waͤchſet ſonſt graß daruͤber; oder es koͤmmt ſonſt in vergeſſenheit. Wofern auf ſolche weiſe eine ſache rechtlich nicht begeret wurde; mithin auſſer acht gelaſſen war, kam ſie in vergeſſenheit, und in eine ſolche verdunkelung, daß man ſein recht nicht mehr erweiſen konnte. Aeuſſerte ſich diſes; ſo waͤr es aus. Die ausrede der verlegen- heit ſtand dem klaͤger im wege. Man ſaget: das ſind verlegene haͤndel; bleibe zu hauſe mit deinen aufgewaͤrmeten ſachen. Diweil auch die Teut- ſche alles nach dem herkommen beurteilen; ſo heiſ- ſet es: er hat es ſo hergebracht; wobei auf die laͤnge der zeit geſehen wird, welche ordentlicher weiſe, und gemeiniglich auf 30 jare geſezet iſt; (§ 2876 des 1ten th.); ob es ſchon auch noch an- dere verjaͤrungen von verſchidenen zeiten, wochen, monaten, und jaren gibet (§ 2878 des 2ten, und § 1876 des 3ten th.), Freiherr von Senkenberg ſelect. T. III, ſ. 544, und im proloq. § 15, ſ. 50, Joh. Sam. Strykde praeſeript. rerum vltra ma- re adlatarum, Halle 1710; mithin wird das her- kommen durch die verjaͤrung beſtaͤtiget. Wenn allſo einer die ſache 30 jare ꝛc mit recht, oder als
eigen-
Q q q 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f1007"n="983"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II</hi> b., <hirendition="#aq">LXVI</hi> h. von den verjaͤrungen.</hi></fw><lb/>
getan hat. Wer allſo eine ſache nicht fodert, bin-<lb/>
nen der zeit, da er ſie fodern ſoll, und erweiſen<lb/>
kan; vilmehr graß daruͤber wachſen, das iſt, die<lb/>ſache dunkel werden laͤſſet, und verſaͤumet, oder<lb/>ſchweiget: ſie zu fodern, da deren umſtaͤnde noch<lb/>
klar ſind; der wird ſeines rechtes, und ſeiner fode-<lb/>
rung verluſtig. Allſo bedeutet die verjaͤrung bei<lb/>
den Teutſchen ſovil, als die ſchuzwehre: daß der-<lb/>
jenige nach der abgelauffenen verjaͤrung, welcher<lb/>
etwas von mir verlanget, kein recht habe, das iſt,<lb/>
daß die ſache ganz dunkel, auch unlauter gewor-<lb/>
den ſei. Daher ſaget der gemeine mann: laß<lb/>
doch kein graß daruͤber wachſen; erinnert ihn doch;<lb/>
es waͤchſet ſonſt graß daruͤber; oder es koͤmmt<lb/>ſonſt in vergeſſenheit. Wofern auf ſolche weiſe<lb/>
eine ſache rechtlich nicht begeret wurde; mithin<lb/>
auſſer acht gelaſſen war, kam ſie in vergeſſenheit,<lb/>
und in eine ſolche verdunkelung, daß man ſein<lb/>
recht nicht mehr erweiſen konnte. Aeuſſerte ſich<lb/>
diſes; ſo waͤr es aus. Die ausrede der verlegen-<lb/>
heit ſtand dem klaͤger im wege. Man ſaget: das<lb/>ſind verlegene haͤndel; bleibe zu hauſe mit deinen<lb/>
aufgewaͤrmeten ſachen. Diweil auch die Teut-<lb/>ſche alles nach dem herkommen beurteilen; ſo heiſ-<lb/>ſet es: er hat es ſo hergebracht; wobei auf die<lb/>
laͤnge der zeit geſehen wird, welche ordentlicher<lb/>
weiſe, und gemeiniglich auf 30 jare geſezet iſt;<lb/>
(§ 2876 des 1ten th.); ob es ſchon auch noch an-<lb/>
dere verjaͤrungen von verſchidenen zeiten, wochen,<lb/>
monaten, und jaren gibet (§ 2878 des 2ten, und<lb/>
§ 1876 des 3ten th.), Freiherr <hirendition="#fr">von Senkenberg</hi><lb/><hirendition="#aq">ſelect. T. III,</hi>ſ. 544, und im <hirendition="#aq">proloq.</hi> § 15, ſ. 50,<lb/><hirendition="#fr">Joh. Sam. Stryk</hi><hirendition="#aq">de praeſeript. rerum vltra ma-<lb/>
re adlatarum,</hi> Halle 1710; mithin wird das her-<lb/>
kommen durch die verjaͤrung beſtaͤtiget. Wenn<lb/>
allſo einer die ſache 30 jare ꝛc mit recht, oder als<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Q q q 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">eigen-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[983/1007]
II b., LXVI h. von den verjaͤrungen.
getan hat. Wer allſo eine ſache nicht fodert, bin-
nen der zeit, da er ſie fodern ſoll, und erweiſen
kan; vilmehr graß daruͤber wachſen, das iſt, die
ſache dunkel werden laͤſſet, und verſaͤumet, oder
ſchweiget: ſie zu fodern, da deren umſtaͤnde noch
klar ſind; der wird ſeines rechtes, und ſeiner fode-
rung verluſtig. Allſo bedeutet die verjaͤrung bei
den Teutſchen ſovil, als die ſchuzwehre: daß der-
jenige nach der abgelauffenen verjaͤrung, welcher
etwas von mir verlanget, kein recht habe, das iſt,
daß die ſache ganz dunkel, auch unlauter gewor-
den ſei. Daher ſaget der gemeine mann: laß
doch kein graß daruͤber wachſen; erinnert ihn doch;
es waͤchſet ſonſt graß daruͤber; oder es koͤmmt
ſonſt in vergeſſenheit. Wofern auf ſolche weiſe
eine ſache rechtlich nicht begeret wurde; mithin
auſſer acht gelaſſen war, kam ſie in vergeſſenheit,
und in eine ſolche verdunkelung, daß man ſein
recht nicht mehr erweiſen konnte. Aeuſſerte ſich
diſes; ſo waͤr es aus. Die ausrede der verlegen-
heit ſtand dem klaͤger im wege. Man ſaget: das
ſind verlegene haͤndel; bleibe zu hauſe mit deinen
aufgewaͤrmeten ſachen. Diweil auch die Teut-
ſche alles nach dem herkommen beurteilen; ſo heiſ-
ſet es: er hat es ſo hergebracht; wobei auf die
laͤnge der zeit geſehen wird, welche ordentlicher
weiſe, und gemeiniglich auf 30 jare geſezet iſt;
(§ 2876 des 1ten th.); ob es ſchon auch noch an-
dere verjaͤrungen von verſchidenen zeiten, wochen,
monaten, und jaren gibet (§ 2878 des 2ten, und
§ 1876 des 3ten th.), Freiherr von Senkenberg
ſelect. T. III, ſ. 544, und im proloq. § 15, ſ. 50,
Joh. Sam. Stryk de praeſeript. rerum vltra ma-
re adlatarum, Halle 1710; mithin wird das her-
kommen durch die verjaͤrung beſtaͤtiget. Wenn
allſo einer die ſache 30 jare ꝛc mit recht, oder als
eigen-
Q q q 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 983. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1007>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.