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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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VIII h. von den unmündigen,
ket werden soll (§ 435). Weshalber auch heute
zu tage nicht in allen landen einerlei jare beobachtet
werden; wofern das römische recht deswegen nicht
angenommen ist. Bei den herren Landgrafen zu
Hessen war erstlich das 12te, darauf das 14te,
hernach das 16te jar, und endlich das 18te jar,
besage einer urkunde bei dem Kuchenbecker von
den erb-hofämtern, sihe auch meine orig. iur.
publ. Hass. lib. III. c.
29 s. 178 fg. Andere Teut-
sche macheten einen unterschid zwischen der lehns-
eides- und gerichts-mündigkeit, Joh. Peter von
Ludewig
de aetate legitima puberum et maio-
rum etc,
Halle 1744, 4t, Carl Frid. Walch de
iurantis legitima aetate,
Jena 1755, 4t, § 9, s. 32
fg. Zur lehnsmündigkeit wurde bald das 12te,
bald das 14te, teils das 16te jar erfodert. Jn-
halts der Hessischen gerichts-ordnung vom jare
1497, cap. XX, sollte kein zeuge unter dem 14ten
jare zur kundschaft für tüchtig gehalten werden.
Ausser dem machet der eid nicht mündig, Walch
am a. o. s. 35. Bei verschidenen Teutschen gab
das 18te jar, wenn es zurück geleget war, die mün-
digkeit, und großjärigkeit, wie auch die grafen zu
Hanau etc etc beobachtet haben. Die güldene
bulle, cap. 7 sezet ebenfalls das 18te jar zur voll-
järigkeit der Kurfürsten. Andere halten das 16te,
und andere noch spätere jare; z. e. Pfalz hatte
das 20ste jar; die herzoge von Oesterreich das
16te jar; Meissen und Thüringen auch das
16te jar. Die Sachsen hilten einen für großjä-
rig, wenn er 20 jar alt war. Disen fügeten sie
noch das schrei-jar (annum clamoris) hinzu, das
ist, daß er binnen disem 21sten jare noch umstos-
sen könnte, was seit seinen 20sten jaren verhan-
delt worden war. Der Schwabenspigel enthält
ebenfalls das 21ste jar, cap. 1, § 2. Jm hause

Nassau

VIII h. von den unmuͤndigen,
ket werden ſoll (§ 435). Weshalber auch heute
zu tage nicht in allen landen einerlei jare beobachtet
werden; wofern das roͤmiſche recht deswegen nicht
angenommen iſt. Bei den herren Landgrafen zu
Heſſen war erſtlich das 12te, darauf das 14te,
hernach das 16te jar, und endlich das 18te jar,
beſage einer urkunde bei dem Kuchenbecker von
den erb-hofaͤmtern, ſihe auch meine orig. iur.
publ. Haſſ. lib. III. c.
29 ſ. 178 fg. Andere Teut-
ſche macheten einen unterſchid zwiſchen der lehns-
eides- und gerichts-muͤndigkeit, Joh. Peter von
Ludewig
de aetate legitima puberum et maio-
rum etc,
Halle 1744, 4t, Carl Frid. Walch de
iurantis legitima aetate,
Jena 1755, 4t, § 9, ſ. 32
fg. Zur lehnsmuͤndigkeit wurde bald das 12te,
bald das 14te, teils das 16te jar erfodert. Jn-
halts der Heſſiſchen gerichts-ordnung vom jare
1497, cap. XX, ſollte kein zeuge unter dem 14ten
jare zur kundſchaft fuͤr tuͤchtig gehalten werden.
Auſſer dem machet der eid nicht muͤndig, Walch
am a. o. ſ. 35. Bei verſchidenen Teutſchen gab
das 18te jar, wenn es zuruͤck geleget war, die muͤn-
digkeit, und großjaͤrigkeit, wie auch die grafen zu
Hanau ꝛc ꝛc beobachtet haben. Die guͤldene
bulle, cap. 7 ſezet ebenfalls das 18te jar zur voll-
jaͤrigkeit der Kurfuͤrſten. Andere halten das 16te,
und andere noch ſpaͤtere jare; z. e. Pfalz hatte
das 20ſte jar; die herzoge von Oeſterreich das
16te jar; Meiſſen und Thuͤringen auch das
16te jar. Die Sachſen hilten einen fuͤr großjaͤ-
rig, wenn er 20 jar alt war. Diſen fuͤgeten ſie
noch das ſchrei-jar (annum clamoris) hinzu, das
iſt, daß er binnen diſem 21ſten jare noch umſtoſ-
ſen koͤnnte, was ſeit ſeinen 20ſten jaren verhan-
delt worden war. Der Schwabenſpigel enthaͤlt
ebenfalls das 21ſte jar, cap. 1, § 2. Jm hauſe

Naſſau
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[88/0112] VIII h. von den unmuͤndigen, ket werden ſoll (§ 435). Weshalber auch heute zu tage nicht in allen landen einerlei jare beobachtet werden; wofern das roͤmiſche recht deswegen nicht angenommen iſt. Bei den herren Landgrafen zu Heſſen war erſtlich das 12te, darauf das 14te, hernach das 16te jar, und endlich das 18te jar, beſage einer urkunde bei dem Kuchenbecker von den erb-hofaͤmtern, ſihe auch meine orig. iur. publ. Haſſ. lib. III. c. 29 ſ. 178 fg. Andere Teut- ſche macheten einen unterſchid zwiſchen der lehns- eides- und gerichts-muͤndigkeit, Joh. Peter von Ludewig de aetate legitima puberum et maio- rum etc, Halle 1744, 4t, Carl Frid. Walch de iurantis legitima aetate, Jena 1755, 4t, § 9, ſ. 32 fg. Zur lehnsmuͤndigkeit wurde bald das 12te, bald das 14te, teils das 16te jar erfodert. Jn- halts der Heſſiſchen gerichts-ordnung vom jare 1497, cap. XX, ſollte kein zeuge unter dem 14ten jare zur kundſchaft fuͤr tuͤchtig gehalten werden. Auſſer dem machet der eid nicht muͤndig, Walch am a. o. ſ. 35. Bei verſchidenen Teutſchen gab das 18te jar, wenn es zuruͤck geleget war, die muͤn- digkeit, und großjaͤrigkeit, wie auch die grafen zu Hanau ꝛc ꝛc beobachtet haben. Die guͤldene bulle, cap. 7 ſezet ebenfalls das 18te jar zur voll- jaͤrigkeit der Kurfuͤrſten. Andere halten das 16te, und andere noch ſpaͤtere jare; z. e. Pfalz hatte das 20ſte jar; die herzoge von Oeſterreich das 16te jar; Meiſſen und Thuͤringen auch das 16te jar. Die Sachſen hilten einen fuͤr großjaͤ- rig, wenn er 20 jar alt war. Diſen fuͤgeten ſie noch das ſchrei-jar (annum clamoris) hinzu, das iſt, daß er binnen diſem 21ſten jare noch umſtoſ- ſen koͤnnte, was ſeit ſeinen 20ſten jaren verhan- delt worden war. Der Schwabenſpigel enthaͤlt ebenfalls das 21ſte jar, cap. 1, § 2. Jm hauſe Naſſau

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/112>, abgerufen am 21.11.2024.